Rn. 44

Stand: EL 38 – ET: 01/2023

Mängel des Vertrags können in den allg. vertragsrechtlichen Nichtigkeitsgründen der §§ 119 und 123 i. V. m. 142 Abs. 1, 125, 134, 138, 154, 155 BGB sowie in dem in § 304 Abs. 3 Satz 1 AktG genannten Nichtigkeitsgrund eines fehlenden Ausgleichs liegen.

 

Rn. 45

Stand: EL 38 – ET: 01/2023

Schwierigkeiten kann der Fall bereiten, in dem ein BHV oder GAV durchgeführt wird, obwohl er fehlerhaft ist. Bei Nichtigkeit müsste der Vertrag eigentlich rückabgewickelt werden. Dies aber ist wegen des organisationsrechtlichen Charakters dieser Vertragsarten kaum möglich (vgl. BGH, Urteil vom 14.12.1987, II ZR 170/87, NJW 1988, S. 1326). So kann bspw. im Fall eines GAV das beherrschte UN nicht rückwirkend für sich selbst gewirtschaftet haben. Sachgerecht erscheint vielmehr eine Beendigung des Vertragsverhältnisses ex nunc. Sinnvoll kann daher eine Übertragung der zur fehlerhaften Gesellschaft entwickelten Grundsätze auf den fehlerhaften BHV oder GAV sein. Zur GmbH hat der BGH in seinem Familienheim-Urteil entschieden, dass ein BHV oder GAV so lange als wirksam zu behandeln und das herrschende UN zum Ausgleich der Verluste verpflichtet sei, bis sich einer der Vertragspartner auf die Nichtigkeit berufe und die Beherrschung ein Ende finde (vgl. so BGH, Urteil vom 14.12.1987, II ZR 170/87, NJW 1988, S. 1326f.; bestätigt durch BGH, Urteil vom 05.11.2001, II ZR 119/00, NJW 2002, S. 822). Dies ist grds. auf die AG (bzw. KGaA und SE) übertragbar, jedoch stellt sich die Frage, ob in diesem Fall zusätzlich zur tatsächlichen Durchführung eine Eintragung des UN-Vertrags in das Handelsregister zu verlangen ist. Das ist streitig, wird aber insbesondere mit Blick auf § 294 Abs. 2 AktG zu bejahen sein. Ein UN-Vertrag erlangt erst mit seiner Eintragung ins Handelsregister Wirksamkeit, was die Vertragsparteien auch wissen müssen. In der Praxis kommt es daher kaum zur Durchführung eines nicht eingetragenen Vertrags. Die außenstehenden Aktionäre und Gläubiger des UN sind vor der Eintragung des UN-Vertrags außerdem nicht schutzbedürftig (vgl. MünchKomm. AktG (2020), § 291, Rn. 200, 204; Emmerich/Habersack (2020), § 11, Rn. 26; BeckOGK-AktG (2022), § 291, Rn. 134; Henssler/Strohn (2021), § 291 AktG, Rn. 17).

 

Rn. 46

Stand: EL 38 – ET: 01/2023

Abzulehnen ist die Anwendbarkeit der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft aber für den Fall, dass der Vertrag keinen Ausgleich nach § 304 Abs. 1 AktG vorsieht und damit nach § 304 Abs. 3 Satz 1 AktG nichtig ist. Der Schutz der außenstehenden Aktionäre verlangt, einen solchen Vertrag als von Anfang an nichtig zu behandeln (vgl. BeckOGK-AktG (2022), § 291 AktG, Rn. 136f.).

 

Rn. 47

Stand: EL 38 – ET: 01/2023

Umstritten ist, wie die Beendigung ex nunc erreicht wird, nämlich durch einfache Berufung des Vorstands auf die Nichtigkeit (vgl. so Emmerich/Habersack (2020), § 11, Rn. 28) oder durch außerordentliche Kündigung (vgl. so MünchKomm. AktG (2020), § 291, Rn. 197; BeckOGK-AktG (2022), § 291, Rn. 138). Für die außerordentliche Kündigung wäre der Vorstand gemäß § 297 AktG zuständig; Fristen wären nicht einzuhalten (vgl. so MünchKomm. AktG (2020), § 291, Rn. 197; Mertens, BB 1995, S. 1417 (1421)).

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