Rn. 39

Stand: EL 32 – ET: 06/2021

Von besonderer Problematik ist die Frage, ob bei der Bilanzierung von Vermögensübertragungen im Schnittpunkt zweier GJ vom Grundsatz der Wertansatzidentität ausnahmsweise abgewichen werden darf. Bejahendenfalls könnte ein zum GJ-Wechsel wirksamer Vermögensübergang in den jeweiligen Eröffnungsbuchungen des übernehmenden und übertragenden UN zu Beginn des neuen GJ Berücksichtigung finden. Voraussetzung für ein solches Vorgehen wäre jedoch, dass derart terminierte Übertragungsvorgänge keinem GJ zurechenbar sind. Die BFH-Rspr. hält solche Übertragungsvorgänge – wenn auch unter Würdigung aller Umstände – im Einzelfall für möglich. Schließlich könne die "Überlegung [...], die Schlußbilanz des Vorjahres müsse identisch sein mit der Anfangsbilanz des Folgejahres, [...] nicht dazu führen, daß eine am 31. Dezember noch bestehende Beteiligung [im Fall ihrer Übertragung zum Jahreswechsel, d.Verf.] notwendigerweise auch am 1. Januar ausgewiesen werden müßte" (BFH, Urteil vom 02.05.1974, IV R 47/73, BStBl. II 1974, S. 701 (709), betreffend die Übertragung einer Kommanditbeteiligung mit Ablauf des 31. Dezember). Demzufolge werde beim Austritt eines Kommanditisten mit Ablauf des 31. Dezember dessen Kommanditeinlage i. d. R. "noch in der Schlußbilanz zum 31. Dezember aufgeführt, nicht mehr aber in der Anfangsbilanz zum 1. Januar" (BFH, Urteil vom 02.05.1974, IV R 47/73, BStBl. II 1974, S. 701 (709)).

 

Rn. 40

Stand: EL 32 – ET: 06/2021

Aus handelsrechtlicher Sicht, und dies gilt mit Bezug auf § 5 Abs. 1 EStG auch für die Besteuerung, ist grds. davon auszugehen, dass sich Geschäftsvorfälle im Verlauf von GJ vollziehen. Der in § 252 Abs. 1 Nr. 1 normierte Grundsatz der Wertansatzidentität hat gerade die Funktion zu verhindern, dass Geschäftsvorfälle zwischen zwei aufeinander folgende GJ verlegt und somit der GJ-bezogenen RL entzogen werden. Ist ein an der Nahtstelle zwischen zwei GJ vollzogener Geschäftsvorfall in der Schlussbilanz des vorangehenden GJ noch nicht erfasst, so ist er im Folgejahr zu erfassen. In der handelsrechtlichen RL, die dem Einblick in die VFE-Lage (vgl. § 264 Abs. 2 Satz 1) und damit in umfassender Weise der Vergleichbarkeit der JA verpflichtet ist, verstießen Geschäftsvorfälle gewissermaßen in dem ­juristischen Augenblick zwischen den GJ grds. gegen den RL-Zweck. Eine unterlassene Periodenzuordnung von Geschäftsvorfällen verzerrt insbesondere

(1) den zutreffenden Ausweis des Periodenerfolgs, sofern es sich um erfolgswirksame Geschäftsvorfälle handelt,
(2) die periodengerechte Darstellung im Anlagespiegel, sofern es sich um Positionen des AV handelt (vgl. § 284 Abs. 3; sodann ADS (1995), § 252, Rn. 18),
(3) die periodengerechte Darstellung im EK-Spiegel, sofern es sich um Positionen des EK handelt (vgl. § 272; § 158 Abs. 1 AktG; der in § 264 Abs. 2 Satz 1 verlangte Einblick in die VFE-Lage erfordert einen gleich aussagefähigen Ausweis auch für die GmbH) und
(4) die zutreffende Darstellung des Geschäftsverlaufs und anderer Teilberichte des Lageberichts, sofern es sich um berichtspflichtige Ereignisse i. R.d. Lageberichterstattung handelt (vgl. §§ 289ff., 315ff.).
 

Rn. 41

Stand: EL 32 – ET: 06/2021

Möglicherweise könnten sich auch Verzerrungen in der KFR ergeben, wenn die indirekte Ermittlungsmethode angewendet wird und die Beständedifferenzenbilanz betroffen wäre. Einschränkend muss jedoch berücksichtigt werden, dass bestimmte Kaufleute und Gesellschaften nicht unter die Regelung des § 264a fallen, keinen Anlagespiegel (vgl. § 284 Abs. 3 Satz 1) und keinen Lagebericht erstellen müssen und auch nicht zum gesonderten Ausweis von Rücklagenveränderungen gezwungen sind (vgl. jedoch die Sonderregelungen nach dem PublG). Darüber hinaus bleibt festzuhalten, dass sie – sofern sie nicht kap.-markt­orientiert sind und keinen KA aufstellen müssen – auch keine Kapitalflussrechnung und keinen EK-Spiegel erstellen müssen (vgl. § 264 Abs. 1 Satz 2).

 

Rn. 42

Stand: EL 32 – ET: 06/2021

Die Periodenzuordnung von Geschäftsvorfällen richtet sich allein nach wirtschaftlichen Aspekten, z. B. nach dem Übergang des wirtschaftlichen Eigentums. Bei der Würdigung dieses Übergangs können die Vertragsformulierungen hilfreich sein. Bspw. ist bei einer "Übertragung mit Wirkung vom 31.12.-24:00 Uhr" der Geschäftsvorfall noch im abgelaufenen GJ zu erfassen, bei einem "Übergang mit Wirkung vom 01.01.-0:00 Uhr" erst im neuen GJ (vgl. auch H/H/R (2019), § 16 EStG, Rn. 402). Die Formulierung allein kann freilich nicht ausschlaggebend sein. Im Einzelfall müssen sämtliche den Übergang kennzeichnenden Umstände beachtet werden (vgl. auch FG Köln, Urteil vom 28.04.1981, XII 283/78 F, EFG 1982, S. 80 (81)).

 

Rn. 43

Stand: EL 32 – ET: 06/2021

Eine Ausnahme von der Abrechnungsperiodenzuordnung von Geschäftsvorfällen und dem damit verbundenen bilanziellen Grundsatz der Wertansatzidentität nach § 252 Abs. 1 Nr. 1 kommt im Hinblick auf § 252 Abs. 2 nur in begründeten Fällen in Betracht. Als Gründe für Abweichungen nach § 252 Abs. 2 wer...

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