Rn. 216

Stand: EL 19 – ET: 05/2014

(1) Arbeitsverhältnisse: Die Bildung von Drohverlustrückstellungen bei Arbeitsverhält­nissen wird teilweise abgelehnt, weil sie eine unter dem Aspekt der Menschenwürde problematische Bewertung menschlicher Arbeit erfordert (vgl. Groh, M. 1991, S. 79; Knobbe-Keuk, B. 1993, S. 150). Bilanzrechtl. lässt sich diese Sonderbehandlung nicht begründen. Sie entspricht auch nicht der Rspr. des BFH, der eine Drohverlustrückstellung als geboten erachtet hat, wenn ein "Arbeitsverhältnis den Betrieb in einem ungewöhnlichen Maße belastet, weil der Arbeitnehmer keinen oder keinen nennenswerten Erfolgsbeitrag mehr erbringt" (BFH-Urt. v. 25.02.1986, BStBl. II 1986, S. 467).
 

Rn. 217

Stand: EL 19 – ET: 05/2014

  Scheidet sonach eine Sonderbehandlung von Arbeitsverhältnissen aus, ist eine Drohverlustrückstellung namentlich für Berufsausbildungsverträge in Betracht zu ziehen. Bei diesen bleibt der Wert der Arbeitsleistung des Auszubildenden erfahrungsgem. deutlich hinter dem Wert der sich aus dem Vertrag ergebenden Leistungspflichten des Ausbildenden zurück. Die mit der Ausbildung erhofften anderweitigen Vorteile (z. B. Schaffung eines Potenzials an ausgebildeten Fachkräften, Sicherung oder Erhöhung des Ansehens in der Öffentlichkeit) dürfen bei der bilanziellen Bewertung des Vertrags keine Berücksichtigung finden (a. A. Schreiber, U./Rupp, R. 1981, S. 92ff.; Hoffmann/Lüdenbach 2014, § 249, Rn. 88). Sie gehen in den nicht bilanzierungsfähigen GoF ein (vgl. ­Küting, K./Kessler, H. 1993, S. 1045ff.; für eine Rückstellungsbildung nur bei einer aus arbeitsmarkt- oder sozialpolitischen Gründen erfolgenden Überausbildung ADS 1995, § 249, Rn. 159, m. w. N.; Schubert, in: Beck Bil-Komm. 2014, § 249, Rn. 100 (Ausbildungskosten); Bertram 2013, § 249, Rn. 219).
 

Rn. 218

Stand: EL 19 – ET: 05/2014

 

Eine ähnliche Beurteilung ergibt sich für Beschäftigungsverhältnisse mit Schwerbehinderten. Auch bei diesen Arbeitsverhältnissen kann es sich um von Anfang an unausgewogene Geschäfte handeln. Dies gilt insbes. dann, wenn Schwerbehinderte aufgrund der Bestimmungen des Schwerbehinderten-Gesetzes oder aus sozialen Gründen beschäftigt werden und sich die verminderte Leistung dieser Mitarbeiter nicht in einer entspr. geringeren Vergütung niederschlägt. Unter diesen Voraussetzungen ist die Annahme eines Verpflichtungsüberschusses aus dem Arbeitsverhältnis begründet (vgl. Schubert, in: Beck Bil-Komm. 2014, § 249, Rn. 100 (Schwerbehinderten-Pflichtplätze)). Dieser lässt sich näherungsweise durch eine wiederbeschaffungsorientierte Bewertung der Arbeitskraft des Schwerbehinderten ermitteln. Dazu ist die Leistung des Schwerbehinderten mit dem Betrag der Aufwendungen anzusetzen, der anfallen würde, wenn ein äquivalenter, nicht behinderter AN diese zu erbringen hätte (vgl. Hartung, W. 1987, S. 349ff.; a. A. Weber-Grellet, in: Schmidt 2013, § 5 EStG, Rn. 550 (Soziallasten), m. w. N.).

Die Bildung einer Drohverlustrückstellung kommt nicht nur bei der Neueinstellung eines schwer behinderten AN in Betracht, sondern auch dann, wenn ein ehemals nicht behinderter Mitarbeiter, etwa infolge eines Unfalls, seine frühere Tätigkeit nur noch bedingt oder überhaupt nicht mehr ausüben kann, sein Arbeitsentgelt jedoch in unveränderter Höhe fortbezahlt wird. Da in diesem Fall der nachhaltige Rückgang des wirtschaftlichen Werts der Arbeitsleistung nicht zu einer entspr. Anpassung der Gegenleistung geführt hat, liegt die Annahme eines für die Restlaufzeit unausgewogenen Dauerschuldverhältnisses nahe. Die Ausgeglichenheitsprüfung des schwebenden Geschäfts ist daher auf Basis einer wiederbeschaffungsorientierten Anspruchsbewertung vorzunehmen.

 

Rn. 219

Stand: EL 19 – ET: 05/2014

  Ein weiteres Beispiel für eine rückstellungsbegründende nachträgliche Äquivalenzstörung bei Arbeitsverhältnissen bilden Verträge mit Verdienstsicherungsklausel. Wird ein Mitarbeiter unter Fortzahlung seines bisherigen Lohns auf einen signifikant niedriger bewerteten Arbeitsplatz umgesetzt, ist nach dem Konzept der begrenzt wiederbeschaffungsorientierten Ausgewogenheitsprüfung schwebender Dauerbeschaffungsgeschäfte eine Drohverlustrückstellung in Höhe der Differenz zwischen dem zu zahlenden und dem der jeweiligen Tätigkeit entspr. leistungsgerechten Lohn zu bilden (vgl. ADS 1995, § 249, Rn. 158; Euler, R. 1990, S. 1053f.; Herzig, N. 1988, S. 219f.; Kessler, H. 1992, S. 390f.; WP-Handbuch 2012, Bd. I, Rn. E 215; a. A. BFH-Urt. v. 16.12.1987, BStBl. II 1988, S. 338ff.; v. 25.02.1986, BStBl. II 1986, S. 465ff.; Weber-Grellet, in: Schmidt 2013, § 5 EStG, Rn. 550 (Verdienstsicherung)).
 

Rn. 220

Stand: EL 19 – ET: 05/2014

vorläufig frei

 

Rn. 221

Stand: EL 19 – ET: 05/2014

  Die Voraussetzungen für eine wiederbeschaffungsorientierte Anspruchsbewertung aus Arbeitsverhältnissen sind ebenfalls erfüllt, wenn die Arbeitsleistung älterer AN infolge der Gewährung von zusätzlicher Altersfreizeit bei nicht entspr. gekürztem Arbeitsentgelt merklich abgenommen hat (vgl. Euler, R. 1990, S. 1053f.; H...

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