Rn. 45

Stand: EL 37 – ET: 09/2022

Da der Mehrheitsbegriff gesetzlich nicht näher spezifiziert wurde, ist davon auszugehen, dass die aktienrechtliche Mehrheitsbeteiligung eine einfache Mehrheit (50 % + 1 Anteil) voraussetzt. Zur Bestimmung der Mehrheitsverhältnisse ist dabei zunächst die Bezugsgröße (Divisor des Quotienten) zu ermitteln, namentlich das Nennkap. des Beteiligungs-UN bzw. die Gesamtzahl der ausgegebenen Aktien, sofern die Gesellschaft Stückaktien ausgegeben hat. Hierzu wird dann der Nennbetrag der gehaltenen Anteile bzw. die Stückzahl der gehaltenen Anteile (Dividend des Quotienten) in Relation gesetzt. Die Berechnungsformeln stellen sich damit wie folgt dar:

Das Nennkap. ist stets in voller Höhe anzusetzen, auch wenn es nur z. T. eingezahlt worden ist (vgl. Hüffer-AktG (2022), § 16, Rn. 8). Darauf, ob noch Einzahlungen ausstehen, kommt es nicht an. Genehmigtes oder bedingtes Kap. kann erst dann berücksichtigt werden, wenn die Kap.-Erhöhung durch Ausnutzung des genehmigten oder bedingten Kap. wirksam durchgeführt und ins Handelsregister eingetragen worden ist (vgl. Hüffer-AktG (2022), § 16, Rn. 8; HB-GesR (2020/IV), § 69, Rn. 22). Bei anderen UN-Formen, z. B. PersG, kommt es ebenfalls auf das Verhältnis des Gesamtkap. zum Kap.-Anteil des einzelnen Gesellschafters an, wobei jeweils auf die Verhältnisse am letzten BilSt abzustellen ist, sofern es sich um variable Kap.-Konten handelt.

 

Rn. 46

Stand: EL 37 – ET: 09/2022

Eigene Aktien des Beteiligungs-UN werden gemäß § 16 Abs. 2 Satz 2 AktG entweder vom Nennkap. oder – bei AG, KGaA bzw. SE mit Stückaktien – von der Gesamtzahl der ausgegebenen Aktien abgesetzt. Um Umgehungen dieser Regelungen zu vermeiden, gilt dies ebenso für Anteile, die einem Dritten für Rechnung des UN gehören (vgl. § 16 Abs. 2 Satz 3 AktG), also von dem Dritten auf Kosten und Risiko des betreffenden UN gehalten werden. Diese Bestimmung hat insbesondere auch Bedeutung für eine i. R.d. Kreditsicherung anzutreffende Sicherungsübereignung, bei der der Treugeber (das Beteiligungs-UN als Kreditnehmer) dem Treuhänder (der Bank als Sicherungsnehmer) die Anteile als Treuhandvermögen übereignet. Aufgrund des Besitzmittlungsverhältnisses (vgl. § 868 BGB) bleibt das UN regelmäßig unmittelbarer Besitzer und wirtschaftlicher Eigentümer.

In solchen Fällen genügen schon weniger als 50 % der Anteile, um eine Mehrheitsbeteiligung i. S. d. § 16 AktG zu begründen. Hält z. B. das UN A lediglich 45,1 % der Anteile an dem UN B, besitzt das UN B jedoch 10 % eigene Anteile, liegt gleichwohl eine Mehrheitsbeteiligung i. S. d. § 16 AktG vor. Berechnung: 45,1 % dividiert durch 90 % (= 100 % – 10 %) ergibt 50,11 %. M.a.W.: A ist im Verhältnis 4,51 : 9 beteiligt und besitzt somit eine Mehrheitsbeteiligung.

 

Rn. 47

Stand: EL 37 – ET: 09/2022

Nicht als eigene Anteile gelten aufgrund des expliziten gesetzlichen Wortlauts solche Anteile, die von einem vom Beteiligungs-UN abhängigen UN oder für dessen Rechnung von einem Dritten gehalten werden. Folglich sind diese Anteile von der jeweiligen Bezugsgröße nicht abzuziehen (vgl. WP-HB (2021), Rn. C 62f.; KonzernR (2019), § 16 AktG, Rn. 10f.; Hüffer-AktG (2022), § 16, Rn. 9).

Angenommen im obigen Beispiel besäße das UN B nicht 10 % eigene Anteile, sondern die Anteile würden von dem UN C, einem abhängigen UN des UN B gehalten. In diesem Fall würden die 10 % zwecks Berechnung des Mehrheitsanteils nicht von der Bezugsgröße des Beteiligungs-UN abgezogen. Das UN A wäre dann im Verhältnis 4,51 : 10 beteiligt und besäße somit keine Mehrheitsbeteiligung. Bayer hält dieses Ergebnis "für höchst befremdlich". Denn da das UN C die Rechte aus seinen Anteilen nicht ausüben darf (vgl. § 71d Satz 4 AktG i. V. m. § 71b AktG), entspricht die gesetzliche Regelung nicht der Rechtswirklichkeit, zumal A in der HV von B über die Mehrheit des vertretenen Kap. verfügt (vgl. MünchKomm. AktG (2019), § 16, Rn. 33f.; so auch HB-GesR (2020/IV), § 69, Rn. 25). Obwohl die sachliche Berechtigung dieser Lösung vielfach angezweifelt wird, wird eine Korrektur dieses Ergebnisses aus rechtssystematischen Gründen und wegen der Eindeutigkeit des Gesetzeswortlauts allg. abgelehnt (vgl. Hüffer-AktG (2022), § 16, Rn. 9; AktG-GroßKomm. (2017), § 16, Rn. 13; KK-AktG (2011), § 16, Rn. 18; demgegenüber eine Korrektur für erforderlich haltend und insoweit a. A. MünchKomm. AktG (2019), § 16, Rn. 34).

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