ESRS als mögliches Rahmenwerk nach § 289d HGB für die nichtfinanzielle Erklärung
Alte Regelung gilt weiterhin, was geschieht mit den Vorbereitungen auf die CSRD?
Nachdem die Nachhaltigkeitsberichterstattungsrichtlinie Corporate Sustainability Reporting Directive (kurz CSRD) bislang noch nicht in deutsches Recht umgesetzt wurde, gilt die aktuelle Regelung fort, nach der Unternehmen, deren Geschäftsjahr beendet ist, d.h. insbesondere für solche mit kalenderjahrgleichen Geschäftsjahr, ihre Rechnungslegung nach der jeweils zum Stichtag geforderten Rechtslage aufzustellen haben. Somit müssen große (§ 267 HGB) kapitalmarktorientierte Unternehmen oder Konzerne mit über 500 Beschäftigten sowie EU-regulierte große Banken und Versicherungen weiterhin eine nichtfinanzielle Berichterstattung als nichtfinanzielle Erklärung oder einen nichtfinanziellen Bericht nach den aktuell geltenden §§ 289b ff. HGB bzw. im Konzern nach §§ 315b ff. HGB erstellen.
Neben Fragen der – nun anders als erwartet – nicht mehr bestehenden Prüfungspflicht stellt sich für die betroffenen Unternehmen insbesondere auch die Frage, ob die umfangreichen Vorbereitungen auf die CSRD – in den meisten Fällen dürften die Berichte intern in einem weit fortgeschrittenen Stadium vorliegen – irgendwie genutzt werden können.
Problem der Befreiung von Tochterunternehmen
Ein großes formales Problem besteht bei der Regelung der Befreiung von Tochterunternehmen. Dies hat im ersten Anwendungsjahr eine noch nicht ganz so hohe Relevanz, da nur kapitalmarktorientierte Tochterunternehmen verpflichtet sind, wird aber ab dem Geschäftsjahr 2025 bei Anwendung der CSRD sehr wichtig. In vielen EU-Mitgliedstaaten ist die CSRD nämlich bereits umgesetzt, sodass es innerhalb Europas zu nicht mehr passgenauen Befreiungsregeln kommen kann (z.B. Mutter in Deutschland (keine CSRD-Pflicht) – Tochter in Frankreich (CSRD-Pflicht)). So z.B. wenn das Mutterunternehmen in Deutschland keiner CSRD-Pflicht unterliegt, das Tochterunternehmen in Frankreich aber bereits.
Neben formalen Aspekten (z.B. ob und unter welchen formalen Voraussetzungen) ein freiwillig aufgestellter Nachhaltigkeitsbericht gem. ESRS überhaupt befreiende Wirkung entfalten kann), gewinnt die Frage einer vollständigen Beachtung des Set 1 der ESRS zusätzlich an Bedeutung. Das Mutterunternehmen (z.B. mit Sitz in Deutschland) muss (neben den angesprochenen formalen Aspekten) einerseits die inhaltlichen Anforderungen an die nichtfinanzielle Konzernerklärung und andererseits die inhaltlichen Anforderungen erfüllen, an welche die Befreiung des Tochterunternehmens (z.B. mit Sitz in Frankreich) anknüpft. Dazu hat das DRSC ein Briefing Papier herausgegeben.
Anwendung der ESRS als Rahmenwerk für eine nichtfinanzielle Erklärung laut DRSC möglich
In dem Briefing Paper kommt das DRSC zu dem Ergebnis, dass eine richtlinienkonforme Berichtspflicht (Nachhaltigkeitsbericht in Übereinstimmung mit den ESRS) für das Geschäftsjahr 2024 gesetzlich nicht gefordert werden kann, aber die Anwendung der Europäischen Nachhaltigkeitsberichterstattungsstandards (ESRS) in der Form des veröffentlichten 1. Sets für die nichtfinanzielle Berichterstattung möglich ist. Die formale Möglichkeit hierzu ist gesetzlich in § 289d HGB geregelt, der die Nutzung von Rahmenwerken für die Erstellung einer nichtfinanziellen Berichterstattung erlaubt. Die im Dezember 2023 als Delegierter Rechtsakt der Europäischen Kommission veröffentlichten ESRS (Delegierte Verordnung (EU) 2023/2772) fallen nach Ansicht des DRSC darunter.
