Leitsatz

Dem EuGH werden folgende Fragen zur Auslegung der Richtlinie 77/388/EWG vorgelegt:

1. Verwendet eine Factoring-Gesellschaft die von ihr bezogenen Gegenstände und Dienstleistungen auch insoweit für Zwecke ihrer Umsätze, als sie Forderungen aufkauft und das Ausfallrisiko für diese Forderungen übernimmt?

2. Handelt es sich dabei um besteuerte Umsätze oder – jedenfalls auch – um Umsätze i.S. des Art. 13 Teil B Buchst. d der Richtlinie 77/388/EWG, die insoweit besteuert werden können, als die Mitgliedstaaten den Steuerpflichtigen das Recht eingeräumt haben, für eine Besteuerung zu optieren? Welche der in Art. 13 Teil B Buchst. d der Richtlinie 77/388/EWG aufgezählten Umsätze liegen in diesem Fall vor?

 

Normenkette

UStG 1991 § 4 Nr. 8 , UStG 1991 § 15 Abs. 1 Nr. 1 , Richtlinie 77/388/EWG Art. 13 Teil B Buchst. d, Art. 17 Abs. 2

 

Sachverhalt

Die Klägerin als Nachfolgerin einer Factoring-KG begehrt einen Vorsteuerabzug im Rahmen eines echten Factorings. Die Factoring-KG hatte für den Importeur ausländischer Fahrzeuge, der die Fahrzeuge über ein eigenes Händlernetz in Deutschland vertrieb, das Factoring- und Finanzierungsgeschäft übernommen.

Unstreitig kaufte die Factoring-KG von dem Importeur Forderungen auf und übernahm das Ausfallrisiko zum Teil mit und zum Teil ohne Rückgriffsrecht gegen den Importeur. Soweit das Ausfallrisiko bei der Factoring-KG verblieb, nahm das FA einen Fall des echten Factorings an und lehnte insoweit eine unternehmerische Tätigkeit der KG ab. Konsequenterweise versagte es ihr den Vorsteuerabzug.

 

Entscheidung

Der BFH hat den vorliegenden Fall dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt, da seiner Auffassung nach gemeinschaftsrechtlich unklar sei, ob in den Fällen des sog. echten Factorings der Factor unternehmerisch tätig wird oder aber nur Empfänger einer Leistung ist. Für den Fall der unternehmerischen Tätigkeit sei dann weiterhin zweifelhaft, ob die Tätigkeit des Factors steuerpflichtig oder steuerfrei, ggf. mit Optionsmöglichkeit, sei. Die Vorlage an den EuGH ergebe sich nach Auffassung des BFH deswegen, um im gemeinsamen Markt eine einheitliche umsatzsteuerliche Behandlung des Factorings sicherzustellen, zumal dieses auch grenzüberschreitend betrieben werde.

 

Hinweis

Nach der zurzeit herrschenden Auffassung (vgl. auch Abschnitt 18 Abs. 4 UStR 2000) wird im deutschen Umsatzsteuerrecht zwischen dem sog. echten und unechten Factoring unterschieden. Die Differenzierung ergibt sich aus der Übernahme des Ausfallrisikos.

Nur soweit das Ausfallrisiko auf das Factoring-Institut übergegangen ist, wird eine Leistung des Factors an den abtretenden Unternehmer bejaht und ihm insoweit der Vorsteuerabzug, z.B. aus dem mit dem Einzug verbundenen Kosten, zugebilligt. Verbleibt das Ausfallrisiko dagegen beim abtretenden Unternehmer, so wird nur eine Leistung steuerfrei nach § 4 Nr. 8 Buchst. c UStG an das Factoring-Institut angenommen. Mangels unternehmerischer Tätigkeit insoweit wird der Vorsteuerabzug versagt.

Der BFH hat in seiner Vorlage an den EuGH angesichts dieser Differenzierung zutreffend darauf hingewiesen, dass der Grundsatz der Neutralität verletzt ist, wenn einmal der Vorsteuerabzug aus den Kosten des Einzugs abzugsfähig (so beim unechten Factoring), zum anderen aber vom Abzug ausgeschlossen ist (so beim echten Factoring). Darüber hinaus bleibt die Frage, welcher Art die Umsätze des Factors auch im Fall des echten Factorings sein könnten. Der BFH weist auch hier zutreffend auf die Auslegungsnotwendigkeit von Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 3 der 6. EG-RL (ihm folgend § 4 Nr. 8 Buchst. c UStG) hin.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Beschluss vom 17.5.2001, V R 34/99

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