Rn. 246

Stand: EL 11 – ET: 04/2011

Die in den §§ 230 bis 236 fragmentarisch geregelte stille Gesellschaft gehört als eine besondere Ausprägung der GbR zu den PersG i. S. d. § 705 BGB. Eine gesetzl. Definition der stillen Gesellschaft existiert nicht. Vielmehr konzentrieren sich die Regelungen der §§ 230 ff. auf einzelne Merkmale und Rechtsfolgen, die zudem teilw. abdingbar sind.

Die stille Gesellschaft entsteht durch Abschluss eines Gesellschaftsvertrags, kraft dessen sich der stille Gesellschafter mit einer Vermögenseinlage am Handelsgewerbe eines UN-Trägers beteiligt. Diese Einlage führt anders als bei den Handelsgesellschaften nicht zur Bildung eines gesamthänderisch gebundenen Gesellschaftsvermögens, sondern geht gegen Gewährung einer unabdingbaren Gewinnbeteiligung in das Vermögen des Inhabers des Handelsgewerbes über (vgl. § 230 Abs. 1 i. V. m. § 231 Abs. 1). Die Beteiligung des stillen Gesellschafters am Verlust kann demgegenüber gesellschaftsvertraglich ausgeschlossen werden.

 

Rn. 247

Stand: EL 11 – ET: 04/2011

Ihrer Rechtsnatur nach stellt die stille Gesellschaft eine reine Innengesellschaft dar, die nicht selbstständig im Rechtsverkehr in Erscheinung tritt und damit nicht Träger von Rechten und Pflichten sein kann (vgl. Hense, H. H. 1990, S. 10 ff.). Insbes. trifft sie keine Pflicht zur Erstellung eines eigenständigen JA (vgl. Döllerer, G. 1985, S. 295 f.). Die Geschäfte der Gesellschaft werden nach außen im Namen des Inhabers des Handelsgewerbes geschlossen, im Innenverhältnis dagegen auf gemeinsame Rechnung geführt (vgl. Blaurock, U. 2010, Rn. 4.10). Als Korrektiv zu der regelmäßig fehlenden Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis verfügt der stille Teilhaber über kommanditistengleiche Kontrollrechte, die nicht ausgeschlossen werden können (vgl. § 233).

 

Rn. 248

Stand: EL 11 – ET: 04/2011

Wird die stille Gesellschaft aufgelöst (vgl. zu den Auflösungsgründen Hense, H. H. 1990, S. 52 ff.), hat sich der Inhaber des Handelsgeschäfts ›mit dem stillen Gesellschafter auseinanderzusetzen und dessen Guthaben in Geld zu berichtigen‹ (§ 235 Abs. 1). Im Fall der Insolvenz des Geschäftsinhabers kann der Stille seine Einlage – soweit sie den Betrag des auf ihn entfallenden Verlustanteils übersteigt – als Insolvenzforderung geltend machen (vgl. § 236 Abs. 1). Insoweit wird er als Insolvenzgläubiger behandelt. Aus dieser Regelung wird gefolgert, dass es sich bei der stillen Gesellschaft nach dem gesetzl. Regelungsvorschlag um ein qualifiziertes Kreditverhältnis handelt (vgl. Schmidt, K. 2002, S. 1862; Westerfelhaus, H. 1988, S. 1175; Reusch, P. 1989, S. 2359). Vom partiarischen Darlehen unterscheidet sie sich – abgesehen von einer etwaigen Verlustbeteiligung des stillen Teilhabers – insbes. durch die gesellschaftsvertraglich vereinbarte Verfolgung eines gemeinsamen Zwecks. Das Vorliegen dieser Voraussetzung ist im Wege der Auslegung unter umfassender Würdigung aller Umstände des Einzelfalls zu prüfen (vgl. Blaurock, U. 2010, Rn. 8.32). Dabei kommt der Ausgestaltung des Innenverhältnisses, insbes. dem Umfang der dem Kap.-Geber eingeräumten Kontrollrechte, besondere Bedeutung zu (vgl. BFH-Urt. v. 08.03.1984, BStBl. II 1984, S. 623 ff.; Blaurock, U. 2010, Rn. 8.34 f.).

 

Rn. 249

Stand: EL 11 – ET: 04/2011

Die weitgehend dispositiven Regelungen für die stille Gesellschaft haben über den gesetzl. Idealtypus hinaus eine breite Typenvielfalt hervorgebracht. Weicht die Ausgestaltung einer stillen Gesellschaft vom gesetzl. Regelungsvorschlag ab, liegt eine atypische stille Gesellschaft vor. Üblicherweise werden dabei eine Beteiligung des stillen Teilhabers am UN-Vermögen und/oder eine Übertragung von Geschäftsführungsbefugnissen vereinbart (vgl. ­Hense, H. H. 1990, S. 17 ff.; Schmidt, K. 2002, S. 1847 ff.). Wichtiger als im HR ist die Unterscheidung zwischen typischer und atypischer stiller Gesellschaft im StR: Während der typische stille Gesellschafter Einkünfte aus Kap.-Vermögen erzielt, wird der atypische stille Gesellschafter vielfach als Mitunternehmer angesehen und den Gesellschaftern einer OHG bzw. KG gleichgestellt. Als Indizien für das Vorliegen einer Mitunternehmerschaft gelten i. W. das Ausüben von Mitunternehmerinitiative sowie das Tragen eines Teils des Unternehmerrisikos, wobei im Einzelfall das eine oder andere Merkmal mehr oder weniger stark ausgeprägt sein kann (vgl. BFH-Urt. v. 27.05.1993, DB 1994, S. 125 ff.; Blaurock, U. 2010, Rn. 20.1 ff.; Döllerer, G. 1985, S. 295 ff.).

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