Rn. 189

Stand: EL 36 – ET: 06/2022

Die Formulierung des § 268 Abs. 3 ist hinsichtlich der möglichen Ursachen für die Entstehung eines nicht durch EK gedeckten Fehlbetrags nicht zweifelsfrei. Der erste Halbsatz von § 268 Abs. 3 lautet: "Ist das Eigenkapital durch Verluste aufgebraucht und ergibt sich ein Überschuß der Passivposten über die Aktivposten". Dadurch ergeben sich bezüglich der Entstehungsursachen zwei Probleme: Zum einen ist unklar, ob das Bindewort "und" als ein additives oder als ein alternatives "und" zu verstehen ist; zum anderen kann ein Überschuss der Passiv- über die Aktivposten wegen der aus den Prinzipien der doppelten Buchführung sich zwingend ergebenden betragsmäßigen Gleichheit der beiden Bilanzseiten eigentlich nicht auftreten.

a) Verlust als Entstehungsursache

 

Rn. 190

Stand: EL 36 – ET: 06/2022

Der Begriff "Verlust" ist den RL-Vorschriften fremd; außer in § 268 Abs. 3 wird dieser ­Begriff nicht weiter verwendet. Gemeint sein kann hiermit eigentlich nur der Jahresfehlbetrag bzw. die Aggregation mehrerer Jahresfehlbeträge im Verlustvortrag (vgl. HdR-E, HGB § 268, Rn. 33ff.). Der Tatbestand, dass in den RL-Vorschriften eine Vielzahl von ­Begriffen für negative Jahresergebnisse bzw. aggregierte negative Jahresergebnisse verwendet wird, kann als Ursache für die Verwendung des Begriffs "Verlust" in § 268 Abs. 3 angesehen werden. Als Verlust soll demnach allg. der Überschuss der Aufwendungen über die Erträge bezeichnet werden. Ein Zeitraum ist nicht zwingend abzugrenzen; es ist lediglich zu beachten, dass die Aufwendungen den Erträgen gegenübergestellt werden, die der wie auch immer abgegrenzten Periode unter Beachtung der geltenden Bilan­zierungsvorschriften zuzuordnen sind.

Entscheidend ist jedoch festzuhalten, dass mit dem Verlust i. S. v. § 268 Abs. 3 letztlich der sich aus den Bilanzierungsvorschriften ergebende Überschuss der Aufwendungen über die Erträge gemeint ist. Dies bedeutet insbesondere, dass hier keine Umorientierung auf andere Kap.-Erhaltungskonzeptionen als die nominelle Kap.-Erhaltung erfolgen kann; auch darf keine Ermittlung des Verlusts nach Aufdeckung sämtlicher evtl. vorhandener stiller Reserven stattfinden. Die Ermittlung eines betriebswirtschaftlichen Verlusts ist demnach nicht gefordert, sondern es ist lediglich der sich i. R.d. Bilanzierung ergebende Verlust in § 268 Abs. 3 angesprochen, wie er sich in den Posten gemäß § 266 Abs. 3 A. IV. und V. bzw. IV. in der Alternative gemäß § 268 Abs. 1 Satz 2 darstellt.

b) Überschuss der Passiv- über die Aktivposten

 

Rn. 191

Stand: EL 36 – ET: 06/2022

Wie oben bereits angedeutet, ist ein solcher Überschuss bilanztechnisch nicht möglich; die Summe der Aktivposten entspricht stets der Summe der Passivposten. Im Hinblick auf den Regelungsinhalt des § 268 Abs. 3, die Entstehungsursachen für einen nicht durch EK gedeckten Fehlbetrag aufzuzeigen, ist jedoch davon auszugehen, dass mit der Formulierung "Passivposten" sämtliche Posten der Passivseite mit Ausnahme der EK-Posten gemeint sind, während mit der Formulierung "Aktivposten" sämtliche Posten der Aktivseite mit Ausnahme des nicht durch EK gedeckten Fehlbetrags angesprochen sind.

Die Bilanz und GuV als Instrument, in dem die Aufwendungen und Erträge erfasst werden, stehen in einem Interdependenzverhältnis, d. h., dass der Überschuss der im obigen Sinn abgegrenzten Passivposten über die Aktivposten stets dann eintritt, wenn Verluste in einem Maße bilanziell erfasst worden sind, dass das EK aufgebraucht ist. Dies bedeutet, dass der Überschuss der Passiv- über die Aktivposten mit dem Verlust als Entstehungsursache für den auf der Aktivseite zu zeigenden Fehlbetrag identisch ist. Da jedoch im ersten Halbsatz in § 268 Abs. 3 nicht zweifelsfrei der zweite Tatbestand lediglich als nähere Erläuterung der zuerst genannten Situation verstanden werden kann, stellt sich die Frage, ob ein solcher Überschuss der Passiv- über die Aktivposten noch eine andere Ursache als die Verlustsituation haben kann. Ebenfalls zu einem derartigen Überschuss der Passiv- über die Aktivposten können Gewinnausschüttungen führen. Da jedoch Gewinnausschüttungen nur möglich sind, soweit Gewinne erwirtschaftet wurden, ist diese Ursache letztlich mit der Verlustsituation bereits erfasst. Die Gewinnausschüttungen haben lediglich dazu geführt, dass in früheren Jahren erwirtschaftete Gewinne nicht mehr zur Verlustabdeckung zur Verfügung stehen und somit der Ausweis eines nicht durch EK gedeckten Fehlbetrags bereits eher erforderlich wird.

Darüber hinaus kann ein Überschuss der Passiv- über die Aktivposten auch bei nachfolgendem Beispiel entstehen.

 

Rn. 192

Stand: EL 36 – ET: 06/2022

Zur Verdeutlichung wird im nachfolgenden Zahlenbeispiel erneut auf die infolge von BilMoG geänderte bilanzielle Behandlung der ausstehenden Einlagen zurückgegriffen. Es wird deutlich, dass im Falle der verpflichtenden saldierten Darstellung der ausstehenden Einlagen mit dem gezeichneten Kap. tendenziell der Ausweis eines nicht durch EK gedeckten Fehlbetrags eher gegeben ist als im Fall eines getrennten Ausweises, wie es i. R.d. früh...

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