Entscheidungsstichwort (Thema)
Erhebung von Gerichtskosten bei Abtrennung von Verfahrensteilen
Leitsatz (amtlich)
Eine Nichterhebung von Gerichtskosten nach § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG wegen unrichtiger Sachbehandlung setzt ein erkennbares Versehen oder einen offensichtlichen Verstoß gegen eindeutige Vorschriften durch das Gericht voraus. Ein solcher Verstoß liegt in der Regel nicht darin, dass nach Teilrücknahme der Klage hinsichtlich eines abtrennbaren Klagegegenstands und Aufrechterhaltung der restlichen Klage der zurückgenommene Teil nach § 73 Abs. 1 Satz 2 FGO von dem bisherigen Verfahren abgetrennt wird. Solange nicht ersichtlich ist, dass sich auch der aufrechterhaltene Teil der Klage zeitnah erledigen wird, handelt es sich dabei um eine sachgerechte Ermessensentscheidung.
Normenkette
FGO § 73 Abs. 1; GKG § 21 Abs. 1 S. 1, § 52 Abs. 1, 4, § 66
Tatbestand
I.
Mit seiner am 13. Dezember 2010 beim Schleswig-Holsteinischen Finanzgericht eingegangenen Klage (Az: 5 K 265/10) wandte sich der Kläger gegen den Einkommensteuerbescheid 2007, den Umsatzsteuerbescheid 2007 und den Gewerbesteuermessbetragsbescheid für 2007. Nach Abtrennung des Verfahrens hinsichtlich der Umsatzsteuer 2007 aufgrund unterschiedlicher Zuständigkeiten nach dem Geschäftsverteilungsplan des Gerichts und einem Wechsel des Prozessbevollmächtigten nahm der Kläger durch Schriftsatz seines neuen Prozessbevollmächtigten vom 04. April 2011 hinsichtlich des Gewerbesteuermessbetrages für das Jahr 2007 die Klage zurück. Zugleich wurde eine bis dahin nicht vorliegende Klagbegründung für die hinsichtlich des Einkommensteuerbescheides 2007 aufrechterhaltene Klage angekündigt. Ferner wurde darauf hingewiesen, dass weiterhin Bemühungen bestünden, mit dem Finanzamt eine einvernehmliche Regelung herbeizuführen. Mit Beschluss des Berichterstatters vom 06. April 2011 wurde daraufhin das Verfahren betreffend den Gewerbesteuermessbetragsbescheid 2007 von dem Verfahren 5 K 265/10 abgetrennt und unter dem Az. 5 K 67/11 eingestellt. Nach einer einvernehmlichen Regelung zwischen dem Kläger und dem Finanzamt nahm der Kläger schließlich auch die aufrechterhaltene Klage gegen den Einkommensteuerbescheid 2007 in der Sache 5 K 265/10 mit Schriftsatz vom 29. Juni 2011 zurück.
Mit Kostenrechnung vom 29. April 2011 wurden dem Kläger - ausgehend von dem Mindeststreitwert von 1.000 € - in dem abgetrennten Verfahren 5 K 67/11 Gerichtsgebühren in Höhe von 110 € in Rechnung gestellt.
Hiergegen hat der Kläger am 12. Mai 2011 die vorliegende Erinnerung eingelegt.
Er macht geltend, dass in dem abgetrennten Verfahren keine Gerichtskosten erhoben werden könnten. Jedenfalls liege ein Fall der unrichtigen Sachbehandlung nach § 21 GKG vor. Eine Abtrennung sei nicht zwingend erforderlich gewesen. Dies könne nicht in der Weise zu Lasten des Klägers gehen, dass diesem durch die Abtrennung Mehrkosten entstünden. Eine Verfahrenstrennung dürfe mit Blick auf Art. 3 Abs. 1 GG nicht willkürlich sein. Eine Willkür sei insbesondere dann nicht gegeben, wenn die Verfahrenstrennung dazu diene, den Prozessstoff zu ordnen und übersichtlicher zu gestalten. Eine derartige Rechtfertigung sei vorliegend jedoch nicht gegeben. Die Klage sei zum Zeitpunkt der Abtrennung noch nicht begründet gewesen. Es habe daher noch keinen zu ordnenden Prozessstoff gegeben. Das zukünftige Vorbringen hätte sich nur noch auf die streitige Einkommensteuer 2007 bezogen. Aus Gründen der Übersichtlichkeit sei eine Verfahrenstrennung nicht erforderlich gewesen. Im Übrigen sei dem Gericht auch damals bereits mitgeteilt worden, dass zwischen den Beteiligten weiterhin Einigungsversuche unternommen würden. Ein sachlicher Grund für die Verfahrenstrennung sei daher nicht ersichtlich.
Die Kostenbeamtin hat der Erinnerung nicht abgeholfen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Erinnerung ist nach § 66 Abs. 1 GKG statthaft. Sie ist jedoch unbegründet.
1. Die kostenrechtlich getrennte Behandlung der Verfahren 5 K 67/11 und 5 K 265/10 ist nicht zu beanstanden. Kommt es zu einer Abtrennung von Verfahrensteilen (§ 73 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung -FGO-), ist für jeden Verfahrensteil rückwirkend auf den Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung ein Einzelstreitwert anzusetzen (vgl. Schwarz in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 139 FGO Rz. 234; Gräber/Koch, FGO, 7. Aufl., § 73 Rz. 29; BFH, Beschluss vom 22. September 2008 II E 14/07 zitiert nach juris). Für die Verfahrensgebühr ist in diesem Fall ebenfalls nicht von einem Gesamtstreitwert, sondern jeweils von Einzelstreitwerten auszugehen (vgl. Brandis in Tipke/Kruse, AO-FGO, vor § 135 FGO Rz. 106; BFH, Beschluss vom 22. September 2008 II E 14/07 zitiert nach juris). Vor diesem Hintergrund ist der Ansatz des - von dem Kläger auch der Höhe nach nicht beanstandeten - Mindeststreitwerts von 1.000,00 € nach § 52 Abs. 1 und Abs. 4 GKG sowie der Ansatz von 2,0 Gerichtsgebühren gemäß KV Nr. 6111 zum GKG für das abgetrennte Verfahren grundsätzlich nicht zu beanstanden.
2. Entgegen der Auffassung des Klägers kann im Streitfall aber auch ...