Rn. 1

Stand: EL 37 – ET: 09/2022

§ 270, der sowohl für KapG und haftungsbeschränkte PersG (i. S. d. § 264a) als auch dem Grunde nach dem PublG unterliegende UN (vgl. § 5 Abs. 1 PublG; Beck Bil-Komm. (2022), § 270 HGB, Rn. 21) einschlägig ist, übernimmt vom Grundsatz her den früheren § 151 Abs. 4 Satz 2 AktG 1965 (vgl. BT-Drs. 10/317, S. 80), wobei jedoch Anpassungen an die nach gegenwärtigem Bilanzrecht im EK-Bereich gültigen Begriffe "Kap.-Rücklage" und "Gewinnrücklagen" erfolgt sind. § 270 hat klarstellenden Charakter für die bilanzielle Behandlung einiger bestimmter Sachverhalte. Zum einen wird der Zeitpunkt der bilanziellen Erfassung von Sachverhalten, deren Klassifizierung als Ergebnisentstehung bzw. Ergebnisverwendung nicht eindeutig ist, geregelt (vgl. § 270 Abs. 1). Zum anderen wird zwingend vorgeschrieben, dass die Ausübung des Ausweiswahlrechts nach § 268 Abs. 1 in bestimmten Fällen einheitlich zu erfolgen hat. Eine weitere Bedeutung dieser Vorschrift dürfte in Anlehnung an § 151 Abs. 4 Satz 2 AktG (a. F.) darin liegen, dass sie die Zuständigkeit, über Veränderungen der Rücklagen zu entscheiden bzw. zwingende Veränderungen vorzunehmen, dem Organ (respektive den Organen) überträgt, das (bzw. die) die Bilanz aufstellt (bzw. aufstellen) (vgl. MünchKomm. AktG (1973), § 151, Rn. 115). Hierbei ist selbstverständlich davon auszugehen, dass Sachverhalte, die zu einer Veränderung der Rücklagen führen, auch tatsächlich realisiert worden sind.

 

Rn. 2

Stand: EL 37 – ET: 09/2022

Dies bedeutet, dass nach Beendigung des Prozesses der Bilanzaufstellung keine Veränderungen der Rücklagen mehr für das GJ, über das mit der Bilanz Rechnung gelegt wird, vorgenommen bzw. berücksichtigt werden können. Aus diesem Grund kann (bzw. können) nur das Organ (bzw. die Organe), das (bzw. die) bis zum Abschluss der Bilanzaufstellung im Hinblick auf die Bilanzierung tätig wird (bzw. werden), über Veränderungen der Rücklagen entscheiden und diese im aufzustellenden JA bereits berücksichtigen. Dies gilt nicht in den Fällen, in denen aufgrund ausdrücklicher gesetzlicher Vorschrift, einer Satzungsbestimmung oder eines Beschlusses des feststellungsberechtigten Organs einem anderen Organ die Kompetenz bezüglich der Rücklagenveränderung übertragen worden ist.

§ 270 ist nicht lediglich dergestalt zu verstehen, dass festgelegt wird, wer "buchtechnisch" die Veränderung in der Bilanz vornehmen darf, sondern vielmehr dahin gehend, dass kodifiziert wird, wer materiell über die Veränderung dieses Postens bei der Aufstellung des anstehenden JA entscheiden darf. Insoweit ist § 270 i. V. m. § 29 GmbHG sowie den §§ 58, 150 AktG zu sehen. Diese Vorschrift regelt allerdings nicht eine möglicherweise gegebene Kompetenz eines anderen Organs, über nachträgliche Veränderungen der Rücklagen zu entscheiden (vgl. i. d. S. auch HdR-E, GmbHG §§ 29, 46, ebenso wie HdR-E, AktG §§ 58, 150, 173f.). Solche nachträglichen Veränderungen können nicht mehr in der aufgestellten Bilanz erfasst werden, sondern lediglich in der Bilanz, mit der über das betreffende GJ Rechnung gelegt wird. Eine Ausnahme hiervon ist nur dann gegeben, wenn dies gleichzeitig die Möglichkeit einer Bilanzänderung eröffnet.

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