Rn. 100

Stand: EL 36 – ET: 06/2022

Geheimnis i. S. d. § 19 PublG ist eine nicht offenkundige Tatsache, die das UN betrifft und die es nicht offenbaren will. Zusätzlich bedarf es eines objektiven Geheimhaltungsinteresses (vgl. HdR-E, HGB § 333, Rn. 9ff.; BGH, Urteil vom 17.12.1981, XZR 71/80, NJW 1982, S. 937f.; Heymann (2020), § 333 HGB, Rn. 15; Scholz-GmbHG (2021), § 85, Rn. 14ff.; Beck Bil-Komm. (2022), § 333 HGB, Rn. 5f.; Haufe HGB-Komm. (2021), § 333, Rn. 13).

 

Rn. 101

Stand: EL 36 – ET: 06/2022

Offenkundige Tatsachen sind entweder bereits allg. bekannt oder so zugänglich, dass jeder daran Interessierte unter normalen Verhältnissen die Möglichkeit zur Kenntnisnahme hat (z. B. auch durch das Internet). Demgegenüber ist eine Tatsache dann nicht offenkundig, wenn sie nur einem eng beschränkten Personenkreis bekannt ist (vgl. HdR-E, HGB § 333, Rn. 9; Haufe HGB-Komm. (2021), § 333, Rn. 15). Ausschlaggebend ist ausschließlich die Anzahl der Personen, nicht die Zusammensetzung dieses Personenkreises. Eine Offenkundigkeit liegt noch nicht vor, wenn eine Tatsache nur einzelnen Kunden oder Lieferanten bekannt ist (vgl. RG, Urteil vom 02.07.1909, V 441/09, RGSt 42, S. 394 (396)).

 

Rn. 102

Stand: EL 36 – ET: 06/2022

Aus strafrechtlicher Sicht bedarf es indes einer Objektivierung durch ein anerkennenswertes Geheimhaltungsinteresse, da eine sachlich nicht gerechtfertigte "Geheimniskrämerei" keinen Schutz verdient (vgl. Beck Bil-Komm. (2022), § 333 HGB, Rn. 6). Von einem Geheimhaltungsinteresse ist stets dann auszugehen, "wenn der Gesellschaft durch Offenbarung [der entsprechenden Tatsachen, d.Verf.] materieller oder immaterieller Schaden droht" (Baumbach/Hueck (2017), § 85 GmbHG, Rn. 9; vgl. auch HdR-E, HGB § 333, Rn. 10). Ob es sich dabei um ein rechtlich schutzwürdiges Geheimhaltungsinteresse oder ein sitten- oder rechtswidriges Geheimnis handelt, ist nicht von Bedeutung (vgl. HdR-E, HGB § 333, Rn. 10; Scholz-GmbHG (2021), § 85, Rn. 24ff.; Baumbach/Hueck (2022), § 85 GmbHG, Rn. 7a; Heymann (2020), § 333 HGB, Rn. 17).

 

Rn. 103

Stand: EL 36 – ET: 06/2022

Erforderlich ist hingegen der Geheimhaltungswille des Geheimnisinhabers, d. h. die Absicht, andere von der Kenntnis einer Tatsache auszuschließen. Dieser Geheimhaltungswille muss nicht für jedes einzelne Geheimnis nachgewiesen werden. Es ist ausreichend, wenn ein objektives Geheimhaltungsinteresse besteht, ergo die Geheimhaltung grds. im Interesse des UN liegt (vgl. HdR-E, HGB § 333, Rn. 11; Haufe HGB-Komm. (2021), § 333, Rn. 18; Baumbach/Hueck (2017), § 85 GmbHG, Rn. 10f.).

 

Rn. 104

Stand: EL 36 – ET: 06/2022

Auch wenn seitens der UN-Vertreter ausdrücklich ein Geheimhaltungswille geäußert wurde, muss auch ein objektives Interesse an der Geheimhaltung bestehen. Der Geheimhaltungswille endet erst durch die ausdrückliche oder konkludente Erklärung eines Offenbarungswillens (vgl. Heymann (2020), § 333 HGB, Rn. 19), der durch die gesetzlichen Vertreter des UN – ggf. unter Berücksichtigung ihrer Aufgabenbereiche – geäußert werden muss. Nach einer pflicht- bzw. ordnungsgemäßen Offenbarung ist die Tatsache kein Geheimnis mehr (vgl. HdR-E, HGB § 333, Rn. 12). Durch eine pflichtwidrige Offenbarung hingegen bleibt der Geheimnischarakter der Tatsache bestehen (vgl. Baumbach/Hueck (2022), § 85 GmbHG, Rn. 12ff.), es sei denn, durch die pflichtwidrige Offenbarung ist die Tatsache allg. bekannt geworden (vgl. Heymann (2020), § 333 HGB, Rn. 21).

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