Auch die steuerliche Rechtsprechung bekräftigt eine Offenlegungs- und Erkundigungspflicht gegenüber dem Finanzamt.

Das Hessische FG hatte zur Grunderwerbsteuer-Befreiung entschieden, dass wenn

bei der Beantragung gem. § 6 Abs. 3  i. V. m. Abs. 1 GrEStG durch unrichtige oder unvollständige Sachverhaltsangaben objektiv der Eindruck erweckt wird, die Voraussetzungen der Befreiungsnorm seien erfüllt, obwohl im Zeitpunkt der Antragstellung bei der das Grundstück erwerbenden Gesellschaft bereits ein fast 100 %iger Gesellschafterwechsel stattgefunden hatte, und gewährt das Finanzamt daraufhin zunächst die Grunderwerbsteuer-Befreiung, liegt eine leichtfertige Steuerverkürzung i. S. d. § 378 AO vor.

Weder im Antrag auf Grunderwerbsteuerbefreiung noch in einem Begleitschreiben vom 22.12.1980 der Klägerin war ein Hinweis darauf enthalten, dass beabsichtigt war, Kapitalanleger zu werben und mit deren Hilfe das Gesellschaftsvermögen erheblich aufzustocken. Vielmehr hieß es im Schreiben vom 22.12.1980, dass die Verkäuferin einzige Kommanditistin und allein am Vermögen der Klägerin Beteiligte "ist". Durch die gewählte Formulierung wurde vermieden, den zwischenzeitlich erfolgten Eintritt weiterer Kommanditisten für das Finanzamt erkenntlich zu machen. Bei umfassender Kenntnis des Sachverhalts wäre die Grunderwerbsteuer-Vergünstigung nicht gewährt worden.

Das Hessische FG führte aus, dass eine Verpflichtung bestanden habe, dem Finanzamt in den Erläuterungen zum Befreiungsantrag den Sachverhalt unmissverständlich und vollständig darzulegen. Aufgabe des Finanzamts sei es, einen Sachverhalt steuerrechtlich zu würdigen. Dem könne ein Steuerpflichtiger bzw. ein für diesen Handelnder nicht dadurch zuvorkommen, dass er den Sachverhalt unter Zugrundelegung seiner Rechtsansicht missverständlich oder verkürzt darlegt. Außerdem wies das FG darauf hin, dass es jeglicher Lebenserfahrung widerspreche, dass einer Person, die bei einer Firma beschäftigt war, die eine Vielzahl von Immobilienfonds auflegte und die sich als persönlich haftender Gesellschafter in eine solche Fondsgesellschaft begab, die steuerlichen (auch grunderwerbsteuerrechtlichen) Probleme – zumindest in groben Zügen – unbekannt gewesen sein sollen.

Auch das FG München vertrat in einer Entscheidung zu §§ 34, 69 AO die Ansicht, dass es als besonders grobe Pflichtverletzung des Klägers angesehen werden muss, dass dieser die Steuererklärungen für vergangene Zeiträume wiederholt ohne Angabe der gegenüber einer Schweizer AG getätigten Umsätze eingereicht hat. Denn eine von der Finanzbehörde abweichende andere Rechtsauffassung entbindet die steuerpflichtige Gesellschaft bzw. den Kläger als deren Geschäftsführer nicht, die steuerlichen Pflichten zu erfüllen und demgemäß in den Erklärungen auch die streitigen Umsätze rechtzeitig anzugeben bzw. nachzuerklären.[1]

Anzumerken ist, dass die steuerliche Rechtsprechung zu § 69 AO durchaus zu Fragen des Vorsatzes oder der Leichtfertigkeit herangezogen werden kann, denn § 69 AO setzt voraus, dass "Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der (…) auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt" wurden; der Wortlaut entspricht somit insoweit dem der §§ 370, 378 AO.[2]

Der BFH führte aus, dass auch eine feste, aber irrige Rechtsüberzeugung das Vorliegen von Leichtfertigkeit nicht ausschließe, vielmehr treffe den Steuerpflichtigen auch in diesem Fall eine Informations- und Erkundigungspflicht. Deren hartnäckige Missachtung könne dazu führen, Leichtfertigkeit auch in Fällen von erweislichem Irrtum über Anwendbarkeit und Reichweite steuerlicher Vorschriften anzunehmen.[3]

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