Dabei kann nach Auffassung des DRSC die nichtfinanzielle Berichterstattung unter vollständiger oder partieller Nutzung der ESRS erstellt werden, solange die gesetzlichen Mindestvorgaben (konkretisiert durch DRS 20) für die nichtfinanzielle Berichterstattung beachtet werden. Dem ist zwar grundsätzlich zuzustimmen, allerdings sind die Regelungen innerhalb der allgemeinen ESRS und der themenspezifischen Standards teilweise stark verzahnt, sodass das willkürliche Weglassen bestimmter Standards nicht mehr eine konforme Anwendung der übrigen ESRS-Standards erlauben kann. Für die Selektion der themenspezifischen Standards ist mit der Wesentlichkeitsanalyse ein eindeutiges Verfahren in ESRS 1 vorgeschrieben, worüber auch in ESRS 2 und ggf. den Einzelstandards zu berichten ist. Wenn somit über die Selektion der Wesentlichkeit hinaus bestimmte Standards oder Offenlegungspflichten weggelassen werden, müsste das genau beschrieben werden, damit beim Adressaten der Berichterstattung kein falscher Eindruck vermittelt wird.
Unabhängig von der Frage der Möglichkeit der Teilanwendung ist für die befreiende Wirkung einer nichtfinanziellen Konzernerklärung zugunsten von Tochterunternehmen in EU-Staaten, in denen die CSRD umgesetzt ist, ist eine vollständige Übereinstimmung der (geprüften) nichtfinanziellen Konzernerklärung, die Bestandteil des Konzernlageberichts sein muss, mit den kompletten (höchsten aus Wesentlichkeitsgründen reduzierten) ESRS eine notwendige Voraussetzung.
Zum DRSC Briefing Paper und zugehöriger Präsentation:
DRSC Briefing Paper „ESRS als Rahmenwerk für eine nichtfinanzielle Erklärung“
In eigener Sache: Wie treibe ich Nachhaltigkeit im Unternehmen voran?
In der News-Reihe "Aktuelles zur Nachhaltigkeitsberichterstattung" fasst Herr Prof. Dr. Müller monatlich die neusten und relevantesten Entwicklungen zur Nachhaltigkeitsberichterstattung prägnant für Sie zusammen. Weitere aktuelle Ausgaben:
-
Erhöhung der Schwellenwerte für die Unternehmensgrößenklassen in Kraft getreten
4.047
-
Nutzungsdauer von Computerhardware und Software auf ein Jahr reduziert
3.0811
-
Voraussetzungen des Investitionsabzugsbetrags und wann die Anwendung sinnvoll ist
3.046
-
Voraussetzungen für die Einstufung als Kleinstkapitalgesellschaft
1.864
-
Vorteil 3 für die Kleinstkapitalgesellschaft: Hinterlegung statt Offenlegung
1.681
-
Rückstellungen für die Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen
1.6602
-
Auflösung von Investitionsabzugsbeträgen
1.562
-
Voraussetzungen: Wer kann für welche Wirtschaftsgüter einen IAB geltend machen?
1.452
-
Abstimmung Bewirtungskosten: Welche Kosten vollständig abziehbar sind
1.309
-
Grenzen für geringwertige Wirtschaftsgüter
1.259
-
Konsequenzen einer weiter verspäteten Umsetzung der CSRD ins HGB
23.12.2025
-
ESMA Prüfungsschwerpunkte 2025
17.12.2025
-
Jahresabschluss: ABC wichtiger Begriffe
16.12.2025
-
EFRAG veröffentlicht die Entwürfe des überarbeiteten ESRS Set 1
11.12.2025
-
Omnibus-Initiative: Einigung um Adressatenkreise der CSRD und CSDDD in Trilog-Verhandlungen
09.12.2025
-
Jahresabschluss-Checkliste 2025: Vorarbeiten
09.12.2025
-
Abstimmung Bewirtungskosten: Welche Kosten vollständig abziehbar sind
08.12.2025
-
Geschenke (richtig) buchen: So gehen Sie vor
02.12.2025
-
ISSB treibt Nachhaltigkeitsberichterstattung weiter voran
26.11.2025
-
Energiewirtschaftsgesetz: Drohende Rechnungslegungspflichten für Unternehmen mit Kundenanlagen
25.11.2025