a) Mittelbare Abhängigkeit

 

Rn. 72

Stand: EL 37 – ET: 09/2022

Ebenso wie die Mehrheitsbeteiligung nach § 16 AktG ist der Tatbestand der Abhängigkeit nicht auf unmittelbare Beziehungen beschränkt. Der Wortlaut des § 17 Abs. 1 AktG betont vielmehr explizit, dass ein Abhängigkeitsverhältnis auch auf mittelbaren Beziehungen beruhen kann (vgl. zur Begründung einer mittelbaren Abhängigkeit durch einen Stimmbindungsvertrag OLG Schleswig-Holstein, Urteil vom 28.10.2010, 5 U 55/09 (juris)). Dies hat einerseits zur Folge, dass ein UN von mehreren UN gleichzeitig abhängig sein kann (mehrfache Abhängigkeit). Andererseits bewirkt es, dass ein UN abhängiges und herrschendes UN zugleich sein kann.

 

Beispiel:

Im Rahmen dieser mehrstufigen Abhängigkeit ist C unmittelbar von B und mittelbar von A abhängig, da A unmittelbar herrschend gegenüber B ist. A und B sind somit beide herrschende UN gegenüber C, d. h., die "unmittelbaren Abhängigkeitsbeziehungen werden durch die mittelbare Abhängigkeit nicht absorbiert" (WP-HB (2021), Rn. C 103). Darüber hinaus ist B abhängiges und herrschendes UN zugleich; in diesem Zusammenhang wird häufig auch von einer Zwischenholding gesprochen.

b) Negative Beherrschung: Verbotsrechte als Beherrschungsmittel

 

Rn. 73

Stand: EL 37 – ET: 09/2022

Unter einer negativen Beherrschung versteht man die Möglichkeit, wesentliche Entscheidungen bei der Beteiligungsgesellschaft zu blockieren (vgl. KK-AktG (2011), § 17, Rn. 43; KonzernR (2019), § 17 AktG, Rn. 25). So kann ein Gesellschafter, der über eine Sperrminorität verfügt, aufgrund der damit verbundenen Rechtsmacht Grundlagenentscheidungen verhindern (vgl. z. B. § 179 Abs. 2 AktG; § 53 Abs. 2 Satz 1 GmbHG). Nach heute ganz h. M. führt eine solche Sperrminorität nicht zur Abhängigkeit (vgl. Hüffer-AktG (2022), § 17, Rn. 10; KK-AktG (2011), § 17, Rn. 43; HB-GesR (2020/IV), § 69, Rn. 39, 44; WP-HB (2021), Rn. C 100). Wenn ein UN in der Lage ist, bestimmte Handlungen eines anderen UN zu verhindern, so ist ihm damit noch kein Beherrschungsmittel in die Hand gegeben, da dadurch nur Entscheidungen blockiert, i. d. R. aber nicht herbeigeführt werden können (vgl. KK-AktG (2011), § 17, Rn. 17; Hüffer-AktG (2022), § 17, Rn. 10). Beherrschung setzt grds. eine aktive Einflussmöglichkeit voraus (vgl. ADS (1997), § 17 AktG, Rn. 36). Allein durch die Möglichkeit von Blockadehandlungen ergeben sich keine Mitwirkungsrechte bei der Zusammensetzung von Vorstand und AR, so dass die "Sperrminorität allein grds. nicht zur Begründung von Abhängigkeit taugt, wohl aber ggf. i. V. m. anderen rechtlichen oder tatsächlichen Umständen, die dem betreffenden Aktionär eine beständige Einflussnahme auf die Gesellschaft erlauben" (KonzernR (2019), § 17 AktG, Rn. 25). Im Übrigen kann einer Schädigung der AG, KGaA bzw. SE durch missbräuchliche Ausübung der Sperrminorität mit der mitgliedschaftlichen Treuepflicht begegnet werden. Danach obliegt auch Minderheitsaktionären eine Treuepflicht, so dass sie "ihre Position z. B. nicht zur Verhinderung einer Sanierung einsetzen dürfen" (ADS (1997), § 17 AktG, Rn. 37). Eine gewisse Bedeutung wird der Sperrminorität allerdings im Falle der sog. kombinierten Beherrschung beigemessen (vgl. HdR-E, AktG §§ 15–19, Rn. 74).

c) Kombinierte Beherrschung bei Minderheitsbeteiligungen

 

Rn. 74

Stand: EL 37 – ET: 09/2022

Unter einer kombinierten Beherrschung versteht man die Kombination verschiedener Beherrschungsmittel in der Hand eines UN, die in ihrem Zusammenwirken so stark sind, dass sie abhängigkeitsbegründend wirken können, aber keines dieser Mittel für sich allein betrachtet beherrschenden Einfluss ermöglicht (vgl. KK-AktG (2011), § 17, Rn. 68; MünchKomm. AktG (2019), § 17, Rn. 31). Im Schrifttum wird dieser Sachverhalt unterschiedlich beurteilt. So lässt Koppensteiner die Möglichkeit einer kombinierten Beherrschung nur gelten, "wenn beide Mittel auf derselben Ebene wirken, also etwa anläßlich der Kumulierung des Stimmgewichts aus eigener und fremder Beteiligung z. B. über einen Stimmbindungsvertrag. Andere Kombinationen sind regelmäßig ungeeignet, sich zu beherrschendem Einfluß zu summieren" (KK-AktG (2011), § 17, Rn. 68 (Herv.d. d.Verf.)). Dieser grds. Abrede wird im überwiegenden Schrifttum nicht gefolgt. So wird grds. zugestanden, dass im Zusammenhang mit einer Minderheitsbeteiligung außergesellschaftsrechtliche Druckmittel zur Folge haben können, dass ein zunächst nicht ausreichender Einfluss mit Hilfe wirtschaftlichen Zwangspotenzials zu einem beherrschenden Einfluss verstärkt wird (vgl. Hüffer-AktG (2022), § 17, Rn. 10; HB-GesR (2020/IV), § 69, Rn. 41; KonzernR (2019), § 17 AktG, Rn. 16). "Denn erforderlich ist stets eine Gesamtschau aller Einwirkungsmöglichkeiten, denen betreffende Gesellschaft ausgesetzt ist" (MünchKomm. AktG (2019), § 17, Rn. 32).

 

Rn. 75

Stand: EL 37 – ET: 09/2022

So kann auch durch eine Minderheitsbeteiligung eine Abhängigkeit begründet werden, wenn z. B. das beteiligte UN wegen regelmäßig niedriger HV-Präsenz praktisch immer damit rechnen kann, auf der HV eine gesicherte Mehrheit zu erhalten (vgl. Hüffer-AktG (2022), § 17, Rn. 9; WP-HB (2021), Rn. C 102; KonzernR (2019), § 17 AktG, Rn...

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