Leitsatz

Bei der Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung liegen Überentnahmen bereits dann vor, wenn die Entnahmen die Summe der Einlagen und des Gewinns des Wirtschaftsjahres übersteigen.

 

Sachverhalt

Der Kläger erzielte in den Streitjahren 2010 bis 2013 als Architekt Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Seinen Gewinn ermittelte er durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung (§ 4 Abs. 3 EStG). In den Steuererklärungen der Streitjahre erklärte er Schuldzinsen als Betriebsausgaben. Im Rahmen einer internen Prüfung kam das Finanzamt zu der Ansicht, der Kläger habe die nicht abziehbaren Schuldzinsen nach § 4 Abs. 4a EStG falsch berechnet und korrigierte aufgrund einer eigenen Berechnung die Steuerbescheide. Gegen die geänderten Bescheide legte der Kläger Einspruch ein. Insbesondere wandte er sich gegen die Berechnung der Überentnahmen, da sich für das Jahr 2010 kein negativer Kapitalvortrag ergeben habe. Der Einspruch hatte indes keinen Erfolg, da das Finanzamt auf seiner Berechnung der nicht abziehbaren Schuldzinsen beharrte.

 

Entscheidung

Das Finanzgericht wies die Klage gegen die geänderten Steuerbescheide ebenfalls ab. Schuldzinsen dürften nach § 4 Abs. 4a EStG nicht abgezogen werden, wenn Überentnahmen durch den Steuerpflichtigen getätigt worden seien. Hierbei habe der Bundesfinanzhof entschieden, dass sich die Bemessungsgrundlage für die Berechnung der nicht abziehbaren Schuldzinsen aufgrund aller Wirtschaftsjahre seit der Schaffung der Norm zum 31.12.1998 ergebe. Diese Art der Berechnung erfordere allerdings eine periodenübergreifende Betrachtung. Diese sei bei einer Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG nur eingeschränkt anwendbar. Insbesondere sei bei dieser Art der Gewinnermittlung keine Eigenkapitalberechnung gegeben, sondern nur eine Abzeichnung von Einlagen und Entnahmen. Insofern könne bei einer Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG nicht angeführt werden, dass die durch den Steuerpflichtigen getätigten Entnahmen eines Wirtschaftsjahres das vorhandene Eigenkapital nicht aufgebraucht hätten.

 

Hinweis

Die Entscheidung betrifft die sehr interessante Frage, wie die nicht abziehbaren Schuldzinsen nach § 4 Abs. 4a EStG zu berechnen sind, wenn die Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung erfolgt. § 4 Abs. 4a Satz 6 EStG bestimmt hierbei, dass die Regelung entsprechend anzuwenden ist (vgl. Frotscher, in Frotscher/Geurts, EStG, § 4 EStG Rz. 663). Dies ist jedoch insofern problematisch, als bei der Berechnung der Höhe der nicht abziehbaren Schuldzinsen das Eigenkapital als periodenübergreifende Größe eine erhebliche Bedeutung hat (vgl. die Berechnung bei Frotscher, in Frotscher/Geurts, EStG, § 4 EStG Rz. 648). Somit stellt das Finanzgericht bei der Berechnung der nicht abziehbaren Schuldzinsen letztlich allein auf die Einlagen und Entnahmen ab. Bei einer engen Anlehnung an den Wortlaut der Bestimmung erscheint dies nachvollziehbar. Allerdings bleibt abzuwarten, ob der Bundesfinanzhof dies ebenso sieht. Insofern sollten Steuerpflichtige prüfen, ob sie Steuerbescheide offenhalten, bis der Bundesfinanzhof seine Entscheidung getroffen hat.

Die Entscheidung des FG Rheinland-Pfalz ist nämlich vorläufig nicht rechtskräftig, da das Finanzgericht die Beschwerde zum Bundesfinanzhof zugelassen hat.

 

Link zur Entscheidung

FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 08.10.2018, 5 K 1034/16

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