Leitsatz

Ein Steuerpflichtiger hat einen Anspruch auf Auskunft über die Verhältnisse eines Konkurrenten, wenn er substantiiert darlegt, dass ihm Wettbewerbsnachteile entstehen.

 

Sachverhalt

Die Klägerin verlangte vom Finanzamt Auskunft darüber, mit welchem Steuersatz eine Konkurrentin umsatzbesteuert wurde. Das Finanzamt lehnte diesen Antrag ab und verwies auf das Steuergeheimnis. Hiergegen legte die Klägerin Einspruch ein, den das Finanzamt zurückwies. Es teilte mit, ein solcher Auskunftsanspruch sei nur dann gegeben, wenn der Antragsteller substantiiert darlege, dass mit hinreichender Sicherheit eine unzutreffende Besteuerung des Konkurrenten gegeben sei und hierdurch ein Wettbewerbsnachteil entstünde. Den Nachweis habe der Antragsteller zu erbringen. Im Klageverfahren legte die Klägerin dar, dass ihrer Konkurrentin durch die Besteuerung mit dem ermäßigten Umsatzsteuersatz ein erheblicher wirtschaftlicher Vorteil entstünde.

 

Entscheidung

Die Klage hatte in vollem Umfang Erfolg. Das Finanzgericht nahm als Anspruchsgrundlage für die zulässige Leistungsklage das Rechtsstaatsprinzip i. V. m. dem Grundrecht der Berufsfreiheit an (Art. 12 GG). Zwar bestehe grundsätzlich ein Schutz der eigenen Belange vor der Bekanntgabe durch das Steuergeheimnis. Dieses stehe aber in Konkurrenz zum Grundrecht auf Berufsfreiheit, die auch die Freiheit der Berufsausübung umfasst. Wenn ein Steuerpflichtiger substantiiert darlegt, dass ein Konkurrent durch eine unzutreffende Besteuerung einen Wettbewerbsvorteil erlangt, hat der Steuerpflichtige einen Auskunftsanspruch gegen die Finanzbehörde. In diesem Fall gehe das Grundrecht dem Steuergeheimnis vor. Ein solcher Fall ist hier gegeben.

 

Hinweis

Das Urteil ist m. E. zwar letztlich zutreffend, aber durchaus problematisch, auch wenn es auf der Rechtsprechung des BFH fußt[1]. Auch die Rechtsprechung teilt die Ansicht des BFH (vgl. AOAE zu § 30 AO Nr. 4.7.). Hier ist maßgeblich das Spannungsverhältnis von Steuergeheimnis und der Berufsfreiheit gemäß Art. 12 GG. Dabei sollte nicht verkannt werden, dass das Steuergeheimnis zwar ein wichtiges Recht des Steuerpflichtigen ist, aber anders als etwa das Brief- oder Fernmeldegeheimnis keinen Verfassungsrang hat. Abzuwägen sind bei einer Durchbrechung des Steuergeheimnisses stets die beiderseitigen Interessen. Diese Abwägung kann etwa dazu führen, dass selbst der Name eines Anzeigenerstatters vom Steuergeheimnis geschützt wird, es sei denn, er hat vorsätzlich falsche Angaben gemacht. Dabei kam das Gericht hierzu einem überwiegenden Interesse des Klägers. Dies erscheint indes nicht zwingend, ein anderes Gericht hätte unter Umständen eine andere Abwägung vorgenommen. Gleichwohl erscheint die Entscheidung in diesem speziellen Einzelfall zutreffend, da die Auskunft nur einen kleinen Teilbereich der Verhältnisse des anderen betraf und zudem wohl wirklich handfeste Anhaltspunkte dafür vorlagen, dass der Konkurrent von der Finanzverwaltung falsch steuerlich behandelt wurde, was sich zum Nachteil des Klägers ausgewirkt hat.

Die Revision zum BFH wurde nach § 115 Abs. 2 FGO zugelassen. Angesicht des oben zitierten Urteils dürften die Aussichten allerdings gering sein, dass der BFH die Entscheidung des FG aufhebt.

 

Link zur Entscheidung

FG Münster, Urteil vom 07.12.2010, 15 K 3614/07 U

[1] BFH, Urteil v. 5.10.2006, R 24/03, BStBl 2007 II S. 243

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