Dr. Falk Mylich, Prof. Dr. Heribert Anzinger
a) Überblick
Tz. 256
§ 271 HGB definiert die Begriffe "Beteiligung" und "verbundene Unternehmen" für Zwecke des Bilanzrechts, weil vielfach Vorschriften des dritten HGB-Buches diese Begriffe gebrauchen. Derartige Rechtsbeziehungen zwischen zwei Unternehmen können erhebliche Risiken hervorrufen. Deren Kenntnis ist zur richtigen Einordnung der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens bedeutend. Der Bilanzleser soll diese wirtschaftlichen Verflechtungen erkennen können. § 271 Abs. 1 HGB setzt Art. 17 Satz 2 der 4. EG-Richtlinie um. In diesem Zuge wurde die einst normierte Zweifelsregelung jetzt in § 271 Abs. 1 Satz 3 HGB von 25 % auf 20 % heruntergesetzt. § 271 Abs. 2 HGB definiert "verbundene Unternehmen" für das Bilanzrecht und setzt sich dadurch vom Begriff der verbundenen Unternehmen des Konzernrechts (§ 15 AktG) ab. Wegen der geringeren Einflussmöglichkeit ist eine Beteiligung nur in gerader Linie denkbar, während verbundene Unternehmen auch horizontale Querverbindungen erfassen. Es gibt also drei Möglichkeiten: Ausschließlich Beteiligung, ausschließlich verbundene Unternehmen oder die Konstellation entspricht sowohl der Beteiligung als auch dem verbundenen Unternehmen. Dann sind die Regeln zu den verbundenen Unternehmen vorrangig.
b) Entstehungsgeschichte
Tz. 257
Die Vorschrift übernimmt den Beteiligungsbegriff aus § 131 Abs. 1 A. II. Nr. 6 Satz 2 AktG 1937 bzw. § 152 Abs. 2 AktG 1965. In Anpassung an Art. 17 Satz 2 der 4. EG-Richtlinie wurde allerdings die Beteiligungsvermutung von 25 % auf 20 % herabgesetzt. Durch die Neufassung von § 271 Abs. 1 Satz 3 HGB im Zuge des BilRUG zur Umsetzung von Art. 2 Abs. 2 der RL 2013/34 EG wird nunmehr die Vermutung einer Beteiligung gesetzlich fixiert, wenn 20 % des (Nenn-)Kapitals gehalten werden.
c) Geltungsbereich
Tz. 258
Die Vorschrift hat einen weiten Anwendungsbereich und erfasst neben den in §§ 264, 264a HGB genannten Kapitalgesellschaften und kapitalistischen Personengesellschaften gem. § 336 Abs. 2 Satz 1 HGB auch Genossenschaften, gem. § 340a Abs. 1 HGB Kreditinstitute und gem. § 341a HGB Versicherungsunternehmen. Sie ist auch gem. §§ 3, 5 Abs. 1 PublG anwendbar.
d) Rechtspolitische Diskussion und Entwicklungsperspektiven
Tz. 259
Insbesondere die in § 271 Abs. 2 HGB geregelten verbundenen Unternehmen im Bilanzrecht sind seit langer Zeit Brennpunkt intensiver rechtspolitischer Diskussion und Kritik. Der nach wie vor existierende Unterschied zum aktienrechtlichen Begriff des verbundenen Unternehmens lässt Lücken, deren Rechtfertigung – zumindest rechtspolitisch – schwierig ist.