I. Geschäfts- oder Firmenwert

 

Rn. 250

Stand: EL 37 – ET: 09/2022

Im handelsrechtlichen JA kann es im Zusammenhang mit Asset Deals oder vergleichbaren Sachverhalten (z. B. Umwandlungen) zur Entstehung eines derivativen GoF kommen. Während bei Assets Deals der handelsrechtliche vielfach dem steuerlichen GoF entspricht und kein Raum für eine Steuerabgrenzung verbleibt, führen Umwandlungen durchaus zu einem Auseinanderfallen des Wertansatzes in HB und StB. In einem solchen Fall stellt sich die grds. Frage, ob latente Steuern auf die temporären Differenzen von GoF zu bilden sind.

 

Rn. 251

Stand: EL 37 – ET: 09/2022

Nach hier vertretener Ansicht ist der Ansatz von latenten Steuern auf temporäre Differenzen eines GoF auch im Zeitpunkt des Erstansatzes geboten. Der Vollständigkeitsgrundsatz erfordert den Ansatz latenter Steuern auf sämtliche Sachverhalte, die temporäre Differenzen begründen. Kontrastierend zu IAS 12 finden sich in § 274 keine Ausnahmetatbestände, die einen Verzicht rechtfertigen könnten (vgl. BT-Drs. 16/12407, S. 87). Im Gegensatz zum KA, für den das HGB gemäß § 306 Satz 3 i. V. m. § 301 Abs. 3 Satz 1 (1. Alternative) ein explizites Verbot der Berücksichtigung von latenten Steuern auf den erstmaligen Ansatz eines GoF aus Konsolidierungsmaßnahmen vorsieht, fehlt eine solche Regelung für den JA. Bekräftigt wird diese Auffassung durch die Fiktion des § 246 Abs. 1 Satz 4, wonach ein GoF zum zeitlich begrenzt nutzbaren VG erhoben wird und somit der Anwendungsbereich des § 274 Abs. 1 Satz 1ff. eröffnet ist. Nicht überzeugend dagegen ist die Ansicht, dass es sich beim GoF um eine Residualgröße handele, die nicht mehr (z. B. durch den Ansatz von latenten Steuern) anzupassen sei. § 246 Abs. 1 Satz 4 gelte im Zugangszeitpunkt als lex specialis vorrangig vor den allg. Bewertungsregelungen der §§ 252ff. (vgl. Kühne/Melcher/Wesemann, WPg 2009, S. 1057 (1061)).

 

Rn. 252

Stand: EL 37 – ET: 09/2022

Der Charakter des GoF als Residualgröße erfordert bei der Ermittlung von latenten Steuern die Anwendung eines Iterationsverfahrens bzw. einer In-Sich-Rechnung, da die Einbeziehung von latenten Steuern den GoF und somit die temporäre Differenz verändert. Dieses Zirkularitätsproblem lässt sich lösen, indem die vorläufige Differenz zwischen handels- und steuerrechtlichem GoF nicht – wie sonst üblich – mit dem Steuersatz multipliziert, sondern mit folgender Formel ermittelt wird:

Latente Steuer = Steuersatz / (1 – Steuersatz) × Bewertungsdifferenz GoF

 

Rn. 253

Stand: EL 37 – ET: 09/2022

Der beschriebenen Ermittlungslogik liegt implizit die erfolgsneutrale Erfassung der latenten Steuern zugrunde. Dies bedeutet, dass angesetzte latente Steuern den ursprünglich ermittelten GoF in der HB erhöhen respektive reduzieren und somit erfolgsneutral gegen diesen gebucht werden.

 

Rn. 254–299

Stand: EL 37 – ET: 09/2022

vorläufig frei

II. Organschaft

1. Grundlagen der ertragsteuerlichen Organschaft

 

Rn. 300

Stand: EL 37 – ET: 09/2022

Charakteristisches Merkmal einer ertragsteuerlichen Organschaft ist die Zurechnung des steuerlichen Einkommens der Organgesellschaft zum Einkommen des Organträgers, der als Steuerschuldner die Ertragsteuerzahlungen zu leisten hat. Die Organgesellschaft bleibt dennoch Steuersubjekt der Ertragsbesteuerung (vgl. Beck-HdR, B 235 (2016), Rn. 174). Die Begründung und Anerkennung einer ertragsteuerlichen Organschaft setzt die Erfüllung diverser Tatbestandsmerkmale voraus (vgl. §§ 14, 17 KStG), u. a. die mehrheitliche Beteiligung des Organträgers an der Organgesellschaft, den Abschluss eines zivilrechtlich wirksamen GAV i. S. v. § 291 Abs. 1 AktG sowie dessen tatsächliche Durchführung in Form der Abführung des ganzen Gewinns bzw. die Übernahme des ganzen Verlusts. Die Höhe des abzuführenden Gewinns respektive des zu übernehmenden Verlusts bestimmt sich nach dem handelsrechtlichen Ergebnis. Sofern die Regelungen des § 301 AktG einschlägig sind, ist als Gewinn höchstens der ohne die Gewinnabführung entstehende Jahresüberschuss, vermindert um einen Verlustvortrag aus dem VJ sowie den nach § 300 AktG in die gesetzlichen Rücklagen einzustellenden und nach § 268 Abs. 8 ausschüttungsgesperrten Betrag abzuführen. Ein Gewinn ist zwingend und vollständig an den Organträger abzuführen und darf nur in den engen Grenzen des § 14 Abs. 1 Nr. 4 KStG in die Gewinnrücklagen eingestellt werden. Minderabführungen in organschaftlicher Zeit stellen eine Einlage des Organträgers in die Organgesellschaft dar, eine Mehrabführung hingegen eine Einlagenrückgewähr der Organgesellschaft an den Organträger (vgl. § 14 Abs. 4 Satz 1f. KStG). Bestehen zu Beginn der Organschaft Unterschiede zwischen den handels- und ertragsteuerlichen Wertansätzen und ergeben sich hieraus vororganschaftliche Mehrabführungen, gelten diese als Gewinnausschüttungen (vgl. § 14 Abs. 3 Satz 1 KStG). Resultieren hieraus hingegen vororganschaftliche Minderabführungen, sind diese als Einlagen zu behandeln (vgl. § 14 Abs. 3 Satz 2 KStG).

2. Ansatz von latenten Steuern

a) Überblick

 

Rn. 301

Stand: EL 37 – ET: 09/2022

Die Konzeption und der Wortlaut in § 274 gehen von einer Personenidentität aus, wonach die Ursache für den Ansatz von ...

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