Tz. 442

Im Zuge eines Unternehmenszusammenschlusses kann die Beherrschungsmöglichkeit durch eine oder mehrere Transaktionen erlangt werden. Liegt ein sukzessiver Anteilserwerb vor, beeinflussen die beizulegenden Zeitwerte, die im Rahmen der jeweils neuesten Teilakquisition ermittelt wurden, auch den Wertansatz der bei zurückliegenden Teilakquisitionen erworbenen Anteile.[598]

Der Konzeption des IFRS 3 i. V. m. IFRS 10 folgend ist die Erlangung der Beherrschungsmöglichkeit als ausschlaggebend für die Abbildung als Tochterunternehmen im Konzernabschluss bei einem in mehreren Tranchen vollzogenen Unternehmenserwerb anzusehen. Dieser sog. Statuswechsel ist entscheidend für die Abkehr von der bis dato gebotenen Bilanzierung einer bloßen Beteiligung und dem Erfordernis zur Darstellung als Tochterunternehmen ab dem Zeitpunkt der Kontrollerlangung. Determinierend ist somit im Falle zusätzlicher Teilakquisitionen, ob es durch die Anteilsaufstockung zu einem Statuswechsel kommt. Gegenstand der Erwerbsbilanzierung im Zuge eines sukzessiven Teilerwerbs gemäß IFRS 3 ist dabei ausschließlich der Anteilserwerb, der eine Beherrschungsmöglichkeit zur Folge hat. Dies bedeutet, dass eine Aufstockung einer Beteiligung, mit der bereits eine Beherrschungsmöglichkeit einherging, eine Transaktion zwischen Mehrheits- und Minderheitseigner darstellt und demnach erfolgsneutral als reine Eigenkapitaltransaktion abzubilden ist.[599]

Anteilsaufstockung mit Status­wechsel bei Teilakquisitionen[600]

 

BEISPIEL

Beispiel für einen sukzessiven Unternehmenszusammenschluss[601]

Die XY-AG nimmt einen Erwerb von 90 % der Anteile an der ABC-AG in zwei voneinander getrennten Teilakquisitionen vor. Im Jahr 2000 erwirbt die XY-AG 15 % der Anteile an der ABC-AG. Die XY-AG bilanziert die erworbenen Anteile als Eigenkapitalinstrumente nach den Regelungen des IAS 39 bzw. IFRS 9 zum beizulegenden Zeitwert. Im Jahr 2012 erwirbt die XY-AG zusätzlich noch 75 % der Anteile an der ABC-AG und erlangt auf diese Weise die Beherrschungsmöglichkeit. Für die Bilanzierung der nun als Tochterunternehmen anzusehenden ABC-AG ist auf die Bestimmungen des IFRS 3 zum sukzessiven Anteilserwerb abzustellen.

 

Tz. 443

Bei einem sukzessiven Anteilserwerb sind die bereits vor der abschließenden Teilakquisition im Besitz des erwerbenden Unternehmens befindlichen Anteile am Tochterunternehmen zum Erwerbszeitpunkt einer Neubewertung zum beizulegenden Zeitwert zu unterziehen. Dabei auftretende Bewertungsdifferenzen sind GuV-wirksam zu vereinnahmen. Diese Anteile sind zudem als Teil der übertragenen Gegenleistung zu betrachten (IFRS 3.37). Dabei sind die zuvor im Eigenkapital erfassten Beträge so zu behandeln, als ob diese zum Erwerbszeitpunkt veräußert worden wären. Dies trifft insbesondere bei den bisher der Kategorie "available for sale" zugeordneten und daher erfolgsneutral zum beizulegenden Zeitwert bewerteten Altanteile zu.[602]

[598] Senger/Brune, in: Beck IFRS-Hdb., § 34 Rn. 253.
[599] Senger/Brune, in: Beck IFRS-Hdb., § 34 Rn. 254.
[600] In Anlehnung an Senger/Brune, in: Beck IFRS-Hdb., § 34 Rn. 254.
[601] In Anlehnung an Berndt/Gutsche, in: MüKo-BilR, IFRS 3 Rn. 132.
[602] Berndt/Gutsche, in: MüKo-BilR, IFRS 3 Rn. 134; Senger/Brune, in: Beck IFRS-Hdb., § 34 Rn. 255 f. Für eine weiterführende Darstellung des sukzessiven Anteilserwerbs sowie darüber hinausgehend zur Entkonsolidierung, Abwärtskonsolidierung und Abstockung Lüdenbach/Hoffmann/Freiberg, IFRS, § 31 Rn. 152–176.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Merkt, Rechnungslegung nach HGB und IFRS (Schäffer-Poeschel). Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge