Rn. 89

Stand: EL 41 – ET: 12/2023

Der AP hat die Möglichkeit, einen BV unter Vorbehalt zu erteilen. Der Vermerksvorbehalt hat stets aufschiebende Wirkung. Erst wenn die dem Vorbehalt zugrunde liegende Bedingung eingetreten ist, wird der BV voll wirksam (vgl. Erle (1990), S. 215; NK-AP (2022), § 322 HGB, Rn. 20; ADS (2000), § 322, Rn. 50). Eine auflösende Bedingung, die eine nachträglich wegfallende Wirksamkeit verursachen würde, ist hingegen wegen des öffentlichen Interesses an der Verlässlichkeit des BV und bestehender Rechtsfolgewirkung als nicht zulässig zu beurteilen (vgl. ebenso ADS (2000), § 322, Rn. 50; Haufe HGB-Komm. (2022), § 322, Rn. 156; WP-HB (2023), Rn. M 1291).

 

Rn. 89a

Stand: EL 41 – ET: 12/2023

Die bedingte Erteilung eines BV kommt dann in Betracht, wenn im geprüften JA, IFRS-EA nach § 325 Abs. 2a oder KA Sachverhalte berücksichtigt wurden, die erst nach Ende der Prüfung abgeschlossen werden, jedoch entsprechend dem Stichtagsprinzip noch für das geprüfte GJ Bedeutung haben (vgl. ADS (2000), § 322, Rn. 54; Beck Bil-Komm. (2022), § 322 HGB, Rn. 265; Elkart/Naumann, WPg 1995, S. 357 (363); Haufe HGB-Komm. (2022), § 322, Rn. 157). Weitere Voraussetzungen für einen Vermerksvorbehalt sind die eindeutige Formulierung der Bedingung im Vorbehalt, das Vorliegen eines formgebundenen Verfahrens, das im höchsten Maße wahrscheinliche Eintreten der Bedingung sowie die Feststellbarkeit und Nachprüfbarkeit der Erfüllung der Bedingung (vgl. Erle (1990), S. 217; Bonner-HdR (2019), § 322 HGB, Rn. 52; Beck Bil-Komm. (2022), § 322 HGB, Rn. 265; Haufe HGB-Komm. (2022), § 322, Rn. 158; IDW PS 400 (2021), Rn. 96).

 

Rn. 89b

Stand: EL 41 – ET: 12/2023

Vermerksvorbehalte sind z. B. geboten, wenn (vgl. IDW PS 400 (2021), Rn. A98ff.; überdies Beck Bil-Komm. (2022), § 322 HGB, Rn. 266ff.; Haufe HGB-Komm. (2022), § 322, Rn. 159ff.; WP-HB (2023), Rn. M 1297f.)

  • die (rechtliche) Durchführung feststehender Sanierungsmaßnahmen als Voraussetzung für die Erfüllung der Going Concern-Prämisse erst nach Erteilung des BV erfolgt, deren Rechtswirksamkeit aber nur noch von formalen Voraussetzungen abhängt;
  • vorangegangene JA bzw. Gewinnverteilungsbeschlüsse oder deren Änderung, die im aktuellen JA bereits berücksichtigt wurden, noch der Feststellung bzw. des Beschlusses der zuständigen Organe (die Feststellung bzw. der Beschluss steht an oder ist (kurzfristig) zu erwarten) bedürfen, oder
  • eine schwebende Unwirksamkeit von Verträgen bei Nachgründungen vorliegt (vgl. § 52 Abs. 1 AktG).

Die Erteilung eines BV unter der Bedingung, dass die Going Concern-Prämisse erst nach Erteilung des BV abschließend positiv beurteilt werden kann, ist indes nicht zulässig.

 

Rn. 90

Stand: EL 41 – ET: 12/2023

Sind in den JA (respektive IFRS-EA nach § 325 Abs. 2a oder KA) Sachverhalte aufgenommen worden, die nach dem BilSt eintreten, jedoch auf den Abschluss nicht zurückwirken, darf der BV nicht mit einem Vorbehalt versehen werden. M.a.W.: Aufschiebende Bedingungen, die an das Eintreten von im JA unzulässigerweise berücksichtigter künftiger Ereignisse anknüpfen, die als wertbegründend zu beurteilen sind und somit auch nach ihrem Eintritt nicht auf den geprüften JA zurückwirken (dürfen), sind nicht statthaft (vgl. nur WP-HB (2023), Rn. M 1292). In diesem Fall muss der BV wegen Verstoßes gegen § 252 Abs. 1 Nr. 4 zumindest eingeschränkt werden (vgl. IDW PS 400 (2021), Rn. A101; überdies Erle (1990), S. 217; Beck Bil-Komm. (2022), § 322 HGB, Rn. 270). Dies ist bspw. der Fall, wenn eine (wesentliche) Verbindlichkeit nicht passiviert wurde, für die erst im neuen GJ ein wirksamer Forderungsverzicht erklärt wurde (vgl. IDW PS 400 (2021), Rn. A101). Auch wenn der AP Zweifel über den Eintritt der Bedingung hat, muss der BV eingeschränkt oder ein Versagungsvermerk erteilt werden (vgl. Biener/Berneke (1986), S. 428).

 

Rn. 91

Stand: EL 41 – ET: 12/2023

Der Vorbehaltsvermerk ist dem BV unmittelbar voranzustellen (vgl. IDW PS 400 (2021), Rn. 98; überdies Beck Bil-Komm. (2022), § 322 HGB, Rn. 269; WP-HB (2023), Rn. M 1294). Das IDW unterbreitet hierfür einen Formulierungsvorschlag, der wie folgt lautet (IDW PS 400 (2021), Rn. A102):

 
Praxis-Beispiel

„Unter der Bedingung, dass ... [z. B. die beschlossene, im Jahresabschluss berücksichtigte vereinfachte Kapitalherabsetzung mit anschließender Kapitalerhöhung im Handelsregister eingetragen wird], erteile ich/erteilen wir den nachstehenden Bestätigungsvermerk:

Bestätigungsvermerk des unabhängigen Abschlussprüfers

... .”

 

Rn. 92

Stand: EL 41 – ET: 12/2023

Da ein BV unter aufschiebender Bedingung als noch nicht erteilt gilt, solange die Erfüllung der Bedingung noch aussteht, ist der JA (bzw. IFRS-EA nach § 325 Abs. 2a oder KA) in dieser Zeit noch nicht geprüft (vgl. IDW PS 400 (2021), Rn. A97) und kann somit auch nicht festgestellt (respektive gebilligt) werden (vgl. Haufe HGB-Komm. (2022), § 322, Rn. 162; WP-HB (2023), Rn. M 1295). Sobald die Bedingung eingetreten ist, wird der BV wirksam (vgl. IDW PS 400 (2021), Rn. A97; fernerhin Beck Bil-Komm. (2022)...

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