Entscheidungsstichwort (Thema)

Pensionszusage nicht bereits verdeckte Gewinnausschüttung bei Vorliegen von Überschuldung im fiktiven Versorgungsfall (entgegen BMF, BStBl II 1999, 512; FG-Köln, EFG 1999, 1098)

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Ist die zusagende Kapitalgesellschaft wirtschaftlich nicht in der Lage, das mit der Pensionszusage übernommene Risiko zu tragen, dann ist die Ernsthaftigkeit der Pensionszusage in der Regel zu verneinen.
  2. Es gibt keinen Automatismus desgestalt, dass eine Pensionszusage nicht finanzierbar und damit nicht ernsthaft vereinbart ist, wenn bei einem unmittelbar nach dem Bilanzstichtag eintretenden Versorgungsfall der Barwert der künftigen Pensionsleistungen am Ende eines Wirtschaftsjahres auch nach Berücksichtigung einer etwaigen Rückdeckungsversicherung zu einer Überschuldung der GmbH-Bilanz führen würde.
  3. Auch bei der Frage der Finanzierbarkeit einer Pensionszusage sind sämtliche Umstände des Einzelfalles in die Abwägung einzubeziehen.
  4. Der ordentliche Geschäftsleiter einer Kapitalgesellschaft ist nicht dazu verpflichtet, jegliche risikobehafteten Geschäfte zu unterlassen, wenn diese die theoretische Möglichkeit einer bilanziellen Überschuldung in sich bergen. Es kann lediglich verlangt werden, dass der Geschäftsleiter erkennbare Gefahren, mit deren Eintritt mit einiger Wahrscheinlichkeit zu rechnen ist, in die Abwägung einbezieht.
  5. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der gesellschaftsrechtlichen Veranlassung der Pensionszusage ist der Zeitpunkt ihrer Zusage. Eine Veränderung der wirtschaftlichen Situation der Gesellschaft löst nicht die Verpflichtung aus, eine Anpassung der Pensionszusage herbeizuführen.
 

Normenkette

KStG § 8 Abs. 3 S. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 28.11.2001; Aktenzeichen I R 86/00)

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Zuführungen zur Pensionsrückstellung für den beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer als verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) anzusehen sind.

Die zum Zweck der Betriebsaufspaltung mit notariellem Gesellschaftsvertrag vom 30.12.1988 in der Rechtsform einer GmbH gegründete Klägerin hat zum Gegenstand des Unternehmens den Handel mit Nutz- und Schlachtvieh sowie aller damit zusammenhängenden Geschäfte und Tätigkeiten. Am Stammkapital in Höhe von 120.000 DM sind der Gesellschafter H (H) mit 100.000 DM und seine Ehefrau mit 20.000 DM beteiligt. Mit Pacht- und Betriebsüberlassungsvertrag vom 31.12.1988 hat der Gesellschafter sein Viehhandelseinzelunternehmen mit Wirkung vom 01.01.1989 zu Buchwerten übertragen, soweit es seinem Anteil am Stammkapital der Klägerin entspricht. Die Klägerin führt die Geschäfte des Einzelunternehmens fort.

Der Gesellschafter H wurde gemäß § 5 Nr. 6 der Satzung zum alleinvertretungsberechtigten von den Beschränkungen des § 181 BGB befreiten Geschäftsführer bestellt. Zugleich stellt die Klägerin ihn mit Vertrag vom 31.12.1988 als Geschäftsführer an und gewährte ihm im Rahmen der Gesamtvergütung einen Anspruch auf eine betriebliche Altersversorgung (§ 4 Nr. 8 des Anstellungsvertrages). Die Einzelheiten der Zusage regelten die Vertragsparteien durch Versorgungsvertrag vom 17.11.1989. Danach steht dem Geschäftsführer ein Altersruhegeld nach Vollendung des 65. Lebensjahres in Höhe von monatlich 5.000 DM zu. Für den Fall der Erwerbsunfähigkeit besteht ein unmittelbarer, ungeminderter Anspruch in Höhe von 5.000 DM mit Eintritt der Invalidität. Die monatliche Witwenrente wurde mit 3.000 DM vereinbart. Eine Rückdeckungsversicherung schloss die Klägerin nicht ab.

In den letzten drei Jahren vor der Betriebsaufspaltung erzielte das Einzelunternehmen jeweils positive Jahresergebnisse von mehr als 100.000 DM. Diese Entwicklung setzte sich zunächst auch bei der Klägerin, auch unter Berücksichtigung der gewinnmindernden Rückstellungsbildung, fort. Die betrieblichen Daten betragen im Einzelnen:

Jahr

Umsatz

Gehalt

Rückstellung

Jahresergebnis vor Steuern

Einzelunternehmen (Zahlen in TDM):

1986

9.986

147

1987

11.064

124

1988

13.878

123

Klägerin (Zahlen in TDM):

DM

1989

20.920

65

31.068

286

1990

23.543

65

32.352

438

1991

19.825

104

33.420

257

1992

21.582

128

86.340

90

1993

20.814

134

48.780

-38

1994

17.830

133

51.340

-200

1995

17.532

133

47.960

-14

Wegen der Höhe des Betriebsvermögens zum Schluss des Wirtschaftsjahres 1989 wird auf die Bilanz zum 31.12.1989 (Bl. 3 ff. Bilanzakte) verwiesen.

Nach einer bei der Klägerin für die Jahre 1991 bis 1995 durchgeführten Außenprüfung erkannte der Beklagte u. a. die Pensionsrückstellung für 1990 bis 1995 in Höhe von insgesamt 300.192 DM nicht an und erhöhte das Einkommen der jeweiligen Veranlagungszeiträume der Klägerin entsprechend. Die Zuführungen zur Pensionsrückstellung 1990 rechnete der Beklagte dem Streitjahr 1991 zu. Entsprechend dieser Prüfungsfeststellungen änderte der Beklagte die unter Vorhalt der Nachprüfung stehenden Bescheide über Körperschaftsteuer für 1991 bis 1995, die Bescheide über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen zum 31.12.1991 bis 31.12.1995, die...

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