Allgemein versteht man unter einem Risiko die Möglichkeit einer positiven oder negativen Planabweichung (Chancen und Gefahren). Risiken sind aufgrund einer nicht sicher vorhersehbaren Zukunft mit jeder unternehmerischen Tätigkeit verbunden, weshalb die Fähigkeiten im Umgang mit Risiken für den Unternehmenserfolg von großer Bedeutung sind. So sind es die Risiken, die einzeln oder in Kombination negative Planabweichungen, Verluste oder gar Insolvenzen auslösen können. Neben Ertragskraft und Risikodeckungspotenzial (Eigenkapital- und Liquiditätsausstattung) ist es der aggregierte Gesamtrisikoumfang, der die Insolvenzwahrscheinlichkeit von Unternehmen bestimmt (Insolvenzrisiko). Die zentrale Herausforderung jeder "unternehmerischen Entscheidung" besteht deshalb darin, die unvermeidlich verbundenen Chancen und Gefahren adäquat im Entscheidungskalkül zu berücksichtigen,[1] indem Risiken identifiziert, quantifiziert, aggregiert und gegen die erwarteten Erträge abgewägt werden.

Risiken für die Unternehmensführung haben Auswirkung auf das Performance Measurement und sind ein zentraler Aspekt auf dem Weg zu einem Performance Measurement 2.0. Ein risikoadjustiertes Performancemaß berücksichtigt in Kennzahlen alle relevanten Risiken, um als Grundlage für Entscheidungen zu dienen.

Auch bei einer "fairen" Beurteilung der Leistung eines Unternehmens, Geschäftsbereichs oder Mitarbeiters sind Risiken zu betrachten. Darunter versteht man im Allgemeinen den Anteil von

  • Kompetenz und Anstrengung bzw.
  • Zufall

bei einer beobachtbaren Leistung Je größer die eingegangenen Risiken, desto größer der Spielraum für Zufallseinflüsse.

[1] Vgl. Gleißner, 2019.

2.1 Erweiterung der BSC um Risikokennzahlen

Wie oben skizziert haben Risiko und Risikomanagement verschiedene Verknüpfungspunkte mit dem Performance Measurement. Während das Thema Risiko in der ursprünglichen BSC von Kaplan und Norton noch weitgehend ignoriert wurde, findet man heute immer mehr Ansätze für die Verbindung von Risiko und Risikomanagement mit der BSC. Die Ansatzpunkte sind dabei vielfältig. Besonders zu beachten sind dabei 3 Hauptlinien, die auch in kombinierter Weise verwendet werden können:

  1. Risikokennzahlen in der Finanzperspektive:

    Aus der Risikoanalyse und Risikoaggregation ergeben sich Kennzahlen zur Charakterisierung des Gesamtrisikoumfangs, die aufgrund ihrer strategischen Bedeutung in die BSC Eingang finden sollten (speziell in die Finanzperspektive). Zu nennen sind insbesondere die Insolvenzwahrscheinlichkeit als Maß für das Insolvenzrisiko (Grad der Bestandsgefährdung) eines Unternehmens sowie Kennzahlen zur Erfassung des Ertragsrisikos (wie den Variationskoeffizienten von Cashflow, Gewinn oder Ertrag, als Maß für die Planungssicherheit). Daraus ableitbar sind der Kapitalkostensatz als Mindestanforderung an die Kapitalrendite eines Unternehmens sowie der sich daraus ergebende Unternehmenswert (s. Abb. 1).[1]

  2. Ergänzende Risikoperspektive:

    Will man mehr als die finanziellen Auswirkungen des aggregierten Gesamtrisikoumfangs in der BSC erfassen, können weitere Risikokennzahlen (oder Risikomaße) bezogen auf einzelne Risiken oder Risikofelder erfasst werden. Dies ist möglich über die Einbeziehung von Risikoinformationen in die traditionellen 4 Perspektiven der BSC, die Ergänzung der BSC um eine eigenständige "Risiko-Perspektive" mit Risikoinformationen oder ähnliche Konzepte wie bspw. die Chance and Risk Scorecard.[2]

  3. Direkte Verknüpfung von BSC-Kennzahlen mit den ihnen zuordenbaren Risiken:

    Die BSC kann als Instrument des (strategischen) Risikomanagements genutzt werden, indem systematisch zu jeder BSC-Kennzahl diejenigen Risiken identifiziert werden, die Planabweichungen auslösen könnten. Macht man nun die Verantwortlichen für BSC-Ziele und Kennzahlen zugleich zu den Beauftragten für die dieser Kennzahl zugeordneten Risiken, verbindet man BSC und Risikomanagement unmittelbar.

Abb. 1: Verknüpfung Risikomanagement und BSC[3]

Die Verknüpfung zwischen den BSC-Kennzahlen und den zugeordneten Risiken ist ein wesentlicher Teil eines integrativen Risikomanagements.[4] Der Vorteil einer derartigen Verbindung besteht zum einen in der höheren Effizienz, weil die Kennzahlen-Verantwortlichen zugleich für die Überwachung der zugeordneten Risiken verantwortlich sind ("Risikobeauftragte"). Bei einer Abweichungsanalyse wird außerdem eine faire Zuordnung der Verantwortlichkeit für eingetretene Planabweichungen möglich, weil berechnet werden kann, welche durch "exogene" Risiken verursacht worden sind.

[1] Vgl. Gleißner, 2019.
[2] Vgl. Reichmann, 2001 und 2020.
[3] In Anlehnung an Gleißner, 2000.
[4] Vgl. Gleißner, 2020.

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