aa) Grundlagen und schematischer Ablauf

 

Tz. 398

Nach IFRS 3.4 hat die Bilanzierung sämtlicher Unternehmenszusammenschlüsse nach der sog. Erwerbsmethode zu erfolgen.

Wenngleich nicht als erster Schritt der Erwerbsmethode zu betrachten, stellt die sog. Kaufpreisallokation das Kernproblem bei einem Unternehmenserwerb dar. Unter der Kaufpreisallokation ist im Allgemeinen der Prozess, der zum Ansatz und zur Bewertung von identifizierbaren Vermögenswerten und Schulden des erworbenen Unternehmens führt, zu verstehen. Die sich anschließende Berechnung des positiven bzw. negativen Unterschiedsbetrags unter Beachtung der nicht beherrschenden Anteile ist ebenfalls der Kaufpreisallokation zuzuordnen.[543]

Bei einem asset deal liegt es ohne weiteres nahe, dass die beim Veräußerer bestehenden Buchwerte nicht fortzuführen sind. Stattdessen entscheiden die durch den Erwerber zu entrichtenden und nach Aufdeckung stiller Reserven und Lasten auf die Vermögenswerte und Schulden zu verteilenden Anschaffungskosten über den Bilanzansatz sowie die Entstehung eines positiven bzw. negativen Unterschiedsbetrags. Beim share deal ist im Konzernabschluss korrespondierend vorzugehen. Dem durchgeführten Anteilskauf liegt die Fiktion des Erwerbs der dahinter stehenden Vermögenswerte und Schulden sowie eines sich eventuell ergebenden goodwill zugrunde (Einzelerwerbsfiktion).[544]

 

Tz. 399

Mit Blick auf die Erwerbsmethode sind der vorzunehmenden Kaufpreisallokation einige Fragestellungen vorgelagert. So ist neben der Frage, ob die erworbenen Anteile bzw. Vermögenswerte überhaupt einen Geschäftsbetrieb im Sinne des IFRS 3 darstellen, vor allem eine Festlegung erforderlich, welcher der an einer Transaktion beteiligten Parteien als Erwerber zu betrachten ist und welches Datum als Erwerbszeitpunkt gilt.[545]

IFRS 3.5 enthält eine Auflistung der im Rahmen der Erwerbsmethode erforderlichen Schritte:

Der schematische Ablauf bei der ­Erwerbsmethode

[543] Senger/Brune, in: Beck IFRS-Hdb., § 34 Rn. 39.
[544] Lüdenbach/Hoffmann/Freiberg, IFRS, § 31 Rn. 12 f.; Senger/Brune, in: Beck IFRS-Hdb., § 34 Rn. 41.
[545] Lüdenbach/Hoffmann/Freiberg, IFRS, § 31 Rn. 14.

bb) Identifizierung des Erwerbers

 

Tz. 400

Die vollumfängliche Erfüllung der Definition von Unternehmenszusammenschlüssen erfordert über das bloße Vorliegen eines Geschäftsbetriebs hinaus auch den Übergang der Beherrschung des Geschäftsbetriebs auf den Erwerber.

 

Tz. 401

In sämtlichen Fällen eines Unternehmenszusammenschlusses sind mit Blick auf die Anwendung der Erwerbsmethode ein Erwerber und ein erworbenes Unternehmen zu identifizieren. Als Erwerber ist dabei generell die Partei anzusehen, die die Beherrschung über den Geschäftsbetrieb erlangt und daher Nutzen aus dem erworbenen Unternehmen ziehen kann. Für den Begriff der Beherrschung verweist IFRS 3.7 auf die Bestimmungen des IFRS 10.[546] Insofern ist nachfolgendes beachtlich:[547]

  • Durch eine Stimmrechtsmehrheit begründet sich i. d. R. die Vermutung der Beherrschung.
  • Auch bei fehlender Stimmrechtsmehrheit kann ein Beherrschungsverhältnis bestehen. Gründe hierfür können vertragliche Abreden mit den anderen Anteilseignern (Stimmrechtsbindungsverträge) oder bestehende Beherrschungsverträge sein. Darüber hinaus kann auch die Möglichkeit zur Bestimmung der Mitglieder des Geschäftsführungs- und/oder Aufsichtsorgans zu einem Beherrschungsverhältnis führen.
 

Tz. 402

In Einzelfällen kann die Bestimmung des Erwerbers mit Schwierigkeiten verbunden sein. In IFRS 3.B14 ff. gibt der Standardsetzer dem Bilanzierenden für diese Fälle Indikatoren an die Hand. Dabei ist zu differenzieren zwischen Unternehmenszusammenschlüssen, bei denen die Gegenleistung überwiegend in Zahlungsmitteln bzw. sonstigen Vermögenswerten oder der Übernahme von Schulden liegt, und solchen, bei denen es zur Hingabe von Eigenkapitalanteilen kommt. In ersterem Fall ist i. d. R. das die Gegenleistung erbringende Unternehmen als Erwerber zu betrachten (IFRS 3.B14). Wird ein Unternehmenszusammenschluss im Wesentlichen durch den Austausch von Eigenkapitalanteilen getätigt, ist das die Eigenkapitalanteile ausgebende Unternehmen üblicherweise – eine Ausnahme stellt der umgekehrte Unternehmenserwerb dar – als Erwerber anzusehen (IFRS 3.B15). Zusätzlich sind bei dieser Form der Gegenleistung nachfolgende Anhaltspunkte zu berücksichtigen:[548]

  • Jenes Unternehmen, das den verhältnismäßig höchsten Stimmrechtsanteil an dem aus einem Unternehmenszusammenschluss hervorgegangenen Gebilde aufweist, ist üblicherweise als Erwerber zu qualifizieren. Bei der Ermittlung der Stimmrechte sind ausdrücklich auch ungewöhnliche bzw. besondere Stimmrechtsvereinbarungen sowie Optionen, Optionsscheine oder wandelbare Wertpapiere berücksichtigungspflichtig (IFRS 3.B15(a)).
  • Sofern kein Anteilseigner bzw. keine Gruppe von Anteilseignern einen wesentlichen Stimmrechtsanteil aufweist, ist der Anteilseigner bzw. die Anteilseignergruppe mit der größten Minderheitenbeteiligung am zusammengeschlossenen Unternehmen als Erwerber zu betrachten (IFRS 3.B15(b)).
  • Sofern die Eigentümer eines der sich zusammenschließenden ...

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