Rn. 63

Stand: EL 41 – ET: 12/2023

Der Widerruf eines erteilten BV ist nicht gesetzlich geregelt, sondern ergibt sich aus allg. Rechtsgrundsätzen sowie den Berufsgrundsätzen (vgl. Haufe HGB-Komm. (2022), § 322, Rn. 171; WP-HB (2023), Rn. N 58). Wenn der AP nach der Erteilung des BV erkennt, dass die Voraussetzungen für dessen Erteilung nicht vorgelegen haben, muss er prüfen, ob diese Gründe einen Widerruf des BV notwendig machen (vgl. ADS (2000), § 322, Rn. 362; Beck Bil-Komm. (2022), § 322 HGB, Rn. 256; hinsichtlich potenzieller Gründe WP-HB (2023), Rn. N 59, wonach mögliche Ursachen u. a. im geprüften Abschluss oder dem (Konzern-)Lagebericht, in der Formulierung des BV oder in der Person des AP liegen können).

 

Rn. 63a

Stand: EL 41 – ET: 12/2023

Das IDW geht von einer grds. Widerrufsverpflichtung des AP aus, wenn die geprüfte Gesellschaft nach Erkennen der fehlenden Voraussetzungen für die Erteilung des BV nicht bereit ist, entsprechende Schritte zur Änderung des JA, IFRS-EA (i. S. v. § 325 Abs. 2a) bzw. KA oder (Konzern-)Lageberichts sowie Information derjenigen, die den JA, IFRS-EA bzw. KA oder (Konzern-)Lagebericht bereits eingesehen haben, zu ergreifen (vgl. IDW PS 400 (2021), Rn. 92; fernerhin NK-AP (2022), § 322 HGB, Rn. 30; ADS (2000), § 322, Rn. 365; Beck Bil-Komm. (2022), § 322 HGB, Rn. 265; Haufe HGB-Komm. (2022), § 322, Rn. 172; WP-HB (2023), Rn. N 58). Von einer Widerrufsverpflichtung kann bspw. ausgegangen werden, wenn es sich "um einen bedeutungsvollen Fehler in der Rechnungslegung handelt und im Hinblick auf § 256 Abs. 6 AktG auch noch die Nichtigkeit des JA geltend gemacht werden könnte" (ADS (2000), § 322, Rn. 365; vgl. überdies WP-HB (2023), Rn. N 63). Darüber hinaus werden auch bewusste Täuschungen durch Vertreter der geprüften Gesellschaft und Fehler des AP als Gründe für einen Widerruf angeführt (vgl. Bonner-HdR (2019), § 322 HGB, Rn. 62; KK-RLR (2011), § 322 HGB, Rn. 73f.), jedoch stets unter der Voraussetzung, dass der BV bei Kenntnis des tatsächlichen Sachverhalts nicht in dieser Form erteilt worden wäre (vgl. WP-HB (2023), Rn. N 60; Sarx, in: FS Clemm (1996), S. 337 (345)). Wird der falsche Eindruck über das Prüfungsergebnis auf andere Weise korrigiert (z. B. durch einen geänderten und veröffentlichten Abschluss), kann ein Widerruf unterbleiben (vgl. IDW PS 400 (2021), Rn. 92, A94f.; ferner NK-AP (2022), § 322 HGB, Rn. 31; Beck Bil-Komm. (2022), § 322 HGB, Rn. 259; Haufe HGB-Komm. (2022), § 322, Rn. 175f.; WP-HB (2023), Rn. N 64, N 66).

 

Rn. 63b

Stand: EL 41 – ET: 12/2023

Ein Widerruf ist nur in engen Grenzen zulässig und u. U. sogar geboten (vgl. Beck Bil-Komm. (2022), § 322 HGB, Rn. 257). Es handelt sich stets um eine Einzelfallentscheidung, die der unabhängige AP unter Würdigung der betreffenden Tatsachen nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffen hat (vgl. Beck Bil-Komm. (2022), § 322 HGB, Rn. 258). Wertaufhellende Informationen, die dem AP erst nach Erteilung des BV bekannt werden, können den Widerruf eines BV nicht begründen, da diese nicht dazu führen, dass der JA bzw. KA und/oder (Konzern-)Lagebericht zum Zeitpunkt der Erteilung des BV als unzutreffend zu beurteilen gewesen wären (vgl. ADS (2000), § 322, Rn. 366; Beck Bil-Komm. (2022), § 322 HGB, Rn. 260; WP-HB (2023), Rn. N 62).

 

Rn. 64

Stand: EL 41 – ET: 12/2023

Der AP ist gehalten, den Sachverhalt, der dem beabsichtigten Widerruf zugrunde liegt, mit den Vertretern des betroffenen UN zunächst zu erörtern (vgl. ADS (2000), § 322, Rn. 369; WP-HB (2023), Rn. N 72) und unter Berücksichtigung der u. U. erheblichen Auswirkungen des Widerrufs bzw. seiner Unterlassung sorgfältig zu prüfen (vgl. Beck Bil-Komm. (2022), § 322 HGB, Rn. 258). Auch die Einholung von rechtlichem Rat kann geboten sein (vgl. IDW PS 400 (2021), Rn. A96; überdies Bonner-HdR (2019), § 322 HGB, Rn. 64).

 

Rn. 65

Stand: EL 41 – ET: 12/2023

Der Widerruf unterliegt keinen Fristen, sollte aber so schnell wie möglich nach Kenntnisnahme des auslösenden Sachverhalts durch den AP gegenüber dem Auftraggeber schriftlich erklärt und begründet werden (vgl. ADS (2000), § 322, Rn. 369; IDW PS 400 (2021), Rn. 93, A96; WP-HB (2023), Rn. N 73). Weiterhin kann es notwendig sein, zusätzlich die Geschäftsführungs- und Aufsichtsgremien, sofern diese nicht Auftraggeber sind, sowie andere Adressaten des BV über den Widerruf in Kenntnis zu setzen (vgl. IDW PS 400 (2021), Rn. 93; überdies Haufe HGB-Komm. (2022), § 322, Rn. 179).

 

Rn. 66

Stand: EL 41 – ET: 12/2023

Nach der Widerrufserklärung durch den AP darf das geprüfte UN den BV und Prüfungsbericht nicht mehr verwenden (vgl. Beck Bil-Komm. (2022), § 322 HGB, Rn. 261; Haufe HGB-Komm. (2022), § 322, Rn. 177; WP-HB (2023), Rn. N 74). Dies gilt auch für den Fall, dass das geprüfte UN vom BV und Prüfungsbericht unter Hinweis auf den Widerruf weiterhin Gebrauch machen möchte respektive macht. Dies ist nicht zulässig; der AP ist im Falle einer widerrechtlichen Verwendung freilich von der Haftung für den widerrufenen BV gegenüber dem UN frei (vgl. nur ADS (20...

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