OFD Frankfurt, 5.2.2001, S 2256 A - 16 - St II 27

In letzter Zeit werden – nicht zuletzt bedingt durch die Verlängerung der Veräußerungsfrist bei Grundstücken – vermehrt Fragen zur einkommensteuerlichen Behandlung von Eigentumsübertragungen bei Ehescheidungen im Rahmen des Zugewinnausgleichs unter Berücksichtigung von § 23 EStG gestellt.

Diesen Fragen liegt regelmäßig folgender Beispielssachverhalt zugrunde:

Das Ehepaar A und B lebt im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft § 1363 ff. BGB) Der Ehemann A erwarb im Jahr 1994 für 100.000 DM ein Grundstück zum alleinigen Eigentum, das von ihm seither vermietet wurde. Die Ehe wurde im Jahr 2000 geschieden. Der geschiedenen Ehefrau B stand daraufhin ein Zugewinnausgleichsanspruch gegen A in Höhe von 250.000 DM zu. Zur Abgeltung dieses Anspruchs übertrug ihr A das Grundstück, das im Übertragungszeitpunkt einen Verkehrswert von 250.000 DM hatte.

Ich bitte, solche Fälle einkommensteuerlich wie folgt zu behandeln:

Der Zugewinnausgleichsanspruch i.S. von § 1378 BGB ist eine auf Geld gerichtete persönliche Forderung an den geschiedenen Ehegatten. Im oben genannten Beispielsfall erfüllte A diese (Geld-)Forderung der B, indem er ihr an Erfüllungs Statt § 364 BGB) das Grundstück übertrug.

Wird ein Grundstück von dem Eigentümer (= Steuerpflichtiger) an einen Dritten zur Tilgung einer dem Dritten – gleich aus welchem Rechtsgrund – zustehenden Geldforderung an Erfüllungs Statt übereignet, handelt es sich dabei um ein Veräußerungsgeschäft durch den Steuerpflichtigen; bei dem Dritten liegt ein entsprechendes Anschaffungsgeschäft vor. Veräußerungserlös bzw. Anschaffungskosten ist der Forderungsbetrag, der mit der Übertragung des Grundstücks an Erfüllungs Statt abgegolten wurde.

Mithin hat A das Grundstück innerhalb von zehn Jahren nach dessen Erwerb im Jahr 1994 wieder veräußert, so dass hier ein privates Veräußerungsgeschäft i.S. von § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG vorliegt. Gründe für ein Absehen von der Besteuerung gibt es nicht (vgl. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG).

Der von A zu versteuernde Gewinn beträgt:

Veräußerungserlös 250.000 DM
Anschaffungskosten ./. 100.000 DM
Gewinn aus § 23 EStG = 150.000 DM

Abwandlung I des Beispielssachverhalts:

Die geschiedene Ehefrau B hat einen Zugewinnausgleichsanspruch in Höhe von 250.000 DM. Das vom geschiedenen Ehemann A im Jahr 1994 für 100.000 DM angeschaffte Grundstück hat im Jahr 2000 einen Verkehrswert von 300.000 DM. A und B vereinbaren deshalb neben der Grundstücksübertragung, dass die 50.000 DM, um die der Grundstückswert den Zugewinnausgleichsanspruch übersteigt, mit Unterhaltsforderungen der B an A verrechnet werden.

Lösung:

Hier werden zwei unterschiedliche Forderungen der B erfüllt: Zum einen der Zugewinnausgleichsanspruch in Höhe von 250.000 DM und zum anderen eine Unterhaltsforderung in Höhe von 50.000 DM. A veräußert damit das Grundstück für 300.000 DM.

Der von A zu versteuernde Gewinn beträgt:

Veräußerungserlös 300.000 DM
Anschaffungskosten ./. 100.000 DM
Gewinn aus § 23 EStG = 200.000 DM

Gleichzeitig kann A die durch die Grundstücksübertragung abgegoltenen Unterhaltsforderungen der B im Veranlagungszeitraum der Grundstücksübertragung grundsätzlich als Sonderausgaben i.S. von § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG abziehen, wenn die rechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Ich bitte jedoch zu beachten, dass ein Abzug hier nur in Höhe des in § 10 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG genannten Höchstbetrages möglich ist. Dies gilt auch dann, wenn Unterhaltsforderungen mehrerer Jahre verrechnet wurden; hier ist aufgrund § 11 Abs. 2 EStG ein Sonderausgabenabzug nur im Verrechnungsjahr mit dem in § 10 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG genannten Höchstbetrages möglich.

Abwandlung II des Beispielssachverhalts:

Die geschiedene Ehefrau B hat einen Zugewinnausgleichsanspruch in Höhe von 250.000 DM. Das vom geschiedenen Ehemann A im Jahr 1994 für 100.000 DM angeschaffte Grundstück hat im Jahr 2000 einen Verkehrswert von 300.000 DM. A überträgt das Grundstück an B an Erfüllungs Statt. Eine Verrechnung der 50.000 DM, um die der Grundstückswert den Zugewinnausgleichsanspruch übersteigt, mit Unterhaltsforderungen der B an A findet nicht statt.

Lösung:

Um eine Forderung der B in Höhe von 250.000 DM zu erfüllen, überträgt ihr A ein Grundstück im Wert von 300.000 DM an Erfüllungs Statt. Da die ausgeglichene Forderung wertmäßig unterhalb des Grundstückswertes liegt, handelt es sich um ein teilentgeltliches Geschäft. A hat an B insgesamt 5/6 (= 250/300) des Grundstücks entgeltlich veräußert, da er insofern das Grundstück an Erfüllungs Statt an B übertragen hat (Abgeltung des Zugewinnausgleichsanspruchs in Höhe von 250.000 DM). In Höhe der übersteigenden 50.000 DM (= 1/6 des Grundstücks) hat A das Grundstück unentgeltlich an B übertragen. Der von A zu versteuernde Gewinn beträgt:

Veräußerungserlös 300.000 DM × 5/6 = 250.000 DM
Anschaffungskosten 100.000 DM × 5/6 ./. 83.333 DM
Gewinn aus § 23 EStG = 166.667 DM

Im Gegenzug schafft B das Grundstück zu 5/6 entgeltlich an (Anschaffung...

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