Leitsatz

1. Der im Hauptbehälter vorhandene Kraftstoff eines aus Schweden in das Steuergebiet verbrachten Schwimmbaggers, der ohne eigenen Antrieb ausgestattet ist und der sich weder auf einem Wasserfahrzeug noch auf einer anderen schwimmenden Vorrichtung befindet, ist nach § 19 Abs. 2 Satz 3 MinöStG 1993 von der Mineralölsteuer zu befreien.

2. Ausgenommen von der in § 19 Abs. 2 Satz 3 MinöStG 1993M normierten Steuerbefreiung sind nur solche Arbeitsmaschinen und -geräte, die sich auf schwimmenden Vorrichtungen befinden, die als Schiffe i.S.v. § 4 Abs. 1 Nr. 4 MinöStG 1993 angesehen werden können.

 

Normenkette

§ 19 Abs. 2 Satz 3 MinöStG , § 4 Abs. 1 Nr. 4 MinöStG , § 17 Abs. 5 Nr. 2 MinöStV

 

Sachverhalt

Ein Nassbagger-Unternehmen wollte im Hafen Hamburg Aushubarbeiten vornehmen. Es verbrachte dafür einen Schwimmbagger ohne eigenen Schiffsantrieb von Schweden nach Hamburg. In den Tanks des Baggers befand sich in Schweden versteuert erworbenes Gasöl. Nachdem das aus Schweden stammende Gasöl verbraucht worden war, erwarb das Unternehmen in Deutschland versteuertes Gasöl. Bei Rückführung des Schwimmbaggers nach Schweden befand sich davon noch ein Rest an Bord.

Das HZA besteuerte die gesamte aus Schweden in das Steuergebiet verbrachte Menge an Gasöl und schloss eine für Schiffsbetriebsstoffe zu gewährende Steuerbefreiung nach § 4 Abs. 1 Nr. 4 MinöStG 1993 aus.

 

Entscheidung

Ein schwimmfähiger, aber nicht fahrtüchtiger Bagger, der sich weder auf einem Wasserfahrzeug noch auf einer anderen schwimmenden Vorrichtung befindet, ist ein von § 19 Abs. 2 Satz 3 MinöStG 1993 begünstigtes Arbeitsgerät. Da sich das in das Steuergebiet verbrachte Arbeitsgerät nach den Feststellungen des FG weder auf einem Wasserfahrzeug noch auf einer anderen schwimmenden Vo?richtung befand, war das Mineralöl nicht zu besteuern.

 

Hinweis

1. Für aus dem freien Verkehr eines Mitgliedstaats in das Steuergebiet verbrachtes Mineralöl entsteht Steuer dadurch, dass es erstmals im Steuergebiet zu gewerblichen Zwecken in Besitz gehalten oder verwendet wird (§ 19 Abs. 2 Satz 1 MinöStG 1993). Keine Steuer entstand jedoch für Kraftstoffe in Hauptbehältern von anderen Beförderu?gsmitteln als Wasserfahrzeugen und von Arbeitsmaschinen und -geräten, ausgenommen solche auf Wasserfahrzeugen und anderen schwimmenden Vorrichtungen. Die Regelung diente der Umsetzung von Art. 8a der Richtlinie 92/81/EWG des Rats vom 19.10.1992 zur Harmonisierung der Struktur der Verbrauchsteuern auf Mineralöle – Strukturrichtlinie – (ABlEG Nr. L 316/12; jetzt Art. 24 Richtlinie [EG] 2003/96, ABlEU Nr. L 283/51).

Die in den steuerrechtlich freien Verkehr eines Mitgliedstaats übergeführten Mineralöle müssen nach der Richtlinie von der Verbrauchsteuer befreit werden, wenn sie in den Hauptbehältern von Nutzfahrzeugen enthalten und als Kraftstoff für diese Fahrzeuge bestimmt sind. Das MinöStG 1993 ging freilich darüber hinaus: Es stellte auch Arbeitsmaschinen und Arbeitsgeräte sowie andere Beförderungsmittel als Nutzfahrzeuge steuerfrei (vgl. § 19 Abs. 2 Satz 3 MinöStG 1993). Grund: Unmöglichkeit effektiver Steuererhebung nach Wegfall der Grenzkontrollen an den Binnengrenzen.

2. Beim Ausschluss der Wasserfahrzeuge und der auf solchen sowie auf anderen schwimmenden Vorrichtungen befindlichen Arbeitsgeräten ging der Gesetzgeber offenbar davon aus, diesen sei die steuerfreie Verwendung von Betriebsstoffen bereits durch § 4 Abs. 1 Nr. 4 MinöStG 1993 gestattet. Freilich sind nicht alle schwimmenden Vorrichtungen Schiffe; Schiffe sind vielmehr Wasserfahrzeuge, die nach der Verkehrsanschauung in der gewerblichen Schifffahrt eingesetzt werden. Ein Schwimmtank oder ein Floß besitze zwar Schwimmfähigkeit, sind jedoch keine Schiffe i.S.v. § 4 Abs. 1 Nr. 4 MinöStG 1993.

3. Allerdings verwendet das MinöStG einen eigenständigen Schiffsbegriff (dazu EuGH, Urteil in HFR 2004, 811). Hotel-, Wohn-, Therapie- und bestimmte andere Schiffe sowie Wassersportfahrzeuge sind keine Schiffe i.S.v. § 4 Abs. 1 Nr. 4 MinöStG 1993 (vgl. § 17 Abs. 5 Nr. 1 und Nr. 3 MinöStV). Dies gilt nach § 17 Abs. 5 Nr. 2 MinöStV auch für schwimmende Arbeitsgeräte wie Bagger, Krane oder Getreideheber. Nach Auffassung des BFH sind "schwimmende Arbeitsgeräte" i.S.v. § 17 Abs. 5 Nr. 2 MinöStV aber nur solche, die als Schiffe angesehen werden können. Baggerschiffe und hochseetüchtige Schwimmkräne, Tankreinigungsschiffe und ähnliche Wasserfahrzeuge, wenn sie die Ware selbst befördern, sind als Schiffe anzusehen. Von § 17 Abs. 5 Nr. 2 MinöStV nicht erfasst werden hingegen solche Arbeitsgeräte, die aufgrund ihrer Konstruktion zwar schwimmfähig, aber nicht aus eigener Kraft fahrtüchtig und manövrierfähig sind.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 16.11.2004, VII R 11/04

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