Rn. 38

Stand: EL 41 – ET: 12/2023

Der AP hat seine Erklärung nach § 322 Abs. 3 Satz 1 einzuschränken oder zu versagen, wenn Einwendungen zu erheben sind (vgl. § 322 Abs. 4 Satz 1). Der BV ist zu versagen, wenn aufgrund der zu erhebenden Einwendungen ein Positivbefund zur RL insgesamt nicht mehr möglich ist ((nicht positive Gesamtaussage); vgl. § 322 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3; Lück (1999), S. 191; Kropff, in: FS Havermann (1995), S. 321 (334); Pfitzer, in: LdRA (1998), S. 102 (105); KK-RLR (2011), § 322 HGB, Rn. 52; Beck Bil-Komm. (2022), § 322 HGB, Rn. 193ff.; Haufe HGB-Komm. (2022), § 322, Rn. 88; WP-HB (2023), Rn. M 1133ff.). Dies ist gegeben, wenn der AP "nach Erlangung ausreichender geeigneter Prüfungsnachweise zu dem Schluss gelangt, dass Einwendungen gegen den Abschluss, den Lagebericht bzw. einen sonstigen Prüfungsgegenstand nicht nur wesentlich, sondern auch umfassend sind" (IDW PS 405 (2021), Rn. 12; vgl. zu dem Begriff "umfassend" die Erläuterungen in IDW PS 405 (2021), Rn. 7 lit. i)).

 

Rn. 38a

Stand: EL 41 – ET: 12/2023

Ein Versagungsvermerk ist insofern angezeigt, wenn wesentliche Beanstandungen am HGB-JA, IFRS-EA i. S. v. § 325 Abs. 2a oder KA bestehen, die sich auf diesen als ganzen auswirken und so bedeutend oder zahlreich sind, dass nach der Beurteilung des AP eine Einschränkung des BV nicht mehr angemessen ist, um die missverständliche oder unvollständige Darstellung im Abschluss zu verdeutlichen (vgl. Haufe HGB-Komm. (2022), § 322, Rn. 88; WP-HB (2023), Rn. M 1133). Ausschlaggebend ist somit das Vorliegen wesentlicher Verstöße oder Mängel (in Teilbereichen), die von umfassender Bedeutung sind, oder das Vorliegen von mehreren Verstößen, von denen jeder einzelne bei einer Einzelbetrachtung schon eine Einschränkung rechtfertigt, aber in der vom AP vorzunehmenden Gesamtbeurteilung eine Einschränkung nicht mehr ausreichend erscheint (vgl. Beck Bil-Komm. (2022), § 322 HGB, Rn. 194).

 

Rn. 38b

Stand: EL 41 – ET: 12/2023

Der BV muss ebenso versagt werden, wenn erhebliche Prüfungshemmnisse vorliegen und der AP nach Ausschöpfung aller angemessenen, d. h. rechtlich möglichen und wirtschaftlich vertretbaren, Möglichkeiten zur Klärung des(r) Sachverhalts(e) nicht in der Lage ist, zu einem – ggf. eingeschränkten – Prüfungsurteil mit positiver Gesamtaussage über den HGB-JA, IFRS-EA i. S. v. § 325 Abs. 2a oder KA zu gelangen (vgl. § 322 Abs. 5 Satz 1 i. V. m. Abs. 2 Satz 1 Nr. 4; fernerhin Beck Bil-Komm. (2022), § 322 HGB, Rn. 199ff.; Haufe HGB-Komm. (2022), § 322, Rn. 94ff.; WP-HB (2023), Rn. M 1137). Sind also die möglichen Auswirkungen von Prüfungshemmnissen nicht nur wesentlich, sondern könnten diese auch umfassend sein, ist nach § 322 Abs. 5 Satz 1 vom AP die Nichtabgabe eines Prüfungsurteils zu erklären (vgl. NK-AP (2022), § 322 HGB, Rn. 19; Beck Bil-Komm. (2022), § 322 HGB, Rn. 199; Haufe HGB-Komm. (2022), § 322, Rn. 96), die nach HGB bei formaler Betrachtung einem Versagungsvermerk gleichkommt (vgl. nur WP-HB (2023), Rn. M 1137). Dadurch wird die rechtliche Folgewirkung einer Feststellungssperre (vgl. hierzu HdR-E, HGB § 322, Rn. 8) vermieden (vgl. ebenso NK-AP (2022), § 322 HGB, Rn. 19; WP-HB (2023), Rn. M 1137).

 

Rn. 38c

Stand: EL 41 – ET: 12/2023

Die ursächlichen Sachverhalte für wesentliche respektive umfassende Beanstandungen und Prüfungshemmnisse sind demnach für die Einschränkung und Versagung weitgehend identisch (vgl. hierzu HdR-E, HGB § 322, Rn. 34). Lediglich die Bedeutung, Zahl und Wirkungen der Mängel führen zu den unterschiedlichen Prüfungsurteilen (vgl. dahingehend KK-RLR (2011), § 322 HGB, Rn. 45ff., 54). Beispielhafte Anwendungsfälle, bei denen ein Versagungsvermerk in Betracht kommen könnte, können sein (vgl. Beck Bil-Komm. (2022), § 322 HGB, Rn. 194; Haufe HGB-Komm. (2022), § 322, Rn. 91):

  • Buchführung: Wesentliche nicht behebbare Mängel mit umfassender Auswirkung auf den Abschluss, wie bspw. die unvollständige oder falsche Erfassung von wichtigen Geschäftsvorfällen;
  • Gliederungsvorschriften: Versagung nur, wenn durch die Vielzahl der Mängel die Klarheit und Übersichtlichkeit des Abschlusses (vgl. §§ 238 Abs. 1 Satz 2, 243 Abs. 2) insgesamt nicht mehr gegeben ist;
  • Ansatz- und Bewertungsvorschriften: Erhebliche Überbewertung bei Aktivpositionen oder Unterbewertung respektive Nichtansatz von Passivpositionen (vgl. §§ 252 Abs. 1 Nr. 4, 253 Abs. 1 Satz 1f.) mit gravierenden Auswirkungen auf das Bilanzergebnis;
  • Fortführungsprognose: Aufstellung des Abschlusses unter der Annahme der Fortführung der UN-Tätigkeit (vgl. § 252 Abs. 1 Nr. 2), obwohl diese unstreitig nicht (mehr) gegeben ist (vgl. IDW PS 270 (2021), Rn. 29);
  • Vollständigkeitserklärung: Weigerung der gesetzlichen Vertreter, diese gegenüber dem AP abzugeben, oder Einschätzung des AP bei Abgabe derselben, dass diese nicht verlässlich ist (vgl. IDW PS 303 (2009), Rn. 27).
 

Rn. 39

Stand: EL 41 – ET: 12/2023

Beziehen sich die Einwendungen auf Sachverhalte, die nach § 256 AktG die Nichtigkeit des JA (vgl. hierzu auch HdR-E, HGB § 322, Rn. 8c, 63) zur Fol...

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