Rn. 27

Stand: EL 38 – ET: 01/2023

Durch einen Betriebsführungsvertrag verpflichtet sich ein UN, die Betriebe des anderen UN für dessen Rechnung zu betreiben. Oder anders herum formuliert: Ein UN beauftragt einen anderen mit der Führung seines eigenen Betriebs für seine Rechnung und in seinem Namen. Dieser Vertragstyp ist in § 292 Abs. 1 Nr. 1–3 AktG nicht ausdrücklich erwähnt, doch besteht Einigkeit darüber, dass der Betriebsführungsvertrag ein anderer UN-Vertrag i. S. d. § 292 AktG ist und daher die §§ 293ff. AktG auch auf ihn Anwendung finden (vgl. Emmerich/Habersack (2020), § 12, Rn. 21; § 15, Rn. 1ff.; Hüffer-AktG (2022), § 292, Rn. 17). Nach überwiegender Ansicht fällt der Betriebsführungsvertrag unter § 292 Abs. 1 Nr. 3 AktG, ob in direkter oder analoger Anwendung, ist umstritten (vgl. für eine direkte Anwendung: Baumbach/Hueck (1968), § 292 AktG, Rn. 14; für eine analoge Anwendung: MünchKomm. AktG (2020), § 292 AktG, Rn. 150; Emmerich/Habersack (2020), § 15, Rn. 23; Hüffer-AktG (2022), § 292, Rn. 20; KK-AktG (2004), § 292, Rn. 81; BeckOGK-AktG (2022), § 292, Rn. 55: § 292 Abs. 1 Nr. 3 AktG analog, weil der Betriebsführer nicht auf eigene Rechnung tätig wird). Das Privileg des § 292 Abs. 3 AktG gilt für den Betriebsführungsvertrag nicht. Außerdem trifft den Betriebsführer keine Verlustausgleichspflicht analog zu § 302 Abs. 2 AktG; ebenso wenig haben die Aktionäre einen Anspruch auf Ausgleich oder Abfindung nach den §§ 304f. AktG (vgl. BeckOGK-AktG (2022), § 292, Rn. 56).

 

Rn. 28

Stand: EL 38 – ET: 01/2023

Ein Betriebsführungsvertrag kann sowohl zwischen unabhängigen als auch einem herrschenden und einem beherrschten UN geschlossen werden. Ziel des Vertragsschlusses zwischen unabhängigen UN ist i. d. R. die Verschaffung von Managementkapazitäten (sog. Managementverträge). Bei abhängigen UN soll dagegen das beherrschte UN in den Konzern des herrschenden eingeordnet werden; dabei kann das herrschende, wie das beherrschte UN die Rolle des Betriebsführers übernehmen. Der Betriebsführungsvertrag statuiert weitgehende Weisungsrechte für das herrschende UN. Grds. besteht kein Anlass, einen Betriebsführungsvertrag unabhängiger UN sowie einen konzerninternen Vertrag unterschiedlich zu behandeln (vgl. Emmerich/Habersack (2020), § 15, Rn. 7, 20f.). Damit der Betriebsführer für das UN tätig werden kann, benötigt er – wie beim Betriebsüberlassungsvertrag – eine Vollmacht (vgl. Gessler, in: FS Ballerstedt (1975), S. 219 (232); BeckOGK-AktG (2022), § 292 AktG, Rn. 53f.).

 

Rn. 29

Stand: EL 38 – ET: 01/2023

Wird der Betriebsführungsvertrag entgeltlich abgeschlossen, ist er als Geschäftsbesorgungsvertrag mit Dienstvertragscharakter gemäß den §§ 675 Abs. 1, 611 BGB zu qualifizieren; dagegen würde ein unentgeltlicher Betriebsführungsvertrag einen Auftragsvertrag gemäß den §§ 662ff. BGB darstellen, allerdings ist umstritten, ob § 292 Abs. 1 Nr. 3 AktG auch für diese Verträge (analog) gilt. Dem aus dem Vertrag berechtigten UN steht ein Weisungsrecht zu, das in den Grenzen des § 76 AktG näher ausgestaltet werden kann und dem der Betriebsführer gemäß § 665 BGB folgen muss. Nach § 670 BGB hat der Betriebsführer einen Anspruch auf Ersatz seiner Aufwendungen (vgl. Emmerich/Habersack (2020), § 15, Rn. 19ff.; BeckOGK-AktG (2022), § 292, Rn. 54). Dem Betriebsführer kann in jedem Fall die laufende Geschäftsführung übertragen werden. Problematisch kann dagegen die Übertragung der Entscheidungskompetenz für die Grundsätze der UN-Politik sein; im Zweifel liegt dann weniger ein Betriebsführungsvertrag als vielmehr ein BHV vor (vgl. BeckOGK-AktG (2022), § 292, Rn. 59).

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