Leitsatz

* Weist der Steuerberater sein Büropersonal an, die per Fax zu übermittelnden Seiten zu zählen und die dabei ermittelte Seitenzahl mit der Angabe auf dem Fax-Protokoll zu vergleichen, so genügt diese Vorkehrung, um auszuschließen, dass einzelne Seiten nicht übermittelt werden und dadurch eine Frist versäumt wird.

* Leitsatz nicht amtlich

 

Normenkette

§ 56 FGO

 

Sachverhalt

Die zweiseitige Klageschrift mit sechs Seiten Anlagen sollte am letzten Tag des Fristenlaufs dem Gericht zugefaxt werden. Dabei zählte die mit dem Faxen beauftragte Büroangestellte, bevor sie diese acht Seiten in das Fax-Gerät einlegte, nur sieben Seiten und es kamen auch nur sieben Seiten beim FG an; die zweite Seite mit der Unterschrift des Steuerberaters fehlte. Zur Entschuldigung der Fristversäumnis machte der Steuerberater unter Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung seiner Angestellten geltend, entsprechend seiner Anweisung habe diese die zu übermittelnden Seiten gezählt und anhand des Fax-Protokolls überprüft, ob alle Seiten übermittelt worden sind; da sie sich allerdings verzählt habe, sei sie von einer vollständigen Übermittlung der Klageschrift nebst Anlagen ausgegangen, nachdem das Protokoll sieben Seiten angab.

 

Entscheidung

Der BFH hat dem Vorbringen des Steuerberaters Glauben geschenkt, obgleich das Zusammentreffen zweier Fehler (falsches Zählen der Seiten; fehlerhaftes Einziehen der acht Seiten durch das Fax-Gerät) ungewöhnlich ist und noch mehr verwundert, dass sich eine Bürokraft an einen tagtäglichen Vorgang wie das Faxen von Schriftsätzen Tage oder Wochen später noch so genau erinnern kann, dass sie wie im Besprechungsfall zu versichern vermag, sieben (und nicht etwa acht) Seiten gezählt zu haben! Ebenso viel Großzügigkeit hat der BFH bei der Beurteilung der Büroorganisation des Steuerberaters walten lassen: der BFH hat nicht beanstandet, dass die zu übermittelnden Seiten vor Beginn des Übertragungsvorgangs gezählt worden sind (und bis zum Abgleich mit dem Fax-Protokoll die Zahl möglicherweise nicht mehr richtig in der Erinnerung gewesen ist).

 

Hinweis

1. Haben Sie eine Frist versäumt, können Sie Wiedereinsetzung beantragen; dabei müssen Sie in der Antragsfrist den zur Fristversäumnis führenden Vorgang genau schildern. Die Glaubhaftmachung dieses Vorgangs, die u.a. durch eine eidesstattliche Versicherung erfolgen kann, können Sie ggf. später nachholen.

2. Das Gericht muss einer eidesstattlichen Versicherung keinen Glauben schenken. Allerdings darf es sie nur verwerfen, wenn es hinreichende Anhaltspunkte dafür hat, dass etwas Unwahres versichert worden ist. Dabei pflegt die Geduld der Gerichte recht groß zu sein, auch ganz und gar Unwahrscheinliches noch als wahr hinzunehmen.

3. Der Steuerberater tut gut daran, gefahrgeneigte Arbeiten soweit wie möglich seinem Büropersonal zu überlassen; denn für dessen Fehler kann er sich ggf. entschuldigen und Wiedereinsetzung erlangen, wenn er es nur sorgfältig ausgewählt, angewiesen und überwacht hat. Erledigt er hingegen alles selbst, sind seine Wiedereinsetzungschancen wesentlich geringer!

4. Das Bedienen des Fax-Geräts darf der Steuerberater Büroangestellten überlassen. Er muss aber Anweisungen erlassen, wie die richtige und vollständige Übermittlung von Schriftstücken kontrolliert werden soll. Dazu gehört die Anweisung, anhand des Sendeberichts zu überprüfen, ob das Fax-Gerät alle Seiten übermittelt hat. Um das feststellen zu können, muss nachgezählt werden, wie viele Seiten der zu übermittelnde Schriftsatz (ggf. nebst Anlagen) hat.

5. Es ist gelinde gesagt zweckmäßig, die Anweisung zu erteilen, dass nach Beendigung des Sendevorgangs und nach Ausdruck des Sendeberichts nachgezählt wird. Vorher zu zählen, birgt das erhebliche Risiko, dass man sich später beim Vorliegen des Sendeberichts nicht mehr richtig an das Zählergebnis erinnert. Verlassen Sie sich daher besser nicht darauf, dass Ihre Büroorganisation in dieser Hinsicht von den Gerichten so milde beurteilt wird wie vom BFH in der Besprechungsentscheidung.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 8.1.2003, VII R 13/02

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