OFD Erfurt, Verfügung v. 10.12.2002, S 1401 A - 04 - L 251

Bezug: OFD-Verfügung vom 31.01.1996 – S 1401 A – 04 – St 353 (H)

Anlage: 1

Die Prüfung der Kapitalertragsteuer gehört zu den Aufgaben des Betriebsprüfungsdienstes. Es ist deshalb sicherzustellen, dass bei Vorbereitung und Anordnung von Betriebsprüfungen über die Frage entschieden wird, ob der Umfang der Betriebsprüfung auch die Kapitalertragsteuer nach §§ 43 ff. EStG umfasst (§ 50b EStG). Eine Prüfung der Kapitalertragsteuer kann insbesondere bei der Außenprüfung von Kreditinstituten in Betracht kommen.

Die Prüfungsmaßnahmen sollen sich auch auf die Voraussetzungen für Ausnahmen vom Steuerabzug vom Kapitalertrag erstrecken (z. B. §§ 43 Abs. 2, 44a EStG).

Bei der Auszahlung von Erträgen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG kann grundsätzlich nur dann vom Kapitalertragsteuerabzug abgesehen werden, wenn

  • ein Freistellungsauftrag
  • eine Nichtveranlagungsbescheinigung oder
  • der Nachweis des ausländischen Wohnsitzes des Gläubigers der Kapitalerträge

vorgelegt wird.

Ist der Kapitalertragsteuerabzug wegen des ausländischen Wohnsitzes des Gläubigers unterblieben, ist stichprobenhaft die Richtigkeit der Wohnsitzangabe zu überprüfen. Hierzu soll das Kreditinstitut zunächst aufgefordert werden, nachprüfbare Angaben zum Wohnsitz des Gläubigers vorzulegen. Ist es dazu nicht in der Lage, sind Auskunftsersuchen an die Behörden des (vermeintlichen) Wohnsitzstaates des Gläubigers der Kapitalerträge zu richten. Bestätigt sich dabei der ausländische Wohnsitz nicht, hat das Kreditinstitut nachzuweisen, dass es kein Verschulden an der Unkenntnis dieser Tatsache trifft (§ 44 Abs. 5 Satz 1 EStG).

Ausländische Empfänger (Gläubiger) von Dividenden und bestimmten anderen Kapitalerträgen sind nach Maßgabe von Doppelbesteuerungsabkommen oder nach § 44d EStG (§ 43b EStG in der Fassung des Steuersenkungsgesetzes – StSenkG – vom 23.10.2000 [BStBl 2000 I S. 1428]) von der Kapitalertragsteuer ganz oder teilweise zu entlasten (Verfahren nach § 50d EStG). Dies geschieht regelmäßig mit einem Erstattungsverfahren. Bei diesem Verfahren wird die Kapitalertragsteuer zunächst in voller Höhe vom inländischen Zahlungsverpflichteten (Schuldner) einbehalten und an das für ihn zuständige Finanzamt abgeführt. Anschließend erstattet das Bundesamt für Finanzen auf Antrag des (ausländischen) Gläubigers die zuviel gezahlte Steuer. Bei Schachtelbeteiligungen ist unter bestimmten Voraussetzungen auch ein Freistellungsverfahren möglich, bei dem der inländische Schuldner den Steuerabzug von vornherein ganz oder teilweise unterlassen kann, sofern ihm eine Freistellungsbescheinigung des Bundesamtes für Finanzen vorliegt (§ 50d Abs. 2 EStG n. F.). Wegen der Einzelheiten wird auf das BMF-Schreiben vom 7.5.2002 (BStBl 2002 I S. 521 ff.) hingewiesen.

Zur Abstandnahme vom Kapitalertragsteuerabzug und zur Erstattung von Kapitalertragsteuer wird unter dem Az.: S 2400 A – 01 – L 224 demnächst eine Verfügung bekannt gegeben (Aufnahme im VTB-Handbuch, Fach 19, Teil 4, Seite 1), auf die ich in diesem Zusammenhang hinweise.

Ist Empfänger (Gläubiger) der Kapitalerträge ein beschränkt steuerpflichtiger Anteilseigner und die §§ 43b, 50d EStG n. F. kommen nicht zur Anwendung (z.B. bestimmte ausländische Anteilseigner oder beschränkt steuerpflichtige inländische juristische Person des öffentlichen Rechts [=> § 2 Nr. 2 KStG]), so ist die Steuer durch den Kapitalertragsteuerabzug abgegolten (§ 50 Abs. 5 Satz 1 EStG; § 32 Abs. 1 Nr. 2 KStG n. F.). Wird in diesen Fällen die Prüfung der Kapitalertragsteuer gegenüber der ausschüttenden Gesellschaft angeordnet, bitte ich Folgendes zu beachten:

Nach § 45a EStG ist die ausschüttende Gesellschaft verpflichtet, eine Kapitalertragsteueranmeldung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck einzureichen. Stellt der Betriebsprüfer im Rahmen der Außenprüfung das Vorliegen verdeckter Gewinnausschüttungen (vGA) fest, ist für Zwecke der Prüfung der Verjährung die Anlaufhemmung nach § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO zu berücksichtigen. Der Umstand, dass die ausschüttende Gesellschaft nicht Steuerschuldner der Kapitalertragsteuer, sondern (lediglich) Entrichtungsschuldner (§ 44 Abs. 1 EStG) ist, ist insoweit unbeachtlich (vgl. auch Urteil des BFH vom 14.7.1999, BStBl 2001 II S. 556).

Die Ablaufhemmung des § 171 Abs. 4 AO tritt jedoch durch eine Außenprüfung bei der ausschüttenden Gesellschaft mit Wirkung gegenüber dem Empfänger der Ausschüttung nicht ein, da sie sich nur auf die Steuerschulden des in der Prüfungsanordnung genannten Adressaten erstreckt. Die ausschüttende Gesellschaft ist jedoch Haftungs- bzw. Entrichtungsschuldner (nicht Steuerschuldner) der Kapitalertragsteuer. Aus diesem Grunde kann es im Einzelfall dazu kommen, dass trotz Anlaufhemmung nach § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO ein Haftungsbescheid gegenüber der ausschüttenden Gesellschaft nicht mehr ergehen kann, weil die Steuer gegenüber dem Empfänger der Ausschüttung wegen des Ablaufs der Festsetzungsfrist nicht mehr festgesetzt werden kann (Grundsatz der Akzessorietät...

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