I. Allgemeine Grundsätze

 

Rn. 190

Stand: EL 37 – ET: 09/2022

Das in internationalen Abschlüssen dominierende Temporary-Konzept fordert, dass latente Steuern entsprechend dem Ausweis des zugrunde liegenden Sachverhalts zu erfassen sind (vgl. IAS 12.61A). Dies impliziert bspw., dass latente Steuern auf nach IFRS erfolgsneutral im EK erfasste Wertänderungen (z. B. eines Finanzinstruments nach IFRS 9) ebenfalls erfolgsneutral im EK auszuweisen sind.

 

Rn. 191

Stand: EL 37 – ET: 09/2022

Obwohl dieser Grundsatz auch für den handelsrechtlichen JA gilt, erfährt er deutlich geringere praktische Bedeutung, da Geschäftsvorfälle grds. erfolgswirksam in der GuV auszuweisen sind. Der erfolgswirksame Ausweis von Geschäftsvorfällen steht im Einklang mit der Forderung des Kongruenzprinzips, wonach sämtliche erwirtschafteten Nettoreinvermögensmehrungen und -minderungen einmalig bei deren Realisierung in der Erfolgsrechnung zu erfassen sind. Folgerichtig sind der erstmalige Ansatz, die Veränderung sowie die Auflösung von latenten Steuern im JA grds. erfolgswirksam in der GuV auszuweisen.

 

Rn. 192

Stand: EL 37 – ET: 09/2022

In Abweichung zum Grundsatz der erfolgswirksamen Erfassung von Transaktionen sind im handelsrechtlichen JA bestimmte Sachverhalte erfolgsneutral zu behandeln. Dies betrifft zum einen Geschäftsvorfälle der Gesellschaft mit ihren Gesellschaftern, die sie aufgrund ihrer Gesellschafterstellung durchführen und damit gesellschaftsrechtlich veranlasst sind (hier kann es z. B. aufgrund von unterschiedlichen Bewertungsmöglichkeiten bei Sacheinlagen zu Wertdifferenzen kommen (vgl. HdR-E, HGB § 274, Rn. 570ff.)). Zum anderen kennt das Handelsrecht auch Vertragsverhältnisse (mit Gesellschaftern oder Nicht-Gesellschaftern), die erfolgsneutral zu erfassen sind, wie etwa Anschaffungsvorgänge.

 

Rn. 193

Stand: EL 37 – ET: 09/2022

Anschaffungsvorgänge werden in der HB und StB erfolgsneutral erfasst. Zudem entsprechen die handelsrechtlichen den steuerlichen AK. Im Grundfall resultieren im Zugangszeitpunkt somit keine temporären Differenzen und für die Erfassung von latenten Steuern verbleibt somit kein Raum. Indes existieren Sachverhalte, die aufgrund ihres Charakters als Anschaffungsvorgang grds. erfolgsneutral zu erfassen sind, im Zugangszeitpunkt aufgrund unterschiedlicher Bewertungen jedoch temporäre Differenzen nach sich ziehen. Solche Konstellationen treten regelmäßig bei Umwandlungen auf, wenn ein Bewertungswahlrecht in der HB abweichend von der StB ausgeübt wird. In solchen Fällen scheint es nicht nur sachgerecht, sondern sogar geboten zu sein, die latente Steuer ebenfalls erfolgsneutral zu erfassen (vgl. auch HdR-E, HGB § 274, Rn. 500).

 

Rn. 194

Stand: EL 37 – ET: 09/2022

Im Hinblick auf die Behandlung von latenten Steuern auf erfolgsneutrale Geschäftsvorfälle ist zwischen der erstmaligen Erfassung und der Behandlung in der Folgezeit zu differenzieren.

 

Rn. 195

Stand: EL 37 – ET: 09/2022

Bei der erfolgsneutralen Ersterfassung eines Geschäftsvorfalls in der HB sind latente Steuern ebenfalls erfolgsneutral zu erfassen, wenn der Geschäftsvorfall in der StB erfolgsneutral behandelt wird (vgl. DRS 18.51) und sich dadurch weder ein handelsrechtliches Ergebnis noch ein steuerliches Einkommen ergibt. Dies ist bspw. der Fall, wenn ein Gesellschafter ein unbebautes Grundstück in eine Gesellschaft einlegt, dieses in der HB und StB mit unterschiedlichen Wertansätzen bewertet und dadurch eine temporäre Differenz resultiert. Eine anzusetzende latente Steuer ist in diesem Fall erfolgsneutral gegen das EK zu berücksichtigen.

 

Rn. 196

Stand: EL 37 – ET: 09/2022

Kommt es in der Folgezeit zu einer Änderung des Wertansatzes in der HB oder StB (oder beiden Rechenwerken, jedoch in unterschiedlicher Höhe) und folglich zu einer Änderung der temporären Differenzen, ist die Veränderung der (ursprünglich erfolgsneutral erfassten) latenten Steuern erfolgswirksam zu behandeln, wenn der zugrunde liegende Sachverhalt in der HB oder StB (oder in beiden) erfolgswirksam erfasst wird und die Voraussetzungen des DRS 18.51 gerade nicht gegeben sind. Wird bspw. das eingelegte Grundstück (vgl. HdR-E, HGB § 274, Rn. 195) in der HB abgeschrieben, nicht hingegen in der StB, führt die AfA in der HB zu einer Veränderung der temporären Differenz und damit der latenten Steuer. Da die AfA zu einer Aufwandserfassung in der HB führt, ist auch die Veränderung der latenten Steuer erfolgswirksam zu behandeln.

 

Rn. 197

Stand: EL 37 – ET: 09/2022

Effekte aus Änderungen des zu verwendenden UN-individuellen Steuersatzes sind ebenfalls erfolgswirksam zu behandeln, zumal hiermit eine Verringerung oder Erhöhung der künftigen Steuerbe- oder -entlastung verbunden ist. Dies gilt auch für die ursprünglich erfolgsneutral erfassten latenten Steuern.

 

Rn. 198

Stand: EL 37 – ET: 09/2022

Ursprünglich vertrat das DRSC die Auffassung, dass Effekte aus der Anpassung von latenten Steuern aufgrund von Gesetzesänderungen (z. B. der Erhöhung oder Reduzierung des Steuersatzes) erfolgsneutral zu erfassen sind, wenn deren ursprüngliche Bildung er...

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