Rn. 3

Stand: EL 37 – ET: 09/2022

§ 270 ist insoweit eindeutig, als von der Aufstellung der Bilanz gesprochen wird. Es ergibt sich daher die Frage, was als Aufstellung der Bilanz anzusehen ist.

Zum einen kann als Aufstellung das technische Erstellen der Bilanz gemeint sein. I.d.S. wäre die Aufstellung in dem Moment abgeschlossen, in dem die Bilanz formal in Über­einstimmung mit den Bilanzierungsvorschriften erstellt worden wäre. Auf der anderen Seite ist es denkbar, den Aufstellungsprozess dann als beendet anzusehen, wenn der JA durch das dafür vorgesehene Organ festgestellt ist. Mit dem Feststellungsakt wird der JA und somit die Bilanz in der vorliegenden Form gebilligt. Ein gebilligter, d. h. also festgestellter JA kann grds. nicht mehr geändert werden. Ist der JA erstellt, jedoch noch nicht festgestellt, so können Änderungen des JA ohne Weiteres vorgenommen werden. Solche Änderungen sind als Bestandteil des Aufstellungsprozesses anzusehen. Aus diesem Grund sollte der Aufstellungsprozess als beendet angesehen werden, wenn eine Änderung des JA grds. nicht mehr möglich ist, da nur bei diesem Kriterium eine zweifelsfreie Entscheidung hinsichtlich der Beendigung des Aufstellungsprozesses für jeden Einzelfall möglich erscheint.

 

Rn. 4

Stand: EL 37 – ET: 09/2022

Dem steht auch nicht entgegen, dass an einigen Stellen des Gesetzes deutlich zwischen Aufstellung und Feststellung des JA unterschieden und so der Eindruck vermittelt wird, dass der Aufstellungsprozess auch ohne Bezug zum Feststellungsakt operational abgegrenzt werden könnte. Gemäß § 170 Abs. 1 Satz 1 AktG hat der Vorstand dem AR den JA und den Lagebericht unverzüglich nach ihrer Aufstellung vorzulegen (vgl. analog § 42a Abs. 1 Satz 1 GmbHG). Solange der JA jedoch noch nicht festgestellt ist, sind Änderungen jederzeit möglich, so dass auch hier eigentlich entgegen dem Wortlaut des Gesetzes nicht von einer endgültigen Beendigung des Aufstellungsprozesses ausgegangen werden kann.

 

Rn. 5

Stand: EL 37 – ET: 09/2022

Die Zuständigkeit bezüglich der Veränderung der Rücklagen hängt demnach von den Einwirkungsmöglichkeiten bis zum Abschluss des Feststellungsakts ab. In jedem Fall sind danach die gesetzlichen Vertreter einer KapG für die Veränderung der Rücklagen i. R.d. gesetzlichen Auflagen und Beschränkungen zuständig, da sie gemäß § 264 Abs. 1 den JA aufzustellen haben.

Darüber hinaus hat die Gesellschafterversammlung bei einer GmbH (vgl. § 42a GmbHG) sowie bei einer eG (vgl. § 48 Abs. 1 GenG) Einwirkungsmöglichkeiten i. R.d. Feststellungsprozesses; die GmbH-Gesellschafterversammlung hat dabei aber z. B. § 29 GmbHG hinsichtlich der Gewinnverwendung zu beachten. Bei einer AG, KGaA bzw. SE ist die HV nur dann zuständig, wenn sie den JA feststellt, was nicht der gesetzliche Regelfall ist (vgl. §§ 172f. AktG), denn i. d. R. wird er durch Billigung des AR festgestellt (vgl. § 172 AktG), weshalb auch der AR zu Rücklagenveränderungen berechtigt ist.

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