aa) Unternehmenseigenschaft des joint venture

 

Tz. 8

Ein Gemeinschaftsunternehmen – im Schrifttum auch als joint venture bezeichnet – ist nicht auf bestimmte Rechtsformen beschränkt. Gleichwohl muss der Unternehmenstatbestand erfüllt sein, da anderenfalls die handelsrechtliche Rechnungslegungspflicht zumindest fraglich wäre.[7]

Strittig ist dies insbesondere bei hinsichtlich ihrer Zusammenarbeit von Beginn an zeitlich befristeten, regelmäßig in der Rechtsform der GbR firmierenden Arbeitsgemeinschaften. Hierbei ist für eine entsprechende Qualifizierung im Zweifelsfall auf die Bestimmungen des HFA 1/1993 zu rekurrieren.[8] Dem folgend liegt bei der Einheit, über welche das joint venture betrieben wird, bei Erfüllung der nachfolgenden Tatbestände ein (Gemeinschafts-)Unternehmen vor:[9]

  • Das Vermögen ist partiell oder vollständig gesamthänderisch gebunden.
  • Von der Einheit werden erwerbswirtschaftliche Interessen verfolgt.
  • Es liegt eine nach außen in Erscheinung tretende Organisation vor.
  • Es werden Rechtsbeziehungen zu beteiligten Unternehmen oder zu Dritten unterhalten.
[7] Winkeljohann/Lewe, in: BeckBilKo, § 310 HGB Rn. 10.
[9] Hierzu sowie mit weiterführenden Erläuterungen zu den einzelnen Kriterien Hoffmann/Lüdenbach, HGB, § 310 HGB Rn. 8–12.

bb) Unternehmenseigenschaft des Partnerunternehmens

 

Tz. 9

Als Charakteristika eines Gemeinschaftsunternehmens bestimmt § 310 Abs. 1 HGB, dass dieses zum einen durch mehrere Unternehmen gemeinsam geführt wird und zum anderen mindestens ein Gesellschafterunternehmen nicht zum Konsolidierungskreis gehört.[10]

Obgleich § 310 Abs. 1 HGB dem Wortlaut nach bei den anderen Gesellschaftern die Unternehmereigenschaft voraussetzt, ist dies nicht als begriffsbestimmendes Merkmal zu verstehen, sondern muss im Sinne einer sprachlichen Abgrenzung zum Konzernunternehmen begriffen werden. Insofern kann es sich bei den durch § 310 Abs. 1 HGB genannten nicht zum Konsolidierungskreis gehörenden Gesellschaftern insbesondere auch um Privatpersonen, die öffentliche Hand oder um Stiftungen handeln.[11]

[10] Hierzu auch Winkeljohann/Lewe, in: BeckBilKo, § 310 HGB Rn. 11.
[11] Winkeljohann/Lewe, in: BeckBilKo, § 310 HGB Rn. 23; Müller/Kreipl, in: Bertram u. a., HGB, § 310 HGB Rn. 9.

cc) Gemeinsame Führung

 

Tz. 10

Die tatsächlich ausgeführte gemeinsame Führung drückt sich insbesondere durch nachfolgende Merkmale aus:[12]

  • Gemeinsame Bestimmung der Geschäftspolitik durch die Gesellschafterunternehmen in wesentlichen Fragen.
  • Keinem Gesellschafter stehen besondere Leitungsbefugnisse zu.
  • Die Gesellschafter sind untereinander unabhängig.
  • Die Zusammenarbeit ist i. d. R. auf Dauer ausgerichtet.

Wenngleich in wesentlichen Fragen die gemeinsame Bestimmung der Geschäftspolitik durch die Gesellschafterunternehmen erforderlich ist, ist auch eine Aufteilung der Führungsrollen – bspw. in technische und kaufmännische Führung – denkbar. In solchen Fällen ist jedoch zu gewährleisten, dass bei divergierenden Auffassungen einvernehmliche Entscheidungen zu treffen sind. So wird auch durch DRS 9.3 gemeinschaftliche Führung in der Weise konkretisiert, dass Gesellschafterunternehmen strategische Geschäftsentscheidungen sowie Entscheidungen über Investitions- und Finanzierungstätigkeiten einstimmig treffen müssen.[13]

 

Tz. 11

Zur Anzahl der Gesellschafter des Gemeinschaftsunternehmens enthält § 310 HGB keine expliziten Begrenzungen. Da bei einer zu großen Zahl von Beteiligungsunternehmen jedoch eine gemeinsame Führung nicht mehr möglich ist, besteht zumindest eine mittelbare praktische Obergrenze.[14]

Auch mit Blick auf das vom Gesetzgeber verfolgte Stufenkonzept ist eine Abgrenzung der zahlenmäßigen Obergrenze der Gesellschafterunternehmen möglich. So ist es generell als unwahrscheinlich zu erachten, dass die für eine quotale Konsolidierung notwendige Anteilsquote unterhalb der für die Anwendung der equity-Methode regelmäßig erforderlichen Quote von 20 % liegen soll. Nach im Schrifttum vertretener Auffassung bewegt sich bei den im Zuge der quotalen Konsolidierung üblicherweise vorliegenden gleichmäßigen Kapitalanteilen das Beteiligungsverhältnis im Regelfall zwischen 20 % und 50 %.[15]

[14] Senger, in: MüKo-BilR, § 310 HGB Rn. 24.
[15] Senger, in: MüKo-BilR, § 310 HGB Rn. 25 m. w. N.; Kirsch, in: Petersen u. a., BilanzR § 310 HGB Rn. 11.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Merkt, Rechnungslegung nach HGB und IFRS (Schäffer-Poeschel). Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge