Rn. 20

Stand: EL 40 – ET: 09/2023

Wer nach anderen Gesetzen als den Steuergesetzen Bücher und Aufzeichnungen zu führen hat, die für die Besteuerung von Bedeutung sind, ist nach § 140 AO auch für Besteuerungszwecke hierzu verpflichtet (sog. derivative Buchführungspflicht). § 140 AO nimmt insbesondere auf die handelsrechtliche Buchführungspflicht, aber auch auf spezielle Aufzeichnungspflichten anderer Gesetze Bezug (vgl. Kussmaul/Meyering, DB 2008, S. 1445 (1446), m. w. N.). Die handelsrechtliche Buchführungspflicht löst damit zugleich die steuerliche Buchführungspflicht aus. Bei Inanspruchnahme des Wahlrechts gemäß § 241a entfällt hingegen auch die steuerliche Buchführungs- bzw. Aufzeichnungspflicht nach § 140 AO (vgl. Beck Bil-Komm. (2022), § 241a HGB, Rn. 14).

 

Rn. 21

Stand: EL 40 – ET: 09/2023

Liegen demgegenüber die Voraussetzungen des § 141 AO vor, besteht eine steuerrechtliche Pflicht, Bücher zu führen und Abschlüsse aufzustellen (sog. originäre steuerliche Buchführungspflicht). Dadurch werden Einzelkaufleute, die nicht bereits handelsrechtlich buchführungspflichtig sind, steuerlich zur Buchführung verpflichtet (vgl. Petersen/Zwirner (2009), Kap. III, S. 378 (380)). Auch wenn § 241a eine Annäherung an die Schwellenwerte des § 141 AO bezweckt und die Schwellenwerte gemäß § 241a betragsmäßig mit den in § 141 Abs. 1 Satz 1 AO genannten Grenzwerten übereinstimmen, sind beide Vorschriften nicht zwingend deckungsgleich. So verlangt § 241a Satz 1 für die Befreiung ein Unterschreiten der Schwellenwerte an den Abschlussstichtagen zweier aufeinander folgender GJ (vgl. aber auch HdR-E, HGB § 241a, Rn. 18), während § 141 AO das Unterschreiten der Schwellenwerte nur an einem Stichtag verlangt. Darüber hinaus stellen § 241a und § 141 AO hinsichtlich der Erfolgsgrenze auf unterschiedliche Größen ab (Jahresüberschuss versus Gewinn aus Gewerbebetrieb). Zudem gelten für die Umsatzgrenze unterschiedliche Beurteilungszeiträume (GJ versus Kalenderjahr; vgl. Herzig/Briesemeister, DB 2009, S. 926 (927)). Ein völliger Gleichlauf zwischen handels- und steuerrechtlicher Erleichterungsvorschrift besteht mithin nicht (vgl. Petersen/Zwirner (2009), Kap. III, S. 378 (381)). Gleichwohl dürfte in praxi die Zahl der Fälle, in denen es zu abweichenden Ergebnissen kommt, eher von untergeordneter Bedeutung sein (vgl. HB-BilMoG (2010), Kap. 2/1/1, S. 105 (110)).

 

Rn. 22

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Um die handelsrechtliche Regelung mit Blick auf die vom Gesetzgeber beabsichtigte Deregulierung einer kritischen Würdigung unterziehen zu können, muss zunächst auf die früher geltende Rechtslage Bezug genommen werden. Vor Inkrafttreten des § 241a unterlagen nicht im Handelsregister eingetragene Einzelkaufleute keiner Buchführungspflicht, sofern sie nicht über einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb verfügten. Die in diesem Zusammenhang vorzunehmende Beurteilung von Art und Umfang des Geschäftsbetriebs war von den Gegebenheiten des jeweiligen Einzelfalls abhängig; allg. anerkannte quantitative Schwellenwerte existierten nicht (vgl. mit Beispielen Petersen/Zwirner (2009), Kap. III, S. 378 (379f.), m. w. N.). Steuerrechtlich konnte hingegen bei diesen Gewerbetreibenden durchaus eine originäre steuerliche Buchführungspflicht bestehen, und zwar dann, wenn die Grenzwerte gemäß § 141 AO überschritten wurden (vgl. Petersen/Zwirner (2009), Kap. III, S. 378 (382)). Vor diesem Hintergrund ist die Regelung in § 241a insoweit positiv zu beurteilen, als sie durch Bezugnahme auf bekannte quantitative Faktoren zu einer eindeutigen Abgrenzung des Kreises der nicht buchführungspflichtigen Gewerbetreibenden geführt und dadurch die bisherige rein qualitative Gesamtbeurteilung in Gestalt von Einzelfallentscheidungen abgelöst hat. Im Ergebnis dürfen die betreffenden UN eine EÜR erstellen, worin eine deutliche Entlastung gesehen wird, da die EÜR im Vergleich zum JA in der praktischen Handhabung deutlich einfacher und mit Blick auf die Beratungshonorare wesentlich kostengünstiger ist (vgl. Petersen/Zwirner (2009), Kap. III, S. 378 (382), m. w. N.).

 

Rn. 23

Stand: EL 40 – ET: 09/2023

Relativierend ist jedoch zu berücksichtigen, dass der Kreis der Buchführungspflichtigen durch die handelsrechtliche Kodifikation allenfalls unwesentlich verkleinert wurde, zumal die Grenzwerte gemäß § 241a i.W. denen in § 141 Abs. 1 Satz 1 AO entsprechen (vgl. Petersen/Zwirner (2009), Kap. III, S. 378 (382)). Begünstigt werden durch die handelsrechtliche Regelung mithin bislang nicht als Kleingewerbetreibende eingestufte Einzelkaufleute, sofern sie nicht mehr als 600.000 EUR Umsatzerlöse und 60.000 EUR Jahresüberschuss erzielen. Die mit besagter Vorschrift beabsichtigte umfassende Deregulierung der handelsrechtlichen Buchführungs- und Bilanzierungspflichten für Einzelkaufleute wird damit lediglich ansatzweise erreicht.

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