vorläufig nicht rechtskräftig

Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Berücksichtigung von Eingliederungshilfe bei der Ermittlung des behindertenbedingten Mehrbedarfs eines volljährigen Kindes

 

Leitsatz (redaktionell)

Eingliederungshilfe nach §§ 53 ff. SGB XII ist auch bei einem nicht vollstationär oder teilstationär untergebrachten behinderten Kind als behinderungsbedingter Mehrbedarf zu berücksichtigen

 

Normenkette

EStG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 3; SGB XII § 53

 

Streitjahr(e)

2009, 2010, 2011, 2012, 2013

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darum, ob die beklagte Familienkasse (im Folgenden: Beklagte) zu Recht die Festsetzung von Kindergeld abgelehnt hat, weil das Kind nicht außerstande sei, sich selbst zu unterhalten, insbesondere ob die Eingliederungshilfe auch dann „gegenläufig” beim existenziellen Lebensbedarf zu berücksichtigen ist, wenn das Kind weder voll- noch teilstationär untergebracht ist.

Der Kläger beantragte für seinen Sohn M, mit Schreiben vom 20. April 2013 rückwirkend ab 2006 Kindergeld. M ist seit seiner Geburt schwerbehindert, Grad der Behinderung 100, Merkzeichen: G, aG und H. Der Kläger trug vor, dass M, der Mitarbeiter der Beklagten ist, trotz seines Einkommens nicht in der Lage sei, seinen Lebensunterhalt aufgrund der hohen behinderungsbedingten Ausgaben selbst zu bestreiten.

Nach Prüfung der vom Kläger eingereichten Unterlagen lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 4. Oktober 2013 die Festsetzung von Kindergeld für M vom 1. Januar 2009 bis 31. Oktober 2013 ab. § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Abgabenordnung (AO) lege für den Bereich des steuerlichen Kindergeldes als Steuervergütung die Festsetzungsfrist grundsätzlich auf vier Jahre fest. Da der Kindergeldantrag am 23. April 2013 bei der Beklagten eingegangen sei, wären die Anspruchsvoraussetzungen für Kindergeldzahlung in den Jahren 2009 bis 2013 geprüft worden. Vorliegend habe die Prüfung zu dem Ergebnis geführt, dass M nicht außerstande sei, sich selbst zu unterhalten. Die kindeseigenen Mittel überstiegen den gesamten notwendigen Lebensbedarf. Als individueller behinderungsbedingter Mehrbedarf sei das Pflegegeld der Stufe III angesetzt worden. Ein weiterer behinderungsbedingter Mehrbedarf sei weder ausreichend nachgewiesen noch glaubhaft gemacht. Lediglich die Kosten für Arzneimittel und für eine Begleitperson im Urlaub hätten berücksichtigt werden können. Die Notwendigkeit der zusätzlichen, über das Pflegegeld hinausgehenden, persönlichen Betreuung durch die Eltern sei nicht durch eine amtsärztliche Bescheinigung nachgewiesen. Die Kosten für Fahrten zu Therapien und Privatfahrten wären ebenfalls nicht anzuerkennen gewesen, da sie weder durch Fahrtenbuch noch durch Aufzeichnungen glaubhaft gemacht worden seien.

Gegen diesen Bescheid legte der Kläger mit Schreiben vom 9. Oktober 2013 Einspruch ein. Zur Begründung trug er vor, dass eine genaue Berechnung dem Bescheid nicht beigelegen habe. Auch sei weder der Pauschbetrag noch die Werbungskostenpauschale erwähnt worden. Wenn man vom Gesamteinkommen zuzüglich Steuererstattung den Behinderten-Pauschbetrag und die Werbungskosten abziehe, dann habe M nur noch etwa 7.000 Euro im Jahr zum allgemeinen Lebensbedarf zur Verfügung, sodass die Grenze von 8.004 Euro unterschritten sei. Darüber hinaus würden weitere behinderungsbedingte Kosten entstehen, die bereits angegeben worden seien. Er habe Kosten für Fahrten zu Therapien und Privatfahren glaubhaft dargestellt. Diese seien auch vom Finanzamt so anerkannt worden. Als angemessen würden grundsätzlich 15.000 km pro Jahr angesehen werden. Der Kläger nahm auf seinen vorherigen Schriftverkehr Bezug. Im Ergebnis würde daher ein Anspruch auf Kindergeld bestehen.

Der Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 18. Oktober 2013 als unbegründet zurückgewiesen. Die kindeseigenen Mittel würden den gesamten notwendigen Lebensmittelbedarf übersteigen, sodass kein Anspruch auf Kindergeld bestehe. Der Einspruchsentscheidung war eine Berechnung beigefügt.

Gegen diese Entscheidung wendet sich der Kläger nunmehr mit seiner Klage, mit der er sein außergerichtliches Ziel weiterverfolgt.

Er ist der Ansicht, dass Pflegegeld und Eingliederungshilfe nicht zu den Einkünften seines Kindes zählen dürften, da sie an die Pflegeperson bzw. die Eingliederungshelfer weitergegeben würden. Sie würden ihm dadurch faktisch nicht zur Verfügung stehen. Der Pauschbetrag für behinderte Menschen, der auch bei M vom Finanzamt anerkannt worden sei, betrage 3.700 Euro pro Jahr. Ziehe man diesen Pauschbetrag vom Nettoeinkommen ab, verblieben nur 7.997 Euro, sodass M unter der Grenze von 8.004 Euro liegen würde. Er habe zudem noch weitere Aufwendungen wie Fahrtkosten, Umbauten, Begleitperson im Urlaub, Medikamente, Betreuungsleistungen der Eltern, Mitgliedschaft im Behindertenverein u.s.w. gehabt.

Der Kläger ist weiter der Auffassung, dass die Eingliederungshilfe zumindest auch als Ausgabe anzurechnen sei; denn das Sozialamt würde die Überweisungen an die Eingliederungshelfer prüfen...

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