Tz. 4

Stand: EL 36 – ET: 06/2022

Das verwendete Buchführungssystem muss gewährleisten, dass alle buchführungspflichtigen Vorgänge den formalen Anforderungen der Abs. 1–3 entsprechend aufgezeichnet werden, unabhängig von den dabei verwendeten Organisationsformen und der eingesetzten Organisationsmittel der Buchführung (z. B. konventionelle, papierbasierte Buchführung, mittels IT unterstützte Buchführung (etwa Unterstützung manueller Tätigkeiten durch PC-Standardapplikationen) oder komplexe, integrierte IT-Systeme; vgl. hierzu ADS (1998), § 239, Rn. 3; IDW RS FAIT 1 (2002), Rn. 15). Die Ordnungsmäßigkeit mittels EDV geführter Bücher und Aufzeichnungen ist dabei an den gleichen Prinzipien zu messen wie die Ordnungsmäßigkeit bei manuell geführten Büchern und Aufzeichnungen (vgl. BMF, Schreiben vom 28.11.2019, IV A 4 – S 0316/19/10003 :001, BStBl. I 2019, S. 1269 (1272)). Die in § 239 Abs. 2 aufgeführten Anforderungen der Vollständigkeit, Richtigkeit, Klarheit und Zeitgerechtheit stellen gesetzlich kodifizierte GoB dar (vgl. auch IDW RS FAIT 1 (2002), Rn. 25). Dabei stellt die Erfüllung der in § 239 kodifizierten Anforderungen sicher, dass der Buchführungspflichtige der in § 238 Abs. 1 Satz 1 aufgeführten Selbstinformation nachkommen und ein sachverständiger Dritter den in § 238 Abs. 1 Satz 2 geforderten Überblick erhalten kann.

Das Gesetz überlässt es – in bestimmten Grenzen – der Entscheidung des Buchführungspflichtigen, wie dieser seine Buchführung organisiert und ob er dabei auf IT zurückgreift (vgl. ADS (1998), § 239, Rn. 3; überdies Heidelberger HGB-Komm. (2007), §§ 238, 239, Rn. 8). Es knüpft lediglich drei Bedingungen an eine auf Datenträgern geführte Buchführung (vgl. § 239 Abs. 4):

(1) Die auf Datenträgern geführte Buchführung muss einschließlich des dabei angewendeten Verfahrens den GoB entsprechen;
(2) die Daten müssen während der Dauer der Aufbewahrungsfrist (vgl. § 257) verfügbar sein;
(3) es muss jederzeit möglich sein, die gespeicherten Daten innerhalb einer angemessenen Frist lesbar zu machen.

Der gesonderte Verweis auf die GoB ist redundant; schließlich ergibt sich eine zwingende GoB-Entsprechung bereits aus den Vorschriften des § 238 Abs. 1 Satz 1 und des § 243 Abs. 1 (vgl. so auch MünchKomm. HGB (2020), § 239, Rn. 13). Die nochmalige Erwähnung ist vielmehr als Betonung zu verstehen, die GoB insbesondere auch bei IT-gestützten Buchführungsformen einzuhalten (vgl. MünchKomm. HGB (2020), § 239, Rn. 14). Dies gründet auf den zusätzlichen Risiken, die eine IT-gestützte Buchführung im Vergleich zu traditionellen Buchführungsformen birgt. Aufgrund der Besonderheiten, die sich beim Einsatz von IT gegenüber einer konventionellen Buchführung ergeben, hat der Buchführungspflichtige besondere Vorkehrungen zu treffen (vgl. IDW RS FAIT 1 (2002), Rn. 6). Dementsprechend bedarf es bei IT-gestützter Buchführung keiner neuen GoB, wohl aber einer sinngemäßen Auslegung derselben (vgl. ADS (1998), § 239, Rn. 46; MünchKomm. HGB (2020), § 239, Rn. 14).

Zur Prüfung der Konformität mit den GoB entwickelte die Arbeitsgemeinschaft für wirtschaftliche Verwaltung e. V. (AWV) die Grundsätze ordnungsmäßiger DV-gestützter Buchführungssysteme (GoBS). Die Finanzverwaltung nahm diese – zur Auslegung des dem § 239 quasi inhaltsgleichen und daher auch zu dessen Interpretation relevanten § 146 AO – im BMF-Schreiben vom 07.11.1995 auf und konkretisierte sie. Die GoBS beinhalteten Leitlinien, die die Einhaltung der GoB bei IT-gestützter Buchführung sicherstellen sollten (vgl. so auch (noch) Beck Bil-Komm. (2016), § 239 HGB, Rn. 23); BMF, Schreiben vom 07.11.1995, IV A 8 – S 0316 – 52/95, BStBl. I 1995, S. 738ff.; weiterführend auch Schuppenhauer (2007), S. 128) und stellten eine Weiterentwicklung der im Jahr 1978 durch das BMF herausgegebenen Grundsätze ordnungsmäßiger Speicherbuchführung (GoS) dar. Über die GoBS hinaus veröffentlichte die Finanzverwaltung später die Grundsätze zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen ((GDPdU); vgl. BMF, Schreiben vom 16.07.2001, IV D 2 – S 0316 – 136/01, BStBl. I 2001, S. 415ff.) sowie die hierzu ergänzenden GDPdU-FAQ (2002/2009). Da sich der Einsatz von IT in der Buchführung seit Einführung der GoBS vor mehr als zwei Jahrzehnten jedoch stetig fortentwickelt hat, stellen sich mittlerweile neue Fragen bezüglich der Anwendung moderner EDV-gestützter Buchführungssysteme. Um dem technischen Fortschritt Rechnung zu tragen, veröffentlichte das BMF am 14.11.2014 die Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff ((GoBD); vgl. BMF, Schreiben vom 14.11.2014, IV A 4 – S 0316/13/10003, BStBl. I 2014, S. 1450ff.; kritisch bspw. Goldshteyn/Thelen, StBp 2015, S. 289ff.; Herrfurth, StuB 2015, S. 250ff.). Hierbei handelt es sich um eine Verwaltungsvorschrift, die die bis dahin geltenden GoBS, GDPdU sowie GDPdU-FAQ zusammenfasst, überarbeitet und neu interpretiert (vgl. zu Defiziten dieser zusammenfassenden...

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