Rn. 80

Stand: EL 40 – ET: 09/2023

Die Bilanzierung bei Leasinggesellschaften ist durch die sog. leasingtypischen Anlaufverluste beeinflusst. Sie entstehen, weil sich typischerweise (in Teilen unvermeidbar) ein linearer Erlösverlauf einem degressiven Aufwandsverlauf während der Grundmietzeit gegenübersteht. "Der degressive Kostenverlauf beruht im Wesentlichen auf den vor oder mit Vertragsabschluß entstehenden Vertriebskosten (Vermittlungsprovisionen) sowie dem degressiven Verlauf des Zinsaufwands für die Finanzierung des Vermietvermögens entsprechend der Tilgung der Refinanzierungsmittel" (HdR-E (1995), Kap. I, Rn. 499). Aus diesen und (in der Vergangenheit noch stärker) aus – gemessen am Amortisationsverlauf bzw. typisierten Erlösäquivalenten für die AfA in den Leasingraten – "vorverrechneten" AfA-Aufwendungen (degressiv, Halbjahresregel) resultieren c.p. Anlaufverluste, die i. d. R. auch nicht durch die kalkulierten Gewinnmargen kompensiert werden und denen dann allerdings regelmäßig Auslaufgewinne zum Ende der Grundmietzeit kompensierend gegenüberstehen; in der Summe der Periodenergebnisse zeigt sich nach Auslauf des Vertrags der mit dem Einzelvertrag verbundene bzw. kalkulierte Gesamtgewinn.

Wir sehen demnach eine Gewinnverlagerung in der GuV bezogen auf den Einzelvertrag an das Laufzeitende. Mit wachsendem Neugeschäft und Portfolio der Leasinggesellschaft wachsen auch die Aufwandsvorläufe und Belastungen der Ergebnisse und des EK, die c.p. mit Blick auf die Vertragsanlaufkosten und die Zinsaufwendungen im Fall der Darlehensfinanzierung auch nicht zu vermeiden sind; hinsichtlich der AfA hilft hier der Verzicht auf die Anwendung der Vereinfachungsregel oder der degressiven AfA und die Nutzung der an Vertragsdauer und einem Restwert orientierten linearen AfA.

Laut HFA (1/1989, WPg 1989, S. 625 (626)) sind solche Effekte, sofern sie als wesentlich zu erachten sind, im Anhang anzugeben (vgl. zur Problematik einer potenziellen Bestandsgefährdung von Leasinggesellschaften aufgrund leasingtypischer Anlaufverluste HdJ, Abt. I/8 (2020), Rn. 132ff.).

In praxi hat sich zur transparenteren Darstellung dieser Effekte die Ermittlung des Substanzwerts der Leasinggesellschaften entsprechend dem Standard des Bundesverbands Deutscher Leasing-Unternehmen (BDL) durchgesetzt (vgl. zur konkreten Ausgestaltung Hellen (2010), S. 18ff.). Sie stellt eine sinnvolle und notwendige, gleichermaßen von Wissenschaft, Wirtschaftsprüfung, Analysten, Ratingagenturen und Refinanciers sowie insbesondere der deutschen Aufsicht in der Praxis anerkannte Ergänzung der JA von Leasinggesellschaften dar. Mit ihr können die mit dem Aufwandsvorlauf und den kalkulierten Gewinnmargen verbundenen zukünftigen Gewinnerwartungen aus dem Portfolio und damit (neben dem bilanziellen EK auch) das weitere betriebswirtschaftliche "EK" der Leasinggesellschaft – wie folgt – offengelegt werden (Hinweis: Positionen 1. bis 6., 9.: Obligatorische Bestandteile, jeweils abhängig von der Wahl der Brutto- bzw. Nettomethode; Rest: Optionale Bestandteile):

Übersicht: (Komprimiertes) Schema der Substanzwertrechnung nach HGB

Die Bedeutung der Substanzwertrechnung geht weit über die Möglichkeiten der Analyse hinaus, da sie die Voraussetzungen für eine gesamthafte, integrierende Steuerung von Leasinggesellschaften bietet (vgl. Hellen, FLF 2003, S. 114ff.; weiterführend Chrubasik/Hellen (2010), S. 350ff.). Sie ist zudem als Basis für die Risikotragfähigkeitsrechnung entsprechend MaRisk für Leasinggesellschaften akzeptiert (vgl. auch Nemet (2022); sodann zur Prüfung des Substanzwerts IDW PS 810 (2013)). Die Ergänzung des JA durch die Substanzwertrechnung ermöglicht auch einen von Bewertungswahlrechten und -spielräumen sowie handelsrechtlichen Periodisierungsanforderungen unbeeinflussten Blick auf die Gesamtwertschöpfungsleistung einer Leasinggesellschaft in einer Periode durch Ermittlung des wirtschaftlichen Ergebnisses, einer für Leasinggesellschaften übergeordneten Periodenerfolgskennziffer (vgl. Hellen/Schulte (2010), S. 74ff.).

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