Entscheidungsstichwort (Thema)

Sanierungskosten nach Erwerb eines Grundstücks mit unrenoviertem Altbau als Gegenleistung. Grunderwerbsteuer (FlNr. a/4, Haus Nr. 29 a)

 

Leitsatz (redaktionell)

Bei mehreren Verträgen ggf. mit anderen Vertragspartnern ist ein Grundstück über den Fall einer rechtlichen Bestandsverknüpfung kraft Parteiwillens hinaus auch dann in saniertem Zustand Erwerbsgegenstand, wenn zwischen den Verträgen ein so enger sachlicher Zusammenhang besteht, dass der Erwerber bei objektiver Betrachtung ein saniertes Grundstück erhält. Dazu muss entweder der Erwerber im Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages in seiner Entscheidung über das „Ob” und „Wie” einer Bebauung gegenüber dem Veräußerer nicht mehr frei gewesen sein oder aber ihm muss aufgrund einer konkreten und bis (annähernd) zur Baureife gediehenen Vorplanung ein bestimmtes Grundstück zu einem im wesentlichen feststehenden Preis angeboten worden sein. In letzterem Fall indiziert bereits die Hinnahme des von der Anbieterseite vorbereiteten Geschehensablaufs seitens des Erwerbers einen objektiven engen sachlichen Zusammenhang zwischen dem Grundstückskaufvertrag und dem Vertrag über die Gebäudeerrichtung.

 

Normenkette

GrEStG § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 23.08.2006; Aktenzeichen II R 43/04)

 

Tenor

1. Unter Änderung des Bescheids über Grunderwerbsteuer vom 12. Juli 1996 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20. Dezember 1999 wird die Grunderwerbsteuer auf EUR 3.309 festgesetzt.

2. Die Kosten des Verfahrens werden dem Finanzamt auferlegt.

3. Falls Revision eingelegt wird, ist das Urteil im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

5. Die Akten der Verfahren 1 K 122/00, 1 K 150/00 und 1 K 151/00 werden beigezogen.

 

Tatbestand

Die Steuerberater Ka und Dr. Kr, der Bauunternehmer G. Qu. und die Pr. Ra. mbH, die sich im Januar 1994 zu einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) zusammengeschlossen haben (vgl. Schreiben der Ver. und Partner GmbH vom 13. Juli 1995, Blatt 45 Gemeinschaftsakte – 202/803/41437 –), erwarben in Gesellschaft bürgerlichen Rechts (im Folgenden: GbR) mit notariellem Kaufvertrag vom 15. Februar 1994 die Flurstücke Nr. a, b und c der Gemarkung D. (Postanschrift: D., S.-Str.).

Am 15./20. März 1994 schlossen die Klägerin, die Gesellschafterin und alleinige Geschäftsführerin der Pr. Ra. mbH war, die Steuerberater Ka und Dr. Kr, Franz Qu. und G. Qu. einen vorläufigen Gesellschaftsvertrag, wonach die GbR die Grundstücke S.-Str. bis 31 erwerben, sanieren bzw. bebauen, vermieten sowie dauerhaft verwalten sollte. U.a. war geregelt, dass die Klägerin ihre GbR-Anteile treuhänderisch durch die Pr. Ra. mbH halten lassen konnte, wobei sichergestellt sein musste, dass „sie dieses Treuhandverhältnis in bezug auf alle Entscheidungen, Maßnahmen und Handlungen beherrscht”. Auch war vereinbart, dass die „Sanierungs- und Bauarbeiten … von den Gesellschaftern gemeinsam geplant, beauftragt und durchgeführt” werden. Zu den Vereinbarungen im Einzelnen verweist das Gericht auf den genannten Vertrag vom 15./20. März 1994 (Blatt 147 ff. Gemeinschaftsakte).

Am 13. April 1995 wurde das Treuhandverhältnis zwischen der Klägerin und der Pr. Ra. mbH beendet. Die Klägerin erhielt mit Wirkung zum 31. Januar 1995 die Mitgliedschaft der Pr. Ra. mbH in der GbR übertragen und trat in deren Rechtsstellung ein (notarielle Urkunde Nr. 70/95, Blatt 12 ff. Gemeinschaftsakte). Außerdem erhielt die Klägerin zunächst eine weitere Beteiligung von 20 % übertragen (notarielle Urkunde Nr. 69/95, Blatt 1 ff. Gemeinschaftsakte) und übertrug an zwei neue eintretende Gesellschafter Beteiligungen an der GbR von jeweils 10 % (notarielle Urkunde Nr. 74/95, Blatt 41 ff. Gemeinschaftsakte). Schließlich fassten die Gesellschafter den Gesellschaftsvertrag neu (notarielle Urkunde Nr. 74/95) und vereinbarten, das Grundeigentum Flurstück Nr. a und Flurstück Nr. b real entsprechend ihren Gesellschaftsanteilen unter sich aufzuteilen. Die Klägerin sollte nach den Vereinbarungen die Grundstücke mit den Gebäuden Hausnummern 29, 29 a, 29 b und 29 c (spätere Flurstücke Nrn. a/2, a/4 – das streitbefangene Grundstück –, a/5 und a/6) erhalten (notarielle Urkunde Nr. 76/95, Blatt 74 ff Gemeinschaftakte). Zu den getroffenen Vereinbarungen im Einzelnen verweist das Gericht auf die Urkunden (Nr. 68, 69, 70, 73, 74 und 76/95).

In der Folge schlossen die GbR-Gesellschafter und nunmehrigen Eigentümer mit der Pr. Ra. mbH Generalübernehmer-Verträge über die Sanierung und Modernisierung der einzelnen Mietshäuser ab. Die Klägerin traf am 2. Juli 1996 eine entsprechende Vereinbarung über die Sanierung des Hauses Nr. 29 a. Als Vergütung war ein Pauschalpreis von 1.203.451,92 DM zuzüglich Umsatzsteuer vereinbart. Zu den Vereinbarungen...

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