Leitsatz

Der auf den Einsatz eines Schiffs als Handelsschiff im internationalen Verkehr entfallende Teil des Gewerbeertrags einer Einschiffsgesellschaft unterliegt auch dann der Kürzung nach § 9 Nr. 3 GewStG, wenn die Gesellschaft vorrangig die Veräußerung des Schiffs beabsichtigt.

 

Normenkette

§ 9 Nr. 3 Sätze 2 bis 5 GewStG

 

Sachverhalt

Eine zu einer Reedereigruppe gehörende Einschiffs-KG hatte im August 2002 ein Seeschiff zu dem Zweck erworben, es zu verchartern und im April 2003 an eine Fonds-Gesellschaft der Reederei weiterzuveräußern. Tatsächlich fand die Veräußerung aber schon im Dezember 2002 statt.

Antragsgemäß hatte das FA den Gewinn für das Jahr 2002 zunächst nach den Grundsätzen der Tonnagebesteuerung ermittelt und festgestellt. Nach einer Außenprüfung war das FA aber der Meinung, das Schiff sei nicht entsprechend den Anforderungen des § 5a EStG als Handelsschiff im internationalen Verkehr betrieben worden; der Gewinn sei deshalb nach allgemeinen Grundsätzen zu ermitteln. Neben einem entsprechend geänderten Gewinnfeststellungsbescheid erging auch ein geänderter Gewerbesteuermessbescheid für das Jahr 2002.

Das FG gab der Klage gegen beide Änderungsbescheide statt (FG Hamburg, Urteil vom 17.8.2011, 2 K 42/11, Haufe-Index 2802494, EFG 2012, 393).

 

Entscheidung

Die Revision des FA führte zur Aufhebung des FG-Urteils und zur Zurückverweisung des Verfahrens an das FG. Der Gewinn sei nicht nach § 5a EStG zu ermitteln, weil das Schiff nicht zum langfristigen Betrieb, sondern zum Verkauf bestimmt gewesen sei. Bei der Gewinnfeststellung müsse noch geprüft werden, ob eine ordnungsgemäße GewSt-Rückstellung berücksichtigt worden sei. Bei der Festsetzung des GewSt-Messbetrags komme eine Kürzung nach § 9 Nr. 3 Satz 3 GewStG in Betracht.

 

Hinweis

1. Das Urteil ist eine Parallelentscheidung zu dem am gleichen Tag ergangenen Urteil IV R 46/10 (in diesem Heft S. 74). Seine besondere Bedeutung liegt darin, dass es über die Aussagen zu § 5a EStG hinaus auch zu gewerbesteuerlichen Fragestellungen im Zusammenhang mit der Tonnagesteuer Stellung nimmt.

2. Wird der Gewinn einkommensteuerlich nach den Grundsätzen der Tonnagesteuer ermittelt, gilt dieser Gewinn auch als Gewerbeertrag (§ 7 Satz 3 GewStG). Kürzungen und Hinzurechnungen dieses pauschal ermittelten Betrags nach §§ 8, 9 GewStG sind grundsätzlich ausgeschlossen (BFH, Urteil vom 6.7.2005, VIII R 72/02, BStBl II 2010, 828, BFH/PR 2008, 513). Das gilt auch für eine Kürzung nach § 9 Nr. 3 GewStG.

3. Nach § 9 Nr. 3 GewStG werden 80 % des Gewerbeertrags aus dem Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr als auf eine ausländische Betriebsstätte entfallend angesehen und deshalb gekürzt. Wird der Gewinn einkommensteuerlich nach allgemeinen Grundsätzen und nicht pauschal nach § 5a EStG ermittelt, ist § 9 Nr. 3 GewStG grundsätzlich anwendbar.

Allerdings enthält § 9 Nr. 3 Satz 4 GewStG für den Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr eine Definition, die § 5a Abs. 2 Satz 1 EStG ähnelt. Nicht verlangt werden allerdings eine Eintragung im inländischen Seeschiffsregister und eine inländische Bereederung. Bezüglich der Einbeziehung von Hilfs- und Nebengeschäften sowie der Erträge aus der Vercharterung verweist § 9 Nr. 3 Satz 5 GewStG außerdem ausdrücklich auf § 5a Abs. 2 Sätze 2 bis 4 EStG.

Diese Ähnlichkeiten könnten darauf schließen lassen, dass auch die vom BFH in der Parallelentscheidung IV R 46/10 und in dem hier besprochenen Urteil für die Anwendung der einkommensteuerlichen Tonnagebesteuerung geforderte Absicht zum langfristigen Betrieb des Schiffs für Gewährung der Kürzung nach § 9 Nr. 3 GewStG ebenfalls erforderlich ist. Dies verneint der BFH aber ausdrücklich, weil § 9 Nr. 3 GewStG – anders als § 5a EStG – keine Subventionsnorm ist, sondern lediglich sicherstellen soll, dass nur die inländisch erwirtschafteten Erträge aus dem Betrieb von Handelsschiffen der GewSt unterliegen. Eine Absicht zur langfristigen Bindung an den Standort Deutschland ist für die Begrenzung der Besteuerung auf inländisch erwirtschafte Erträge ohne Bedeutung.

4. Begünstigt ist gewerbesteuerlich der aus dem Betrieb des Schiffs erzielte Gewerbeertrag. Hierzu gehört nach § 9 Nr. 3 Satz 5 GewStG auch der Gewinn aus dem Verkauf des Schiffs, wenn der Verkauf ein Hilfsgeschäft im Sinne des § 5a Abs. 2 Satz 2 EStG ist. Hierfür gelten dieselben Maßstäbe wie für § 5a EStG. Insbesondere greift hier das Erfordernis, dass bei Inbetriebnahme beabsichtigt gewesen sein muss, das Schiff mindestens ein Jahr zum Transport im internationalen Handelsverkehr einzusetzen.

Fehlt es an dieser Absicht (s. dazu näher die Anm. zum Urteil IV R 46/10, in diesem Heft S. 74), ist der Verkauf kein Hilfsgeschäft, sondern ein eigenständiger Bestandteil des Gewerbeertrags. Dieser ist der inländischen Betriebsstätte voll zuzurechnen; er wird also nicht um 80 % gekürzt. Die bis zum Verkauf erzielten Erträge aus dem Betrieb des Schiffs im internationalen Verkehr bleiben davon aber unbeeinflusst; sie werden um 80 % gekürzt, sow...

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