Rz. 31

Die Vorschriften über eine vereinfachte Kapitalherabsetzung finden sich in §§ 229-236 AktG. Die Intentionen für die Durchführung einer vereinfachten Kapitalherabsetzung können wie folgt umschrieben werden:[1]

  • Ausgleich von Wertminderungen (Buchsanierung)
  • Deckung sonstiger Verluste
  • Verlustvorsorge im Wege der Dotierung der Kapitalrücklage.[2]

Der Beschluss über eine vereinfachte Kapitalherabsetzung muss nach § 229 Abs. 1 Satz 2 AktG den genauen Zweck (s. o.) beinhalten. Letztere Zielrichtung einer vereinfachten Kapitalherabsetzung ist allerdings nur begrenzt möglich und bewegt sich im Rahmen des § 229 Abs. 2 AktG, vgl. auch § 231 AktG. Danach ist eine Kapitalherabsetzung in vereinfachter Form nur zulässig, "nachdem der Teil der gesetzlichen Rücklage und der Kapitalrücklage, um den diese zusammen über zehn vom Hundert des nach der Herabsetzung verbleibenden Grundkapitals hinausgehen, sowie die Gewinnrücklagen vorweg aufgelöst sind. Sie ist nicht zulässig, solange ein Gewinnvortrag vorhanden ist."

 

Rz. 32

Weitere Restriktionen im Rahmen der Verlustvorsorgedotierung der Kapitalrücklage ergeben sich aus § 231 Satz 1 AktG: "Die Einstellung der Beträge, die aus der Auflösung von anderen Gewinnrücklagen gewonnen werden, in die gesetzliche Rücklage und der Beträge, die aus der Kapitalherabsetzung gewonnen werden, in die Kapitalrücklage ist nur zulässig, soweit die Kapitalrücklage und die gesetzliche Rücklage zusammen zehn vom Hundert des Grundkapitals nicht übersteigen." Letztendlich sollen über diese Vorschrift Aktionärsinteressen geschützt werden, indem verhindert wird, dass das Grundkapital geschmälert wird.[3]

 

Rz. 33

Auch für die vereinfachte Kapitalherabsetzung gilt, dass diese erst mit der Eintragung des Herabsetzungsbeschlusses im Handelsregister wirksam wird (vgl. § 224 AktG i. V. m. § 229 Abs. 3 AktG). Ab diesem Zeitpunkt ergibt sich damit aus der bilanziellen Perspektive erst eine Verpflichtung zu einem verminderten Bilanzausweis. Aufgrund der o. g. engen Zwecksetzung für eine vereinfachte Kapitalherabsetzung ergeben sich für den Fall, dass die erwarteten Verluste so nicht eingetreten sind, weitere Verpflichtungen, die in § 232 AktG geregelt sind: "Ergibt sich bei Aufstellung der Jahresbilanz für das Geschäftsjahr, in dem der Beschluss über die Kapitalherabsetzung gefasst wurde, oder für eines der beiden folgenden Geschäftsjahre, dass Wertminderungen und sonstige Verluste in der bei der Beschlussfassung angenommenen Höhe tatsächlich nicht eingetreten oder ausgeglichen waren, so ist der Unterschiedsbetrag in die Kapitalrücklage einzustellen." Auch diese Norm ergibt sich nach Ansicht des BGH aus dem Gläubigerschutzgedanken.[4]

 

Rz. 34

Eine zusätzliche Besonderheit ergibt sich aus § 234 Abs. 1 AktG, der die Rückwirkung der Kapitalherabsetzung regelt. Unter Vernachlässigung des Stichtagsprinzips ergibt sich, dass im Jahresabschluss für das letzte vor der Beschlussfassung über die Kapitalherabsetzung abgelaufene Geschäftsjahr das gezeichnete Kapital und die Kapital- und Gewinnrücklagen in einer Höhe ausgewiesen werden, die sich nach der Kapitalherabsetzung ergibt. Durch diese Regelung sollen Sanierungsbemühungen erleichtert werden und Schädigungen des Gesellschaftskredits verhindert werden.[5] Soll von dieser Rückwirkung Gebrauch gemacht werden, ist zu beachten, dass die Feststellung des Jahresabschlusses dann nur durch die Hauptversammlung erfolgen kann und somit die Zuständigkeit für die Feststellung des Jahresabschlusses nach §§ 172 f. AktG durchbrochen wird.[6] Wird der Beschluss über die Kapitalherabsetzung nicht innerhalb von 3 Monaten nach der Beschlussfassung in das Handelsregister eingetragen, so ist auch der Feststellungsbeschluss zum Jahresabschluss (neben dem Kapitalherabsetzungsbeschluss) nichtig (vgl. § 234 Abs. 3 AktG).

Nach § 235 Abs. 1 AktG darf die vereinfachte Kapitalherabsetzung mit einer Erhöhung des Grundkapitals gegen Bareinlagen verbunden werden.

 

Rz. 35

Der Ausweis des Ertrags aus einer vereinfachten Kapitalherabsetzung ist in § 240 Satz 1 AktG geregelt. Danach ist der aus der Kapitalherabsetzung gewonnene Betrag in der Gewinn- und Verlustrechnung als "Ertrag aus der Kapitalherabsetzung" gesondert auszuweisen. Dies muss in jedem Fall hinter dem Posten "Entnahmen aus Gewinnrücklagen" erfolgen. Eine ebenfalls erforderliche Anhangangabe ergibt sich aus § 240 Satz 3 AktG. Es ist hier nämlich zu erläutern, ob und mit welchem Betrag die aus der Kapitalherabsetzung generierten Beträge zum Ausgleich von Wertminderungen, zur Deckung von sonstigen Verlusten oder zur Einstellung in die Kapitalrücklage verwendet worden sind.[7]

[3] Vgl. Koch, AktG, 17. Aufl. 2023, § 231 Rz. 1.
[4] Vgl. BGHZ 119, 305 (322).
[5] Vgl. OLG Düsseldorf v. 5.6.1981, 6 U 79/80, ZIP 1981 S. 847; Koch, AktG, 17. Aufl. 2023, § 234 Rz. 1.
[7] Vgl. auch Beispiel in Mühlberger, in Kirsch, 360° BilR eKommentar, § 272 Rz. 89.

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