2.2.1 Gesellschafterversammlungen im Inland

 

Rz. 407

Wenn der Gesellschaftsvertrag nichts anderes bestimmt, findet die Gesellschafterversammlung am Sitz der Gesellschaft und in deren Geschäftsräumen, bzw. wenn geeignete Räume nicht vorhanden sind, in einer anderen Lokalität am Ort des Sitzes statt.[1] Maßgeblich ist dabei der Satzungssitz nicht ein ggf. davon abweichender Verwaltungssitz. Ein Ausweichen in eine andere Stadt ist aus sachlichen Gründen möglich, etwa wenn die Gesellschafterversammlung an dem durch Gesellschaftsvertrag oder Gesetz bestimmten Ort nicht durchgeführt werden kann, weil es dort – z. B. wegen des großen Gesellschafterkreises – keinen geeigneten Veranstaltungsraum gibt. Dabei ist allerdings Vorsicht geboten: Ein vom Sitz abweichender Versammlungsort muss zumutbar und für die Gesellschafter erreichbar sind; ein unzulässiger Versammlungsort begründet die Anfechtbarkeit aller gefassten Beschlüsse analog § 243 Abs. 1 AktG.[2]

 

Rz. 408

Im Gesellschaftsvertrag sind insb. folgende Regelungen denkbar:

  • Wahl eines bestimmten (anderen) Veranstaltungsorts;
  • mehrere Orte zur Wahl;
  • eine geographische Vorgabe, etwa "Stadt mit mehr als 100.000 Einwohnern in Baden-Württemberg";
  • Stadt im Umkreis von ... km vom Sitz der Gesellschaft oder
  • Regelung, wonach die Gesellschafterversammlung auch an Orten mit Zweigniederlassungen der Gesellschaft stattfinden kann.
 

Rz. 409

Kommen danach mehrere Orte für die Gesellschafterversammlung in Betracht, entscheidet die Geschäftsführung nach ihrem Ermessen. Zulässig ist auch, die Auswahl des Versammlungsortes statutarisch in das pflichtgemäße Ermessen der Geschäftsführung zu stellen oder auch den Gesellschaftern (per Beschluss mit einfacher Mehrheit) zuzuweisen, solange dabei das Teilnahmerecht aller Gesellschafter gewahrt bleibt.[3]

 

Unzulässiger Ort

Die Einladung zu einer Gesellschafterversammlung an einen unzulässigen Ort, führt zur Anfechtbarkeit der gefassten Beschlüsse. Die Beschlüsse sind hingegen uneingeschränkt wirksam, wenn sich alle Gesellschafter an der Gesellschafterversammlung beteiligen, ohne den Versammlungsort zu rügen.[4]

[1] § 121 Abs. 4 Satz 1 AktG analog. So etwa Römermann, in Römermann, Münch­AnwHdb GmbH-Recht, § 15 Rn. 78.
[2] BGH, Urteil v. 28.1.1985, II ZR 79/84, GmbHR 1985 S. 256, 257; OLG Celle, Urteil v. 12.5.1997, 9 U 204/96, GmbHR 1997 S. 748, 749; Liebscher, in MüKo-GmbHG, § 48 Rn. 64.
[3] Liebscher, in MüKo-GmbH, § 48 Rn. 78 ff.; Seibt, in Scholz, § 48 Rn. 6.
[4] Seibt, in Scholz, § 51 Rn. 35 ff.; Zöllner/Noack, in Baumbach/Hueck, § 51 Rn. 28, 29 f.

2.2.2 Gesellschafterversammlungen im Ausland

 

Rz. 410

Bei einer entsprechenden Regelung im Gesellschaftsvertrag kann die Gesellschafterversammlung einer deutschen GmbH grundsätzlich auch im Ausland stattfinden,[1] jedenfalls dann, wenn der vorgesehene Ort im Ausland ohne übermäßigen zeitlichen oder finanziellen Aufwand erreichbar ist. Danach bestehen keine Bedenken, gut erreichbare Städte wie Zürich oder Amsterdam für Gesellschaften mit internationaler Ausrichtung und internationalem Gesellschafterkreis oder einem Sitz in einer benachbarten (deutschen) Grenzregion als Ort der Gesellschafterversammlung zuzulassen.[2]

 

Rz. 411

Bei notariell zu beurkundenden Beschlüssen insb. bei Änderungen des Gesellschaftsvertrages stellt sich die Lage etwas schwieriger dar: Die Beurkundung durch einen deutschen Notar im Ausland kommt ebenso wenig wie eine Beurkundung durch einen ausländischen Notar in Deutschland in Betracht, weil die hoheitlich verliehene Amtsbefugnis an den deutschen Grenzen endet.[3] Das Beurkundungserfordernis kann auch nicht durch Ortsform (oder gar Formlosigkeit nach Ortsrecht) überwunden werden.[4] Theoretisch denkbar und rechtlich unproblematisch ist die Beurkundung im Ausland durch einen (deutschen) Berufskonsularbeamten gem. §§ 10ff., 19 Abs. 1 KonsularG, der die Befähigung zum Richteramt nach § 5 DRiG hat. Da die Konsularbeamten – anders als die inländischen Notare – keine elektronischen Urkunden erstellen, hat die Gesellschaft die vom Konsularbeamten in Papierform beglaubigte Handelsregisteranmeldung entweder selbst oder über einen deutschen Notar und auf dem dafür ausschließlich vorgesehenen elektronischen Weg beim Handelsregister einzureichen. In der Praxis sind die zuständigen Stellen im Ausland und das Auswärtige Amt bei der Beurkundung von Gesellschafterbeschlüssen allerdings außerordentlich zurückhaltend.[5]

 

Rz. 412

Eine Beurkundung durch einen ausländischen Notar ist ausreichend, wenn die Niederschrift gleichwertig ist.[6] Die Gleichwertigkeit muss sich beziehen

  • in persönlicher Hinsicht auf Ausbildung und Position des Notars und
  • in verfahrensrechtlicher Hinsicht auf den konkreten Beurkundungsvorgang.[7]
 

Rz. 413

Als tragende Grundsätze des deutschen Beurkundungsrechts werden vor allem die vollständige Verlesung und die Prüfungs- und Belehrungspflichten insb. in Bezug auf die Ordnungsmäßigkeit der Einberufung, das Vorliegen von Stimmverboten und die Beschlussfeststellung diskutiert.[8] Vergewissert sich ein Notar, dass die Belehrung bereits zuvor durch einen Anwalt erteilt wurde ...

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