Rn. 51

Stand: EL 37 – ET: 09/2022

Hält ein abhängiges UN Anteile an einem dritten UN, so werden diese Anteile dem herrschenden UN zugerechnet. Dies gilt sowohl für unmittelbar abhängige UN (TU) als auch für mittelbar abhängige UN (EU). Dabei ist es nicht Voraussetzung, dass das MU selbst Anteile an dem EU hält. Dies gilt für alle drei Fallgruppen des § 16 Abs. 4 AktG. Eine Mehrheitsbeteiligung kann deshalb ausschließlich aus zugerechneten Anteilen resultieren (vgl. MünchKomm. AktG (2019), § 16, Rn. 44; Emmerich/Habersack (2020), § 3, Rn. 10; Hüffer-AktG (2022), § 16, Rn. 13). Die Zurechnung kann darüber hinaus zur Folge haben, dass gleichzeitig mehrere UN (z. B. MU und TU) mehrheitlich an einem anderen UN (EU) beteiligt sind. Nach heute ganz h. M. bewirkt die Zurechnung von Anteilen Dritter keine Absorption zu ihren Gunsten (vgl. Hüffer-AktG (2022), § 16, Rn. 13; zur Erörterung verschiedener Standpunkte KK-AktG (2011), § 16, Rn. 27ff.). Im Fall einer doppelten Berücksichtigung wird auch von einer "mehrfachen Mehrheitsbeteiligung" (MünchKomm. AktG (2019), § 16, Rn. 45) gesprochen.

 

Rn. 52

Stand: EL 37 – ET: 09/2022

Obwohl im Gesetzeswortlaut im Zusammenhang mit der Zurechnung nur von "Anteilen" gesprochen wird, gilt dies auch für die damit verbundenen Stimmrechte. Neben der fiktiven Anteilsmehrheit führt dies in den meisten Fällen auch zu einer fiktiven Stimmenmehrheit. "Da es sich um eine Fiktion handelt, ist es unschädlich, dass das Unternehmen die ihm zugerechneten Stimmrechte nicht ausüben kann [...]. Die mangelnde Abstimmung zwischen § 16 Abs. 4 AktG und § 16 Abs. 3 AktG dürfte auf ein Redaktionsversehen des Gesetzgebers zurückzuführen sein" (MünchKomm. AktG (2019), § 16, Rn. 46; ebenso KK-AktG (2011), § 16, Rn. 47).

 

Rn. 53

Stand: EL 37 – ET: 09/2022

 

Beispiel:

Die Anteile, die C an B hält, werden A in voller Höhe zugerechnet; dabei ist es belanglos, wie hoch A an C beteiligt ist. Diese volle Zurechnung wird auch als additive Zurechnung bezeichnet und ist ökonomisch konsequent. Denn wenn ein UN einen beherrschenden Einfluss ausüben kann, kann dieser beherrschende Einfluss auch insgesamt und nicht nur in Höhe des gehaltenen Anteils ausgeübt werden. In diesem Fall führt die additive Zurechnung dazu, dass aus zwei unmittelbaren Minderheitsbeteiligungen von jeweils 30 % eine mittelbare Mehrheitsbeteiligung entsteht; so ist A an B insgesamt mit 60 % beteiligt.

 

Rn. 54

Stand: EL 37 – ET: 09/2022

 

Beispiel:

In diesem Fall liegt eine sog. mehrstufige Mehrheitsbeteiligung vor. A ist unmittelbar zu 60 % an B und mittelbar über die sog. Mittlerfunktion des Abhängigkeitsverhältnisses auch zu 60 % an C beteiligt. Auch hier zeigt sich, dass nur die additive Zurechnung zu sinnvollen Ergebnissen führt; denn wenn A auf B einen beherrschenden Einfluss ausüben kann, kann A über B auch indirekt auf C Einfluss nehmen. Eine sog. multiplikative Verknüpfung, die hier nur zu einer Minderheitsbeteiligung von 36 % (0,6 × 0,6) führen würde, hat i. R.d. Ermittlung von Mehrheitsbeteiligungen i. S. d. § 16 Abs. 4 AktG keine Bedeutung. Die multiplikative Verknüpfung gelangt dann zur Anwendung, wenn der Ausschüttungsanteil, der von C über B an A nach oben ausgeschüttet wird, zu bestimmen ist. In diesem Beispiel stünden A 36 % des von C zur Ausschüttung verwendeten Jahresergebnisses zu.

 

Rn. 55

Stand: EL 37 – ET: 09/2022

 

Beispiel:

Unterstellt man im vorliegenden Fall, dass zwischen A und B, B und C sowie C und D ein Abhängigkeitsverhältnis gemäß § 17 AktG vorliegt, ermitteln sich die Beteiligungshöhen aus Sicht von A wie folgt:

  • A ist an B direkt zu 51 % beteiligt,
  • A ist an C indirekt zu 51 % beteiligt,
  • A ist an D indirekt zu 100 % beteiligt.

Die dargestellte Konstellation zeigt eindrucksvoll auf, dass es A möglich ist, über 100 % des Vermögens von D zu bestimmen, obwohl der Kap.-Anteil, den A an D hält, sich lediglich auf 26,01 % (= 0,51 × 0,51 × 1,0) beläuft.

Ergänzt man dieses Beispiel um mehrere (Zwischen-)Stufen, potenziert sich dieser Effekt. So ist es A bei nur drei zusätzlichen Stufen (also beim Vorliegen von insgesamt sieben Hierarchiestufen) möglich, mit einer Beteiligung von jeweils 51 % auf den einzelnen Zwischenstufen und einer Beteiligung von F an G i. H. v. 100 % mit 3,45 % (0,515 = 0,0345) Kap.-Anteil an G über 100 % des Vermögens von G zu verfügen.

 

Rn. 56

Stand: EL 37 – ET: 09/2022

 

Beispiel:

Es wird nachfolgend unterstellt, dass sämtliche UN – mit Ausnahme von A – abhängig i. S. d. § 17 AktG sind.

Obgleich seiner einfachen Struktur ist obiges Beispiel geeignet, die Problematik der Ermittlung der direkten und indirekten Beteiligungshöhe aufzuzeigen. So gibt nachfolgende Übersicht die jeweilige Beteiligungshöhe aus Sicht von A – unterteilt in eine direkte und eine indirekt gehaltene Beteiligung – wieder:

 
Beteiligung von A an ... Direkte
Beteiligung
Indirekte
Beteiligung
Gesamte
Beteiligung
B 60 % 0 % 60 %
C 60 % 30 % 90 %
D 0 % 90 % 90 %
E 60 % 0 % 60 %
F 0 % 60 % 60 %
G 0 % 60 % 60 %

Die oben wiedergegebenen Beteiligungsquoten wurden i. V. m. §...

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