Rz. 822

Nach § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG gelten in Betrieben einer juristischen Person oder Personengesamtheit solche Personen nicht als Arbeitnehmer, die kraft Gesetzes, Satzung oder Gesellschaftsvertrags allein oder als Mitglieder des Vertretungsorgans zur Vertretung der juristischen Person oder der Personengesamtheit berufen sind. Auf Grund der in § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG angeordneten unwiderleglichen Vermutung sind die Arbeitsgerichte generell für Rechtsstreitigkeiten aus dem Anstellungsverhältnis des Geschäftsführers nicht zuständig. Dies gilt unabhängig davon, ob der GmbH-Geschäftsführer materiell-rechtlich als Arbeitnehmer, arbeitnehmerähnliche Person oder einfacher Dienstverpflichteter zu qualifizieren ist.[1]

 

Rz. 823

Dies gilt allerdings nicht für Rechtsstreitigkeiten, die nicht das der Organstellung zugrunde liegende Anstellungsverhältnis, sondern eine andere Rechtsbeziehung, wie z. B. aus einem anderen Arbeitsverhältnis, betreffen.[2] Die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte kann also insbesondere dann begründet sein, wenn vor der Bestellung ein Arbeitsverhältnis bestand, und der Abberufene behauptet, dass dieses durch die Abberufung aus dem Geschäftsführungsamt wieder auflebte.[3]

 

Rz. 824

Nach neuerer Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) gilt § 5 Abs. 1 S. 3 ArbGG jedoch nur solange, wie das Organverhältnis fortbesteht. Ist die Organstellung beendet, entfällt die Wirkung des § 5 Abs. 1 S. 3 ArbGG. Nach Beendigung der Organstellung ist nach dieser Rechtsprechung der Rechtsweg nach allgemeinen Grundsätzen zu bestimmen, und zwar auch für Ansprüche, die zu einem Zeitpunkt entstanden sind, in dem die organschaftliche Geschäftsführerstellung noch vorlag.[4] Maßgeblicher Zeitpunkt für die Rechtswegbestimmung ist nach Auffassung des BAG der Zeitpunkt der rechtskräftigen Entscheidung über die Rechtswegzuständigkeit. Ist eine Abberufung oder Amtsniederlegung zwar noch nicht zum Zeitpunkt der Kündigung oder Klagezustellung erfolgt, aber vor der rechtskräftigen Entscheidung über die Rechtswegzuständigkeit, so kann danach der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten eröffnet sein.[5]

 

Rz. 825

Bei den Landgerichten, die aufgrund des Streitwertes regelmäßig anzurufen sind, sind gem. § 95 Abs. 1 Nr. 4a GVG die Kammern für Handelssachen funktionell zuständig. Örtlich zuständig ist das Gericht, in dem die Gesellschaft als Beklagte ihren Sitz hat. Dies ergibt sich aus § 17 ZPO (Gerichtsstand juristischer Personen) sowie aus § 29 ZPO (Gerichtsstand des Erfüllungsortes).[6]

[1] St. Rspr. des Bundesarbeitsgerichts (BAG); vgl. Boemke, RdA2018, 1, 21 m. w. N.
[2] Boemke, RdA2018, 1, 21/22, m. w. N.
[3] Vgl. hierzu und ausführlich zur neuen Rechtsprechung des BAG: Graef/Heilemann, GmbHR 2015, S. 225 ff.
[4] BAG, Urteil v. 8.9.2015, 9 AZB 21/15, NZA2015, 1342 S. 1344.
[5] Dazu ausführlich – und kritisch: Boemke, RdA2018, 1, 22/23 m. w. N.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge