Leitsatz

1. Eine (steuerfreie) Vermittlung des Verkaufs bzw. Erwerbs von Fondsanteilen setzt die Tätigkeit einer Mittelsperson voraus, die nicht den Platz einer Partei eines Vertrages über ein Finanzprodukt einnimmt und deren Tätigkeit sich von den typischen vertraglichen Leistungen unterscheidet, die von den Parteien solcher Verträge erbracht werden.

2. Eine solche Vermittlungstätigkeit kann unter anderem darin bestehen, der Vertragspartei die Gelegenheiten zum Abschluss eines solchen Vertrages nachzuweisen, mit der anderen Partei Kontakt aufzunehmen oder im Namen und für Rechnung des Kunden über die Einzelheiten der gegenseitigen Leistungen zu verhandeln.

3. Dagegen erbringt keine Vermittlungstätigkeit, wer als sog. "Distributor" im Rahmen eines mehrstufigen Vertriebs von Fondsanteilen selbstständige Abschlussvermittler anwirbt, schult und im Rahmen ihres Einsatzes unterstützt sowie die von den Abschlussvermittlern eingereichten Unterlagen auf Vollständigkeit und Plausibilität prüft.

 

Normenkette

§ 4 Nr. 8 Buchst. e und f, § 3a Abs. 1 Satz 1, § 3a Abs. 4 Nr. 6 UStG, Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 5 der 6. EG-RL, § 118 Abs. 2 FGO

 

Sachverhalt

Die Klägerin, eine AG mit Sitz im Inland, vertrieb im deutschsprachigen Raum Fondsanteile US-amerikanischer Fondsgesellschaften. Sie war dazu von ihrer Schwestergesellschaft, der B AG mit Sitz in Liechtenstein, die Inhaberin der Alleinvertriebsrechte dieser Fondsgesellschaften war, durch "Vertriebsverträge" und durch ein "Distributing Agreement" beauftragt worden.

Zum Vertrieb der Fondsanteile an Privatinvestoren bediente sich die Klägerin für sie als "Vertriebspartner" tätiger selbstständiger Vermittler, die sie durch u.a. Mitarbeiterschulungen, Zurverfügungstellung von Prospekten sowie Kaufanträgen, Erteilung von Informationen über die Fonds sowie durch Werbung und Öffentlichkeitsarbeit unterstützte.

Die Klägerin sah in ihrer Tätigkeit nicht steuerbare Vermittlungen von Fondsanteilen i.S.v. § 4 Nr. 8 Buchst. e oder f UStG, die gem. § 3a Abs. 4 Nr. 6 Buchst. a i.V.m. § 3a Abs. 3 UStG dort erbracht worden seien, wo die B AG als Leistungsempfängerin ihren Sitz habe (Liechtenstein).

Dem folgte das FA nicht. Die Klage blieb erfolglos (FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 24.3.2011, 6 K 2456/09, Haufe-Index 2666495, EFG 2011, 1566).

 

Entscheidung

Der BFH wies die Revision der Klägerin als unbegründet zurück. Er verneinte eine Vermittlungstätigkeit der Klägerin und kam so zu einer Steuerbarkeit (im Inland) und zu einer Steuerpflicht der von der Klägerin erbrachten Leistungen.

Entgegen der Auffassung der Klägerin handele es sich bei den streitigen Leistungen nicht um gem. § 3a Abs. 3 i.V.m. Abs. 4 Nr. 6 Buchst. a UStG am Sitz des Leistungsempfängers, der B AG, in Liechtenstein erbrachte Vermittlungsleistungen i.S.v. § 4 Nr. 8 Buchst. e oder f UStG, sondern um steuerbare und steuerpflichtige sonstige Leistungen eigener Art i.S.d. § 3 Abs. 9 UStG, die gem. § 3a Abs. 1 Satz 1 UStG an dem Ort ausgeführt wurden, von dem aus die Klägerin ihr Unternehmen betreibt (Deutschland).

Die Würdigung des FG, dass die streitigen Leistungen der Klägerin keine Vermittlungsleistungen i.S.d. § 4 Nr. 8 Buchst. e oder f UStG sind, war ausgehend von den in den Leitsätzen wiedergegebenen Grundsätzen revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

 

Hinweis

Nach § 3a Abs. 3 i.V.m. Abs. 4 Nr. 6 Buchst. a UStG werden bestimmte an Unternehmer erbrachte (steuerfreie) Leistungen am Sitz des Leistungsempfängers erbracht.

Darunter fallen u.a. auch "die Umsätze im Geschäft mit Wertpapieren und die Vermittlung dieser Umsätze, ausgenommen die Verwahrung und die Verwaltung von Wertpapieren" (§ 4 Nr. 8 Buchst. e UStG) sowie "die Umsätze und die Vermittlung der Umsätze von Anteilen an Gesellschaften und anderen Vereinigungen, ..." (§ 4 Nr. 8 Buchst. f UStG).

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 14.5.2014 – XI R 13/11

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