Rn. 301

Stand: EL 36 – ET: 06/2022

Das Institut der Ausschüttungssperre schränkt als lex specialis die nach gesellschaftsrechtlichen Regelungen zulässigen Gewinnausschüttungen (vgl. §§ 57 Abs. 3, 174 AktG; § 29 Abs. 1 GmbHG) oder aber Entnahmen ein, führt jedoch speziell bei AG, KGaA und SE nicht zu Änderungen hinsichtlich der Thesaurierungskompetenz der Verwaltung. Ausgehend vom Jahresergebnis, gemindert um einen Verlustvortrag, nicht jedoch um ausschüttungsgesperrte Beträge, sind zunächst die gesetzliche sowie eine etwaige satzungsmäßige Rücklage zu dotieren (vgl. § 58 Abs. 1 AktG). Auch eine mögliche – vor Berücksichtigung der satzungsmäßigen Rücklage vorzunehmende – Dotierung der Rücklage für Anteile an einem herrschenden oder mit Mehrheit beteiligten UN (vgl. § 272 Abs. 4) erfolgt ohne Einfluss von Ausschüttungssperrbeträgen. Ein ausschüttungsgesperrter Teilbetrag des Jahresüberschusses ist daher unabhängig vom konkreten Verwendungsvorschlag grds. auf die Thesaurierungskompetenz der Verwaltung anzurechnen (vgl. Gelhausen/Althoff, WPg 2009, S. 584 (589)). Die Vorgehensweise illustriert nachstehendes Beispiel.

 

Rn. 302

Stand: EL 36 – ET: 06/2022

 

Beispiel:

Ausgangssituation:

  • Freie Rücklagen: 5 GE;
  • Verlustvortrag: 20 GE;
  • Jahresüberschuss: 200 GE;
  • AK für Anteile an einem herrschenden oder mit Mehrheit beteiligten UN: 10 GE;
  • satzungsmäßige Rücklagenzuführung bis zu 50 % möglich (soll erfolgen);
  • ausschüttungsgesperrter Betrag: 50 GE.

Hieraus wären folgende Konsequenzen für die Dotierung der Rücklagen zu ziehen:

  • Einstellung in die gesetzliche Rücklage: 5 % von 180 (200 ./. 20) = 9 GE.
  • Dotierung der Rücklage für Anteile an einem herrschenden oder mit Mehrheit beteiligten UN: 5 (freie Rücklage) + 5 (Jahresergebnis) = 10 GE.
  • Einstellung in die satzungsmäßige Rücklage: 50 % von 166 (200 ./. 20 ./. 9 ./. 5) = 83 GE.

Im Ergebnis übersteigt der Betrag der frei verfügbaren Rücklagen (83 GE) den ausschüttungsgesperrten Betrag von 50 GE, so dass der verbleibende Bilanzgewinn von 83 GE der Gewinnverwendungsentscheidung der HV unterliegt.

Beliefe sich abweichend dazu der ausschüttungsgesperrte Betrag auf 100 GE, so unterläge der Bilanzgewinn von 83 GE einer Ausschüttungsbegrenzung i. H. v. 66 GE (= 83 ./. [100 ./. 83]); die HV könnte lediglich über eine Ausschüttung i. H. v. 66 GE beschließen. Dabei könnte der Restbetrag von 17 GE vorgetragen oder durch Beschluss der HV in die anderen Gewinnrücklagen eingestellt werden. Bei einer Einstellung in die Gewinnrücklagen wäre zu beachten, dass aktienrechtlich keine Grundlage besteht, aufgrund derer eine Entnahmekompetenz der Aktionäre in den Folgeperioden hergeleitet werden könnte. Im GmbH-Recht stellt sich diese Problematik – unbeschadet des § 30 GmbHG – nicht, zumal die Gesellschafter grds. auch auf die in VJ gebildeten, frei gewordenen Rücklagen zugreifen können. Die Kompetenz der Verwaltung, den ausschüttungsgesperrten Betrag vorab in die Gewinnrücklagen einzustellen, kann hingegen gesetzlich nicht hergeleitet werden.

 

Rn. 303

Stand: EL 36 – ET: 06/2022

vorläufig frei

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