Leitsatz (amtlich)

1. Auch bei der Zweipersonengesellschaft ist die Nichtigkeitsklage gegen die Gesellschaft und nicht gegen den den ggf. fehlerhaften Beschluss tragenden Gesellschafter zu richten.

2. Betrifft der angegriffene Beschluss die organschaftliche Stellung eines Geschäftsführers, ist im Gerichtsverfahren ausschließlich derjenige gesetzlicher Vertreter der Gesellschaft, der bei Wirksamkeit des angegriffenen Beschlusses als deren Geschäftsführer anzusehen wäre.

 

Normenkette

AktG § 241 ff.

 

Verfahrensgang

LG Neubrandenburg (Urteil vom 15.08.2002; Aktenzeichen 10 O 1/02)

 

Tenor

Die Berufung der Kläger gegen das am 15.08.2002 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Neubrandenburg – Az.: 10 O 1/02 – wird zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten der Berufung jeweils zur Hälfte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 12.500,00 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit von Gesellschaftsbeschlüssen.

Die Klägerin zu 1) ist eine zweigliedrige Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Gesellschafter waren seit 1997 der Beklagte und seit August 1998 der Kläger zu 2). Beide hielten Geschäftsanteile von jeweils 50 %; beide wurden zu alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführern bestellt. Sie sind darüber hinaus in der C. W. & D. Gesellschaft bürgerlichen Rechts miteinander verbunden.

Nach § 7 Abs. 5 des Gesellschaftsvertrages bedürfen alle Gesellschafterbeschlüsse der Schriftform. In § 7 Abs. 3 Ziffer 1., 6. ist bestimmt, dass Gesellschafterbeschlüsse, deren Gegenstand die Bestellung oder Abberufung der Geschäftsführer oder die Einziehung von Geschäftsanteilen aus wichtigem Grund sind, der Mehrheit von drei Vierteln der Stimmen aller Gesellschafter bedürfen (vgl. näher Anlage K 2, GA 18-23).

Der Beklagte beabsichtigte Ende des Jahres 2001, seinen Geschäftsanteil an einen Dritten zu veräußern. Die operative Arbeit und die kaufmännische Geschäftsführung der Klägerin zu 1) wurde zu dieser Zeit durch den Kläger zu 2) ausgeführt. Zum Zwecke der Veräußerung fand am 26.11.2001 in den Geschäftsräumen der Klägerin zu 1) eine Besprechung statt, an der neben den beiden Gesellschaftern auch der potentielle Erwerber teilnahm. Eine Einigung über die Veräußerung der Geschäftsanteile scheiterte, da der Erwerber behauptete, die finanzielle Situation der Gesellschaft sei nicht hinreichend positiv.

Der Kläger zu 2) plante, im Anschluss eine Gesellschafterversammlung durchzuführen. Der Beklagte verließ die Besprechung mit dem Hinweis, dass eine Gesellschafterversammlung nicht wirksam einberufen worden sei. Der Kläger zu 2) führte sodann dennoch eine Gesellschafterversammlung durch, bei der er mit seiner Stimme die Abberufung des Beklagten als Geschäftsführer beschloss.

Noch am 26.11.2001 hob der Beklagte von den Geschäftskonten der Klägerin zu 1) insgesamt 60.858,66 DM ab; ein Betrag von 50.000,– DM wurde durch seine von ihm hierzu bevollmächtigte Lebensgefährtin in bar abgehoben. 4.600,– DM ließ er sich selbst bar auszahlen, weiter tätigte er eine Überweisung auf sein Privatkonto in Höhe von 6.258,66 DM. In der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht zu dem Verfahren 10 0 127/01 erklärte er, er habe dies getan, um „Masse sicherzustellen”. Bei dem abgehobenen Geld handelte es sich um sämtliche, der Gesellschaft zur Verfügung stehenden liquiden Finanzmittel.

Der Beklagte forderte den Kläger zu 2) mit eingeschriebenem Brief vom 26.11.2001 auf, ihm bis zum 29.11.2001 Einsicht in die Geschäftsunterlagen der Klägerin zu gewähren. Gleichzeitig berief er für den 05.12.2001 eine Gesellschafterversammlung ein. Er teilte mit, dass er „Maßnahmen zur Sicherung der Masse ergriffen” habe (vgl. Anlage K 3, GA 26-27).

Am gleichen Abend lud der Kläger zu 2) den Beklagten per e-mail zu einer Gesellschafterversammlung auf den folgenden Tag um 10.00h. Als einzigen Tagesordnungspunkt sah er die Abberufung des Beklagten als Geschäftsführer vor. Der Beklagte nahm die Einladung erst am 29.11.2001 zur Kenntnis.

Am 27.11.2001 fragte der Beklagte bei den Geschäftsbanken zu weiteren Zahlungseingängen nach. Ihm wurde seitens der Bank jedoch keine Auskunft erteilt, weil der Kläger zu 2) ihm die Verfügungsmacht – unstreitig – entzogen habe.

Am gleichen Tag ließ der Beklagte bei der Notarin H. notarielle Schuldanerkenntnisse zu Lasten der Klägerin beurkunden. Dabei erklärte er, als Geschäftsführer der Klägerin zu 1) zu handeln. Mit dem Schuldanerkenntnis erkannte er an, dass die Klägerin ihm – dem Beklagten – zu Zahlungen über 185.457,19 DM und 30.000,– DM verpflichtet sei (aus der Verpflichtung zur Zahlung von Geschäftsführergehalt und aus Beratungstätigkeit). Gleichzeitig unterwarf sich die Klägerin zu 1) aufgrund der Erklärung des Beklagten der sofortigen Zwangsvollstreckung. Dies geschah nach dem Vortrag des Beklagten in dem Verfahren 10 0 128/01 mit dem Ziel, vorläufig und kurzfristig die Konten, über die er keine Verfügungsgewalt me...

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