5.1 Grenzüberschreitender Versand von Werbedrucksachen (Re-Mailing)

 

Rz. 53

Bei der Frage, ob im Rahmen sog. Mailingaktionen Lieferungen oder sonstige Leistungen ausgeführt werden, ist auf die Umstände jedes einzelnen Falls abzustellen. Aus der Sicht des Durchschnittsverbrauchers ist das Wesen bzw. sind die charakteristischen Merkmale des fraglichen Umsatzes zu ermitteln, um festzustellen, ob der Steuerpflichtige dem Verbraucher mehrere selbstständige Hauptleistungen oder eine einheitliche Leistung erbringt.[1]

Liegt der Schwerpunkt der dem Auftraggeber erbrachten Leistung in der Lieferung von Gegenständen, richtet sich die Ortsbestimmung des Umsatzes nach § 3 Abs. 6 und 7 UStG.

 
Praxis-Beispiel

M in München verpflichtet sich gegenüber K in Köln, Werbedrucksachen herzustellen und sie in adressierten und frankierten Briefumschlägen den Abnehmern des K in Frankreich zuzustellen. M bedient sich hierfür des Unternehmers P in Paris. M schickt die Drucksachen im Juli 01 per Post an P:

  1. M überlässt dem P das Kuvertieren, Adressieren (anhand einer beigefügten Adressliste) und Frankieren.

    M erbringt K eine einheitliche Leistung, deren Gegenstand die Lieferung von Werbedrucksachen ist, die kuvertiert, adressiert und frankiert den jeweiligen Abnehmern zugestellt werden. Der Leistungsgegenstand entsteht erst in Paris, von wo aus er an die Abnehmer des K in Frankreich verschickt wird. Die Lieferung des M wird nach § 3 Abs. 7 S. 1 UStG in Frankreich ausgeführt und unterliegt deshalb nicht der deutschen (wohl aber der französischen) USt.

    Das Verbringen der Drucksachen und Briefumschläge durch M nach Frankreich ist nicht nach § 3 Abs. 1a UStG einer (innergemeinschaftlichen) Lieferung gleichgestellt, da das Verbringen nur zu einer vorübergehenden Verwendung (Ausführung der Werklieferung an K) erfolgt.[2]

  2. M hat die Drucksachen bereits kuvertiert, sodass P die Briefumschläge nur noch adressieren und frankieren muss.

    Es gilt das zu 1. Gesagte entsprechend.

  3. M kuvertiert und adressiert die Drucksachen, dem P verbleibt nur noch das Frankieren.

    Da das Frankieren einen wesentlichen Teil der Gesamtleistung darstellt, entsteht auch in diesem Fall der Liefergegenstand erst in Paris. Es ergibt sich deshalb auch hier das zu 1. dargestellte Ergebnis.

Ist dem Auftraggeber dagegen daran gelegen, eine Dienstleistung zu erlangen, richtet sich die Ortsbestimmung nach § 3a UStG. Das ist z. B. der Fall, wenn ein Unternehmer im Rahmen sog. "Mailingaktionen" Leistungen zur Planung, Herstellung, Verteilung und Erfolgskontrolle von Serienbriefen erbringt, um deren Adressaten zur Zahlung von Spenden zu bewegen.[3]

5.2 Kauf auf Probe/Auswahlsendungen bei Versandhäusern

 

Rz. 54

Die Geschäftsbedingungen inländischer Versandhandelsunternehmen gestatten es ihren Abnehmern häufig, Artikel zur Ansicht zu bestellen oder bestellte Artikel bei Nichtgefallen binnen einer bestimmten Frist zurückzusenden. Fraglich ist, ob und zu welchem Zeitpunkt aus umsatzsteuerlicher Sicht Lieferungen stattfinden:

 

Beispiele:

  1. Kauf "auf Probe"

    Ein Versandhaus verschickt Waren "per Post auf Probe" (aufschiebende Bedingung) an inländische Kunden.

    Zur Frage, wann der Zeitpunkt der Lieferung anzunehmen ist, ist § 3 Abs. 6 S. 1 UStG nicht anzuwenden.[1] Dem Abnehmer wird die faktische Befähigung zur Verfügung an dem Gegenstand und damit umsatzsteuerliche Verfügungsmacht erst nach Ablauf der 14-tägigen Billigungsfrist oder bei vorheriger Zahlung verschafft.

    Erklärt der Kunde rechtzeitig durch Rücksendung der Ware die Nichtbilligung, kommt ein Kaufvertrag nicht zustande; eine Lieferung wird somit nicht ausgeführt.

    Bis zur Billigung der Sendung durch die Empfänger durften diese nicht wie ein Eigentümer beliebig mit den Waren verfahren, denn es stand noch nicht fest, ob sie die Waren zurückzugeben hatten. Damit waren ihnen bis zu diesem Zeitpunkt weder Substanz noch Wert der Ware übertragen worden. Da noch keine Versendung "des Gegenstands der Lieferung" stattfand, bestimmt sich der Ort der Lieferungen nach § 3 Abs. 7 S. 1 UStG. Zum Zeitpunkt der Lieferung (Billigung durch die Empfänger der Sendung) befanden sich die Gegenstände bei den Kunden. Dort liegt der Leistungsort.[2]

  2. Kauf mit Rückgaberecht

    Ein Versandhaus schließt mit seinen Kunden Kaufverträge mit Rückgaberecht.

    Der Bestellung folgt in diesen Fällen der unbedingte Vertragsabschluss mit dem Kunden. In diesen Fällen bestimmt sich der Lieferort nach § 3 Abs. 6 S. 1 UStG; die Lieferung gilt als mit Beginn der Beförderung bzw. Versendung ausgeführt.[3]

    Macht ein Kunde von seinem Rückgaberecht Gebrauch, erfolgt eine Rückgängigmachung der Lieferung.[4]

 

Rz. 55

Auch wenn ein Unternehmen einem Kunden Auswahlsendungen zusendet, steht der Liefergegenstand bei Beginn der Beförderung/Versendung noch nicht fest; vielmehr entscheidet der Abnehmer erst durch seine Wahl, an welchem Gegenstand Verfügungsmacht verschafft werden soll. Der Ort bestimmt sich auch in diesem Fall nach § 3 Abs. 7 S. 1 UStG und ...

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