Rn. 38

Stand: EL 36 – ET: 06/2022

Der Begriff "permanente Inventur" wird im Gesetz (vgl. § 241 Abs. 2) nicht ausdrücklich genannt, sondern es wird die Formulierung eines den "Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entsprechenden anderen Verfahrens" verwandt. Die Gesetzesformulierung lässt somit der zukünftigen Fortentwicklung der Ausgestaltung des Rechnungswesens Raum (vgl. Nestle, BB 1973, S. 1620 (1622)). Als ein solches den GoB entsprechendes Verfahren wird die permanente Inventur betrachtet (vgl. bereits Rühl, BB 1951, S. 315; Wibbe, DB 1951, S. 430). Neben den vielfältigen Ausführungen im Schrifttum nennen insbesondere HFA 1/1990 (WPg 1990, S. 143ff.) und die EStR (2012) die Bedingungen, unter denen eine permanente Inventur den GoB entspricht.

 

Rn. 39

Stand: EL 36 – ET: 06/2022

Lottes sieht den Begriff "permanente Inventur" als "Ergebnis der Rationalisierungsbestrebungen der Wirtschaft in den Krisenzeiten der 20er Jahre [...]. Ziel dieser Bemühungen sei es, die "saisonale" Arbeitsanhäufung im Bereich der Verwaltung eines Unternehmens zumindest dann zu vermeiden, wenn diese Anhäufung nicht in die Leerlaufzeit eines anderen Betriebsfaktors fällt und somit gerade durch die Anhäufung zum Ausgleich des Gesamtarbeitsanfalls innerhalb eines Unternehmens führt" (Lottes BFuP 1950, S. 595).

 

Rn. 40

Stand: EL 36 – ET: 06/2022

Grds. zu unterscheiden ist zwischen inventur- und lagerbuchführungsbezogenen Anwendungsvoraussetzungen, auf die hier vorab zusammenfassend hingewiesen werden soll (vgl. Gans/Quick, DStR 1995, S. 306 (309f.)):

 
Inventurbezogene Voraussetzungen Lagerbuchführungsbezogene Voraussetzungen
Vollständigkeit Ordnungsgemäße Bestandsführung
Mindestens einmal jährlich Vergleich der Buch- und Istbestände durch planmäßige körperliche Aufnahme Belegmäßiger Nachweis der Bewegungen
Erfassung nach Art und Menge

Berichtigung der Lagerbuchführung gemäß

den Ergebnissen der körperlichen

Bestandsaufnahme

Übersicht: Anwendungsvoraussetzungen der permanenten Inventur

 

Rn. 41

Stand: EL 36 – ET: 06/2022

Im Gegensatz zur Stichtagsinventur wird bei der permanenten Inventur kein einheitlicher Inventurstichtag für alle VG festgelegt. Ebenso wie bei der vor- oder nachverlagerten Inventur handelt es sich um eine Vereinfachung hinsichtlich des Aufnahmezeitpunkts: Die Aufnahme des Bestands der einzelnen VG kann zu unterschiedlichen Zeitpunkten erfolgen. Über die Grenzen der vor- bzw. nachverlegten Inventur (vgl. HdR-E, HGB § 241, Rn. 25ff.) hinausgehend kann jeder Tag innerhalb des gesamten GJ als Aufnahmestichtag gewählt werden. Durch Anwendung eines den GoB entsprechenden Verfahrens muss sichergestellt sein, dass der Bestand der VG nach Art, Menge und Wert am BilSt festgestellt werden kann. Dies geschieht i. d. R. durch Übernahme dieser Werte aus der ordnungsmäßigen Lagerbuchführung (vgl. AK Ludewig der SG (1967), S. 36; Odenwald, BiBu 1987, S. 437 (440f.)) in das Inventar. "Jeder Zugang und jeder Abgang ist in der Lagerbuchführung einzeln zu erfassen (Skontren). Die wertmäßige Fortschreibung kann bei permanenter Inventur für Gegenstände des Vorratsvermögens unterbleiben, wenn gleichzeitig eine Sammelbewertung nach § 256 vorgenommen wird" (Baetge/Kirsch/Thiele (2021), S. 75). Die permanente Inventur stellt somit eine Kombination aus buchmäßiger Bestandsfortschreibung, die statt einer körperlichen Bestandsaufnahme am BilSt vorgenommen wird, und körperlicher Bestandsaufnahme, welche vom Abschlussstichtag auf den vorgelagerten Zeitraum verschoben wird, dar (vgl. HdJ, Abt. I/14 (2021), Rn. 165), so dass eine Bestandsermittlung für einen bestimmten Stichtag ohne Buchwerk nicht möglich ist. Auf eine Kontrolle der Lagerbuchführung durch eine körperliche Bestandsaufnahme darf der Anwender dabei nicht gänzlich verzichten (vgl. Baumbach/Hopt (2022), § 241 HGB, Rn. 2). Hiermit ist ein wesentliches Charakteristikum dieser Inventurvereinfachung angesprochen: Die Lagerbuchführung liefert die Primärzahl für den JA, während die körperliche Aufnahme Kontrollzwecke erfüllt (vgl. Asche/Schmidtmann, StBp 1973, S. 182f.; Klinger, NB 1958, S. 143 (145)).

 

Rn. 42

Stand: EL 36 – ET: 06/2022

Mit Blick auf die praktische Durchführung ist eine rechtzeitige und genaue Planung (vgl. Gans/Quick, DStR 1998, S. 2027 (2028ff.); Quick, BB 1991, S. 723ff.) der über das Jahr verteilten körperlichen Bestandsaufnahme unerlässlich. Am Aufnahmetag ist bei der Abstimmung zwischen ermitteltem Ist- und Sollbestand auf eine exakte Abgrenzung des Bestands im jeweiligen Aufnahmezeitpunkt zu achten, da mitunter unvermeidliche Lagerbewegungen am Aufnahmetag das Ergebnis beeinflussen können (vgl. Beck-HdR, A 220 (1998), Rn. 105). Bei der Ermittlung des Sollbestands können bei Anwendung von regelmäßigen Verarbeitungsläufen in der Lagerbuchführung unnötige Differenzen vermieden werden, indem die "Buchbestände des Aufnahmetags in einem gesonderten Buchungsgang vor der allgemeinen Verarbeitung" (Beck-HdR, A 220 (1998), Rn. 106) ermittelt werden.

 

Rn. 43

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