Rn. 21

Stand: EL 33 – ET: 09/2021

Stellt der Sonderprüfer im Rahmen seiner Untersuchungen eine nicht unwesentliche Unterbewertung fest, so hat er i. R.d. abschließenden Feststellungen zu erklären, mit welchen Werten die unterbewerteten Aktivposten mindestens und mit welchem Wert zu beanstandende Passivposten höchstens anzusetzen waren (vgl. § 259 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AktG). Hierbei hat der Sonderprüfer hinsichtlich der anzuwendenden Bewertungs- und Abschreibungsmethoden die in § 259 Abs. 2 Satz 3 AktG festgelegten Grundsätze (vgl. HdR-E, AktG § 259, Rn. 16) zu beachten. Nicht einheitlich ist die Auffassung zu der Bedeutung der Begriffe "mindestens" und "höchstens" in § 259 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AktG. Nach einer Ansicht wird damit lediglich der – ohnedies selbstverständliche – Hinweis auf die Geltung des NWP i. R.d. Sonderprüfung gegeben (vgl. KK-AktG (2009), § 259, Rn. 15). Nach a. A. hat der Gesetzgeber mit dem Hinweis auf einen Mindestansatz bei Aktivposten und einen Höchstansatz bei Passivposten der von den Gesellschaftsorganen vorgenommenen Bewertung ein besonderes Gewicht geben wollen. Der Sonderprüfer soll danach die in dem JA vorgefundene Bewertung nur im Maß des schlechthin Unvermeidlichen (vgl. ebenso Hüffer-AktG (2021), § 259, Rn. 5; KK-AktG (2017), § 259, Rn. 19; MünchKomm. AktG (2021), § 259, Rn. 12) korrigieren. So verstanden ist der in § 259 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AktG gewählte Wortlaut eine vorläufige Formulierung der in § 259 Abs. 2 Satz 3 AktG genannten Regel, wonach der Sonderprüfer – in den Grenzen des rechtlich Zulässigen – die von der Gesellschaft gewählten Bewertungs- und Abschreibungsmethoden und die Ausübung von Wahlrechten zu akzeptieren und insofern einen zugunsten der vorgefundenen Bilanzierung auszuübenden Ermessensspielraum hat (vgl. MünchKomm. AktG (2021), § 259, Rn. 12; Voss, in: FS Münstermann (1969), S. 445 (463)). Da die Sonderprüfung wegen angeblicher Unterbewertung nicht bezweckt, die Gesellschaftsorgane in ihrer Bilanzierungsfreiheit einzuschränken, sondern im Ergebnis nur Fehlbewertungen aufgedeckt werden sollen, die von den geltenden Regeln einschließlich der vorhandenen Wahlrechte nicht gedeckt sind, ist der letztgenannten Auffassung zuzustimmen (vgl. wie hier auch schon ADS (1997), § 259 AktG, Rn. 21).

 

Rn. 22

Stand: EL 33 – ET: 09/2021

Nach § 259 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AktG hat der Sonderprüfer weiter anzugeben, um welchen Betrag sich beim Ansatz der vom Sonderprüfer als (gerade noch) zutreffend angesehenen Werte der Jahresüberschuss erhöht oder der Jahresfehlbetrag ermäßigt hätte. Der Unterbewertungsbetrag, d. h. die Summe aus Fehlbewertungen von Aktiv- und Passivposten, ist die Ausgangsgröße für die Ermittlung des Änderungsbetrags für einen (erhöhten) Jahresüberschuss oder einen (ermäßigten) Jahresfehlbetrag. Bei der Ermittlung des Änderungsbetrags bleiben Überbewertungen bei anderen Bilanzposten außer Betracht. Allenfalls ist in den oben angeführten Sonderfällen (vgl. HdR-E, AktG § 259, Rn. 13) ein Hinweis auf eine mögliche Nichtigkeit des JA angezeigt. Allerdings muss der Sonderprüfer die ertragsteuerlichen Änderungen und die hierdurch gegebenen Auswirkungen auf das tatsächlich zur Ausschüttung zur Verfügung stehende Mehrergebnis nach der hier vertretenen Auffassung (vgl. HdR-E, AktG § 259, Rn. 17) berücksichtigen (vgl. ADS (1997), § 259 AktG, Rn. 23; a. A. MünchKomm. AktG (2021), § 259, Rn. 13). Entsprechendes gilt für die Auswirkungen aufgrund gewinnabhängiger Vergütungen der Gesellschaftsorgane, u. a. rechnerische Einflussparameter (vgl. ADS (1997), § 259 AktG, Rn. 23). Deswegen enthält die abschließende Feststellung nach § 259 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AktG eine eigenständige Prüfungsaussage (vgl. ADS (1997), § 259 AktG, Rn. 23; KK-AktG (2009), § 259, Rn. 16). Wurde etwa bei dem Aktivposten "Technische Anlagen und Maschinen" eine unzulässige Abschreibung von 500 TEUR auf 5 Mio. EUR vorgenommen und handelt es sich insoweit um den einzigen mangelhaften Bilanzposten, so könnten die abschließenden Feststellungen wie folgt lauten: "Der Bilanzposten ‚Technische Anlagen und Maschinen’ war im Jahresabschluss der X-AG zum 31.12.t1 unterbewertet; er ist mit mindestens 5,5 Mio. EUR anzusetzen" (vgl. auch die Formulierungsvorschläge bei ADS (1997), § 259 AktG, Rn. 21, mit weiteren Beispielen für einen mangelhaften Passivposten). Bei einem kumulierten Ertragsteuersatz von 50 % und einem bisherigen Jahresüberschuss von 750 TEUR könnte es weiter lauten: "Der Jahresüberschuss erhöhte sich hierdurch von 750 TEUR um 250 TEUR auf 1 Mio. EUR."

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