Rn. 33

Stand: EL 38 – ET: 01/2023

Durch das Antragsrecht einer Aktionärsminderheit gemäß § 315 AktG wird das Recht der HV der abhängigen Gesellschaft, ihrerseits eine Sonderprüfung nach § 142 AktG einzuleiten, nicht berührt (h. M.; vgl. MünchKomm. AktG (2020), § 315, Rn. 35; Noack, WPg 1994, S. 225 (235); AktG-GroßKomm. (1975), § 315, Rn. 8). Weil das herrschende UN dort regelmäßig über die Stimmenmehrheit verfügt, wäre es denkbar, dass unter seinem Einfluss ein nicht hinreichend geeigneter oder nicht unabhängiger Sonderprüfer bestellt wird. Dem versucht das Gesetz dadurch vorzubeugen, dass es – anders als i. R.d. allg. Sonderprüfung (vgl. § 142 Abs. 4 Satz 1 AktG) – jedem einzelnen (vgl. dazu HdR-E, AktG § 315, Rn. 9ff.) Aktionär das Recht zubilligt, die Bestellung eines anderen Sonderprüfers zu erwirken (vgl. zu diesem Zusammenhang Hüffer-AktG (2022), § 315, Rn. 5; KK-AktG (2004), § 315, Rn. 13).

 

Rn. 34

Stand: EL 38 – ET: 01/2023

Der Prüfungsauftrag des neuen Sonderprüfers kann auch ein erweiterter sein (vgl. MünchKomm. AktG (2020), § 315, Rn. 38). Insoweit erweist sich in der tatbestandlichen Fassung das Merkmal "zur Prüfung derselben Vorgänge" als wenig glücklich gewählt: Da das allg. Enquêterecht gemäß § 142 AktG notwendigerweise auf bestimmte Einzelvorgänge zugeschnitten ist, die konzernrechtliche Sonderprüfung aber die gesamten geschäftlichen Beziehungen zu verbundenen UN zu erfassen vermag, könnte die HV-Mehrheit darauf bedacht sein, das Prüfungsthema durch einen selektiven Prüfungsauftrag einzuengen. Um derartigen Bestrebungen entgegenzutreten, ist es als statthaft anzusehen, dass außenstehende Aktionäre den gegenständlich begrenzten Prüfungsauftrag der HV durch einen Antrag nach § 315 Satz 1 oder 2 AktG auf die gesamten Beziehungen zu verbundenen UN ausdehnen. Voraussetzung einer Ausdehnung ist allerdings die Erfüllung der in § 315 Satz 1f. AktG genannten Voraussetzungen (vgl. KonzernR (2022), § 315 AktG, Rn. 22; Hüffer-AktG (2022), § 315, Rn. 6; MünchKomm. AktG (2020), § 315, Rn. 38; Noack, WPg 1994, S. 225 (236)). Ob dies gewollt oder nur die Auswechslung eines Sonderprüfers beantragt ist, muss das angerufene Gericht durch Auslegung des Antrags oder Rückfrage bei den Antragstellern klären (vgl. ausführlich dazu MünchKomm. AktG (2020), § 315, Rn. 38; ebenso KK-AktG (2004), § 315, Rn. 13).

 

Rn. 35

Stand: EL 38 – ET: 01/2023

Der Antrag eines Aktionärs nach § 315 Satz 6 AktG ist begründet, wenn eine Auswechslung des Sonderprüfers aus einem in seiner Person liegenden Grund geboten erscheint (vgl. KonzernR (2022), § 315 AktG, Rn. 20; Hüffer-AktG (2022), § 315, Rn. 5). § 142 Abs. 4 Satz 1 AktG nennt beispielhaft mangelnde Sachkenntnis, Bedenken gegen die Zuverlässigkeit oder Besorgnis der Befangenheit. Letztere erlangt i. R.d. konzernrechtlichen Sonderprüfung besondere Bedeutung (vgl. zutreffend AktG-GroßKomm. (1975), § 315, Rn. 8). Allerdings dürfte es zu weit gehen, die Besorgnis der Befangenheit bereits dann zu bejahen, wenn der Sonderprüfer mit der HV-Mehrheit des herrschenden UN bestellt worden ist (vgl. so tendenziell Godin/Wilhelmi (1971), § 315 AktG, Rn. 6, allerdings mit Einschränkungen). Das Vorliegen irgendwelcher Beziehungen zwischen Prüfer und herrschendem UN bedarf jedoch im Einzelfall einer besonders sorgfältigen Untersuchung. Lässt sich insoweit ein gewisses Näheverhältnis belegen, wird man die Besorgnis der Nichtintegrität im Zweifel zu bejahen haben.

 

Rn. 36

Stand: EL 38 – ET: 01/2023

Eine Beschränkung der Antragsbefugnis nach § 315 Satz 6 AktG unter Berücksichtigung der Voraussetzungen des § 315 Satz 1f. AktG (vgl. so HB-GesR (2020/IV), § 70, Rn. 126: Redaktionsversehen) verkennt, dass bereits vor Einfügung des § 315 Satz 2 AktG der Antrag auf Auswechslung eines Sonderprüfers gemäß dem jetzigen § 315 Satz 6 AktG lediglich die Voraussetzungen des § 142 Abs. 4 AktG erforderte und insbesondere die Bestellungsgründe des § 315 Satz 1 AktG nicht vorliegen mussten. Darüber hinaus zu fordern, dass außerhalb der Bestellungsgründe des § 315 Satz 1 AktG die Voraussetzungen des § 315 Satz 2 AktG erfüllt sein müssen, wird der Intention des Gesetzgebers, die Sonderprüfung zu erleichtern, nicht gerecht (vgl. ebenso MünchKomm. AktG (2020), § 315, Rn. 36; KonzernR (2022), § 315 AktG, Rn. 21; Hölters-AktG (2022), § 315, Rn. 28).

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