Rn. 7

Stand: EL 33 – ET: 09/2021

Die erweiterte Berichtspflicht nach § 259 Abs. 1 Satz 2 AktG verpflichtet den Sonderprüfer über den eigentlichen Prüfungsauftrag hinaus, auch über eine Überbewertung von Bilanzposten (vgl. § 256 Abs. 5 Satz 6 AktG) oder einen Verstoß gegen die Vorschriften über die Gliederung des JA oder über die Nichtbeachtung von Formblättern zu berichten. Eine Erweiterung des Prüfungsauftrags ist damit nicht verbunden (vgl. ADS (1997), § 259 AktG, Rn. 6; Hüffer-AktG (2021), § 259, Rn. 3). Dem Sonderprüfer wird lediglich aufgegeben, nach Maßgabe der erweiterten Berichtspflicht Zufallserkenntnisse, auf die er im Zusammenhang mit der Durchführung seines Prüfungsauftrags stößt, in den Prüfungsbericht aufzunehmen (zwangsläufig angefallene Erkenntnisse; vgl. MünchKomm. AktG (2021), § 259, Rn. 3). Eine Verpflichtung zur gezielten Suche nach derartigen Erkenntnissen folgt daraus nicht (vgl. ADS (1997), § 259 AktG, Rn. 6; KK-AktG (2017), § 259, Rn. 10). Eine erweiterte Berichtspflicht besteht auch dann, wenn der Sonderprüfer von den relevanten Tatsachen außerhalb der Sonderprüfung erfahren hat. Auch eine Aufnahme in die abschließenden Feststellungen ist grds. nicht vorgesehen (vgl. dazu im Einzelnen HdR-E, AktG § 259, Rn. 12f.). Schließlich bezieht sich die erweiterte Berichtspflicht nur auf die in § 259 Abs. 1 Satz 2 AktG genannten Umstände. Die erweiterte Berichtspflicht besteht hinsichtlich potenzieller Nichtigkeitsgründe i. S. d. § 256 Abs. 4 und 5 Nr. 1 AktG. Dennoch hat der Sonderprüfer kein Urteil über eine evtl. Nichtigkeit des JA abzugeben (vgl. Hüffer-AktG (2021), § 258, Rn. 3; Voss, in: FS Münstermann (1969), S. 445 (456f.)). Allerdings besteht Einigkeit darüber, dass es zweckmäßig ist, dass der Sonderprüfer auf eine etwa infolge von Zeitablauf (vgl. § 256 Abs. 6 AktG) eingetretene Heilung einer Nichtigkeit des JA hinweist (vgl. Hüffer-AktG (2021), § 258, Rn. 3; Voss, in: FS Münstermann (1969), S. 445 (456f.), jeweils unter Hinweis auf den Bericht des Rechtsausschusses des Deutschen BT zum AktG 1965, abgedruckt bei Kropff (1965), S. 350). Über andere Verstöße, die ihm bekannt werden, hat der Sonderprüfer im Prüfungsbericht nicht zu berichten (vgl. KK-AktG (2017), § 259, Rn. 9). Zu prüfen ist aber im Einzelfall, ob sich nicht aus dem zur Gesellschaft bestehenden Zivilrechtsverhältnis (vgl. HdR-E, AktG § 258, Rn. 114) eine Pflicht des Sonderprüfers ergibt, außerhalb des Prüfungsberichts auf Unregelmäßigkeiten hinzuweisen, die für die Gesellschaft von besonderer Bedeutung sein können.

 

Rn. 8

Stand: EL 33 – ET: 09/2021

Keine erweiterte Berichtspflicht besteht – entgegen zunächst im RegE zum Bilanzrichtlinien-Gesetz (BiRiLiG) vom 19.12.1985 (BGBl. I 1985, S. 2355ff.) vorgesehener Regelungen – für den Fall, dass der JA kein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild gemäß § 264 Abs. 2 vermittelt. Grobe Verstöße gegen Gliederungsvorschriften und wesentliche Überbewertungen werden allerdings regelmäßig geeignet sein, gegen den in § 264 Abs. 2 niedergelegten Grundsatz zu verstoßen. Dennoch kann eine diesbezügliche Berichts- oder Hinweispflicht des Sonderprüfers nicht angenommen werden (vgl. ADS (1997), § 259 AktG, Rn. 10). Dies gilt erst recht, wenn sich der Verstoß gegen § 264 Abs. 2 aus anderen als den die erweiterte Berichtspflicht auslösenden Gründen ergibt.

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